Donnerstag, 10 März 2011 10:23

„Di Hölzer miaßn wetterschlächtig sain...“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

Rosa Mairhofer Thaler

s15_6475

Die Hl. Drei Könige sind  beim Jesuskind in der Krippe angekommen. „Si sain fa Oschtn herkemman unt i honn si a poor Mol weitrgstellt“, sagt Frau Rosa. Sie entfernt den Wurzelstock und macht den Blick frei auf das Jesuskind, auf Maria und Josef, auf Ochs und Esel.  „Deis Holz muaß i fiir tian wegn di Kotzn“, erklärt sie und blickt fast verklärt auf ihre große Freilandkrippe vor dem Hauseingang auf „Kratzeben“. Mit großer Sorgfalt baut Rosa dort jährlich ihr Heiliges Land auf, mit Höhlen, Wurzelstöcken, Holzgewächsen, unterirdischen Gängen, Seen, und mit 1562 Figuren, davon 1132 Schafe. „Olle gian noch Bethlehem“, erklärt sie. Ende November hat sie mit dem Aufstellen begonnen, und am Hl. Abend war sie endlich damit fertig. „S Wettr hott huir schiach tratzt“, erklärt sie. Der Anstoß zum Bau der Krippe hat ihr vor 32 Jahren ein großer, von Ameisen ausgehöhlter, Wurzelstock gegeben. Dieser dient seither als Stall für die Hl. Familie und von ihren Spaziergängen bringt sie nun regelmäßig neue Teile mit. „Di Hölzer miaßn wetterschlächtig sain, pugglt unt krump“, betont sie.
Bereits in ihrer Kindheit in Ulten schärfte sie als „Hütmadl“ ihren Sinn für die einzigartigen Gewächse der Natur und sammelte sie zum Spielen. Andere Spielsachen gab es für sie und ihre fünf Geschwister im „Egghäusl“ in St. Pankraz nicht. Die Familie lebte von einer kleinen Landwirtschaft, und Rosa musste ab ihrem elften Lebensjahr als Magd auf Bauernhöfen arbeiten und zum Lebensunterhalt beitragen. Die Lage verschlimmerte sich als zuerst der Vater erkrankte und dann auch noch die Mutter. „Miar Kindr hoobm weitergwurstlt unt sain af Togwerk gongan“, erzählt sie. Sie halfen bei Waschtagen, jäteten Getreidefelder und gingen beim Kornschnitt zur Hand. Rosa verbrachte ihre Jugendjahre größtenteils daheim und unterstützte ihre Eltern. Als Zwanzigjährige lernte sie den um sieben Jahre älteren Peter Thaler aus „St. Helena“ in Ulten kennen. Dieser kaufte mit seinem Erbteil das Höfl „Kratzeben“ mit eineinhalb Hektar Grund. Nach der Hochzeit zog Rosa mit ihm 1953 in den Vinschgau. In gemeinsamer Kraftanstrengung kamen die beiden als Selbstversorger über die Runden. Bereits ein Jahr später lag Sohn Matthias in der Wiege, und die Freude war groß. Diese wurde jedoch getrübt, als Rosa merkte, dass mit ihrem Kleinen etwas nicht stimmte. Verzweifelt suchte sie medizinische Hilfe. In Meran schleuderte ihr ein Arzt schließlich entgegen, dass es ihrem Sohn im Kopf fehle und er geistig behindert sei. Diese Direktheit empfand sie schlimm. „Er hat deis a pissl nettr sogn kennt“, meint Rosa und ergänzt: „Es isch schrecklich gweesn, obr ma hotts gmiaßt ounnemmen.“  In den folgenden Jahren schenkte sie noch vier gesunden Kindern das Leben, zwei Buben und zwei Mädchen. Diese unterstützen sie später auf dem Hof, während ihr Mann als Waldarbeiter und beim Wildbach arbeitete. „Di Biablar hoobm fescht nochigholfn“, betont sie. Ihr Sorgenkind förderte Rosa so gut es ging und schickte es auf eine Spezialschule in Milz in Tirol. „Di Großbuachstobn hot er selm glearnt“, erinnert sie sich. Seit 1986 pendelt Matthias zum Haus der Lebenshilfe nach Schlanders, wo er Beschäftigung und liebevolle Betreuung findet. Nach dem Krebstod ihres Mannes und nachdem ihre anderen Kinder flügge geworden waren, ist Matthias Rosas Lebensinhalt. Beide unternehmen vieles gemeinsam und haben mittlerweile fast alle Wallfahrtsorte Europas besucht. Bereits dreimal sind sie den Spuren Jesu im Heiligen Land gefolgt. Die Orte Bethlehem, Jerusalem oder der Ölberg berühren Rosa in besonderer Weise. „Ollm wenn i iaz bet -der für uns das schwere Kreuz getragen hat-, honn i di Gegend vor Augen“, sagt sie.
Und vor Augen hat sie auch den Stall in Bethlehem, wenn sie ihre Krippe baut. Bis zum 10. Februar bleibt diese stehen. Dann räumt sie alles ab, zählt die Figuren und verstaut diese in Kartons. Noch nie ist eine Figur abhanden gekommen. Eine Sonderbehandlung erfährt die Hl. Familie samt Ochs und Esel, die Rosa ehrfürchtig in einem weichen Säckchen verstaut. Das Jesuskind packt sie besonders warm ein und entschädigt es so dafür, dass es lange mit nackten Beinen der Kälte ausgesetzt war. Seine Windel aus weißer Garze wechselt sie allerdings erst bevor sie es im kommenden November wieder in die Krippe legt.

Magdalena Dietl Sapelza


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3632 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.