Schlanders/Buchvorstellung - Migration ist derzeit die größte gesellschaftliche Herausforderung, andererseits ist der Mensch ein „Homo migrans“, ein Wanderer auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen.“ Diese Aussage machte Kurt Gritsch, der Historiker, Migrations- und Konfliktforscher aus Naturns bei seiner Buchvorstellung in Schlanders. Gritsch ist einer der Mitarbeiter des Projektes „Arbeitsmigration in Südtirol“ am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck. Außerdem hat der Historiker im letzten Jahr das Buch „Vom Kommen und Gehen – Migration in Südtirol“ im Raetia Verlag herausgegeben. Ausführlich beschäftigt sich Gritsch in dieser Publikation mit den Gründen und Hintergründen der Migration, den Herausforderungen und Chancen, den Vorurteilen und dem Umgang mit dem Thema. Neben mehreren Interviews mit Experten, kommen Migranten und ausgewanderte Südtiroler zu Wort, erzählen ihre Lebensgeschichte und ihre Erfahrungen in der neuen Heimat. Bei der Buchvorstellung in Schlanders, organisiert vom Sprachenzentrum Schlanders, dem Bildungsausschuss, dem Pfarrgemeinderat und dem KVW, erzählte auch Patrycja Pierchala aus Polen ihre Migrationsgeschichte und wie sie in Südtirol ihr neues Zuhause gefunden hat. Sie war damals 20 Jahre alt und wollte die Welt kennenlernen und den Traum von der großen Freiheit auskosten. Aus der Weltreise wurde eine Südtirolreise. Sie brauchte viele Jahre, um in der neuen Welt anzukommen und Heimat zu finden. Gritsch betonte, dass Südtirol bis in den 70er Jahren ein Auswandererland war. Viele Südtiroler zogen damals nach Deutschland, auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Heute ist Südtirol ein Einwandererland. Das Fremde führt zu Ängsten, Angst vor Verlusten und vor Veränderungen. Gritsch berichtete, dass auch die Südtiroler, die im Zuge der Option auswanderten, misstrauisch angesehen wurden und mit Vorurteilen zu kämpfen hatten, so wie die Migranten heute. Arbeit ist nach Gritsch der wichtigste Integrationsfaktor, genauso wie die Sprache. Am Ende meinte Gritsch, dass wir nicht von einer Flüchtlingskrise reden sollten, sondern von einer Ungerechtigkeitskrise, die auf Krieg und Armut zurückzuführen ist. Europa ist nicht für das ganze Elend auf der Welt verantwortlich, aber wir tragen eine Mitschuld. (hzg)
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