Roland Plagg, einer der drei Plagg-Brüder, deren Obst-, Blumen- und Wein-Geschäft eine weit mehr als 100-jährige Tradition mitten in Mals aufweist, erinnert sich an die damaligen Wortgefechte. Arg angegriffen sei der Knoflacher damals vor allem von Peter Gasser geworden, dafür, dass Knoflacher sich letztlich eben gegen eine Fußgängerzone ausgesprochen habe. Gasser hatte die Knoflacher-Studie in seiner Zeit als Assessor in Auftrag gegeben. Plagg hatte damals, zusammen mit anderen Kaufleuten, einen Intensivkurs in Schloss Goldrain besucht, zum Thema Fußgängerzone, zusammen mit Schlanderser und Glurnser Kaufleuten. Von Christian Klotz aus Bad Reichenhall, einem Experten in Sachen Stadtmarketing und Fußgängerzonen, wurden die Kaufleute auf Vor- und Nachteile geschult.
Die Kernthesen
Das Fazit, die Kernthesen, dieser intensiven Fortbildungstage, aus denen dann doch die Fußgängerzone in Schlanders herausgewachsen ist, hat Plagg so präsent, wie sein eigenes Geburtsdatum. „Es ist mit einem Architekten zu vergleichen, der genau wissen muss, wieviel er Eisen in eine Decke einziehen muss, damit diese hält“, sagt Plagg.
Vier Punkte seien Voraussetzung für ein Funktionieren einer Fußgängerzone: Zum Ersten sei eine hohe Passantenfrequenz schon vor einer Einführung Voraussetzung. Plagg erinnert sich an die Zahl von rund 10.000 Personen pro Tag. Zum Zweiten sind Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe unabdingbar. Zum Dritten sei ein guter Branchenmix auch mit attraktiven Bars und Restaurants notwendig und zuletzt müsse eine außerordentlich attraktive Gestaltung der Zone anziehend wirken. Wenn eine dieser Voraussetzungen nicht funktioniere, dann funktioniere auch eine Fußgängerzone nicht.
Klotz habe zwei Todsünden aufgezählt, welche dem Handel in einem Zentrum, welches für eine Fußgängerzone nicht geeignet ist, über kurz oder lang den Garaus machen. Zeitweise Schließungen der Straße und „Fußgängerzone auf Probe“. „Damit“, so Plagg, „werden Kundenbeziehungen unwiederbringlich zerstört.“
Und noch eines liegt Plagg noch in den Ohren. Klotz habe geraten, wenn eine Fußgängerzone über Nacht komme, sollten die Kaufleute lieber heute als morgen schließen. Ein langes Siechtum sei nicht anzuraten.
Harsche Reaktionen
Auf Basis dieser Erfahrungen ist auch die harsche Reaktion auf die Ankündigung von BM Ulrich Veith zu erklären, der an sommerlichen Samstagen die General-Verdross-Straße für einen Bauernmarkt schließen wollte. Zudem ist dies mit den Kaufleuten im Vorfeld nicht abgesprochen gewesen. Im Gegenteil - Veith wollte die Kaufleute quasi überrumpeln und hat bereits die Bauernstände landauf- und landab per E-Mail eingeladen, in Mals teilzunehmen. Und - dass eine Fußgängerzone auf Probe kommen könnte, lässt bei vielen Kaufleuten mehr als Zweifel an der Verlässlichkeit von Veiths Politik aufkommen. Denn kurz nach den Wahlen sei Plagg und Gaudenz Blaas von Veith versichert worden, dass nichts passieren würde, ohne Alternativen anzubieten.
Veith räumt dem „Vinschgerwind“ gegenüber Fehler in der Kommunikation mit den Kaufleuten ein. Trotzdem träumt Veith auch von einer Verkehrsberuhigung. Mit der Abtrennung des Fußgängerbereiches von der Fahrbahn durch Blumentröge und der Verlegung von Parkplätzen in der General-Verdross-Straße hat er jedenfalls Tatsachen gesetzt. Nicht ohne vorher im Gemeinderat auch für diesen Schritt Stimmung machen zu lassen. Dort wurde vor allem von Bruno Pileggi das Thema so auf den Tisch geworfen, dass es sich nur um zwei Kaufleute handle, die alles blockieren wollten. Plagg ärgern solche Aussagen und er zeigt die rund 30 Unterschriften namhafter Kaufleute. Und Veiths Aussagen im Gemeinderat, dass mehrere Kaufleute nicht wussten, was sie da unterschrieben hätten, weist Plagg vehement zurück: „Jene, die unterschrieben haben, sind doch keine Vollidioten!“ Die Goldschmiede Zwick, Erich Waldner, Mode Elvira, Despar Dietl, Marcel Weirather, Gaudenz Blaas und mehrere namhafte Zulieferer haben unter anderem mit Plagg unterschreiben. Enttäuscht ist er auch über den SVP-Wirtschaftsvertreter Werner Weiskopf. Der habe sich im Rat überhaupt nicht zu Wort gemeldet. Immerhin sei Veith mit zwei Parkplätzen beim Hotel Greif und drei geduldeten vor dem Bärenwirt den Kaufleuten entgegengekommen, sagt Plagg.
Enttäuschungen
Veith fordert die Kaufleute auf, einen aus ihren Reihen in die Arbeitsgruppe Dorfgestaltung zu entsenden. „Das werden wir unter uns ausmachen“, sagt Plagg. Allerdings zweifelt Plagg die Qualifikation mehrerer Mitglieder der Arbeitsgruppe an. „Es ist zu einfach, Blumentröge links und rechts einer möglichen Fußgängerzone aufzustellen, wenn die Auswirkungen nicht abgeschätzt werden können“, sagt Plagg.
In Mals ist es jedenfalls so, dass jeder zentrumsnahe, öffentliche Parkplatz von den Kaufleuten mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Auch weil bisher keine neuen Parkplätze zur Verfügung gestellt worden sind und auch keine in Aussicht seien. Lebensretter sei da, so Plagg, der Floraanger, dessen Besitzer bisher ein Parken zulässt.
„No parking, no business“ - wo nicht geparkt werden kann, ist auch kein Geschäft zu machen, sagt Plagg. Mals ist demnach ein gordischer Knoten. Dreinhauen tut dem Dorf wohl nicht gut.
Zweites Thema
Noch ein Thema sorgt in der Gemeinde Mals für dicke Luft: die Windräder auf der Malser Haide. Während andere Gemeinden in Südtirol, in denen mögliche Standorte für Windkraftanlagen ausgemacht worden sind, sich gegen Windräder in der Landschaft bereits im Vorfeld aussprechen, wird in Mals auf die zwei bestehenden Windräder beharrt. Richtig hochgekocht ist die Volksseele, nachdem bekannt wurde, dass die Miteigentumsgesellschaft Marein bis zu sieben Windräder auf der Malser Haide aufstellen wollte. Ein Windpark, der die Landschaft mehr als zugepflastert hätte. Aufgrund des enormen Widerstandes ist dieses Ansinnen fallen gelassen worden. Dafür, sagt Veith dem „Vinschgerwind“, haben sogar einige Gegner der Windräder auf der Malser Haide eingewilligt, dass die beiden vorhandenen Räder noch einige Jahre stehen bleiben könnten. Diese Aussage ähnelt jener, die Veith in der Kaufleutegeschichte geäußert hat und dürfte in den Reihen der bisher seriös arbeitenden Windradgegner für Stunk sorgen.
Gesetzfreier Raum
Veith wird jüngst vorgeworfen, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Denn bereits 14 Tage vor der Ratssitzung am 11. August hat Veith Landesrat Michl Laimer schriftlich um ein Gutachten gebeten. Dieses Gutachten ist Grundlage, damit Veith eine Ermächtigung für die Windräder ausstellen kann. Derzeit stehen die beiden Windräder ohne Ermächtigung in einem gesetzfreien Raum. Ähnlich einem Haus, das ohne Baukonzession gebaut ist. Dass er dieses Ansuchen bei der Ratssitzung verschwiegen habe, wird nun Veith vorgeworfen. Tatsächlich hat Veith in einem Nebensatz von seinem Ansuchen gesprochen und zwar in einem Wortgefecht mit Johann Ziernheld. Für die anwesenden Räte kaum wahrnehmbar, für das Auditorium gar nicht.
Vor allem in diese Kerbe des gesetzfreien Raumes schlägt eine Initiativgruppe um Hans Zagler, deren Anliegen es ist, die Windräder so schnell wie möglich von der Malser Haide entfernen zu lassen. Die Beeinträchtigung der Landschaft und die Belästigung durch Infraschall sind jene zwei zentralen Punkte, die die Initiativgruppe ins Feld führt. Wenn auch die Unterstützung von Seiten der Tourismustreibenden seit den jüngsten Neuwahlen nachgelassen hat, hat die Kraft der Windkraftgegner dies nicht getan.
Veith sagt, dass er immer mit offenen Karten gespielt habe. „Ich persönlich bin der Meinung, dass die Windräder ohne Weiteres noch 5 Jahre stehen können“, sagt Veith. Auch weil die Miteigentumsgemeinschaft mit den Windrädern gut fahre. Rund 5 Prozent der Stromproduktion sind als Pacht für Leitner zu entrichten. Das Ansuchen an Laimer und die Ausstellung der Ermächtigung von Seiten der Gemeinde fuße auf zwei Aufträgen. Zum einen, so Veith, sei das der Auftrag bei der Vollversammlung der Miteigentumsgemeinschaft Marein vom Februar dieses Jahres gewesen und zum anderen habe auch die Firma Leitner um eine Verlängerung der Ermächtigung angesucht. „Zur Fortführung von Probemessungen bei beiden Windkraftanlagen für weitere 5 Jahre“, heißt es denn auch im Ansuchen an LR Laimer. Was für Probemessungen? fragt man sich in den Reihen der Gegner der Windräder. Sind die bisherigen Jahre nicht ausreichend gewesen? Thomas Erlacher, Projektmanager der Firma Leitner: „Wir benötigen in Mals Langzeitmessungen für die Performance der Anlage - je länger umso besser - und für uns als Südtiroler Firma sind die Windräder in Mals für Tests von neuen Steuerungen usw. von enormer Bedeutung und zudem sind die Anlgen eine sehr wichtige Referenz. Eine Amortisationszeit betrifft nicht Leitwind, sondern die Miteigentumsgemeinschaft.“ Erlacher schätzt die Kosten für einen sofortigen Abbau auf 200.000 Euro pro Windrad. Soviel hat jedenfalls das Aufstellen gekostet. Hinzu kämen, so Erlacher die Wiederherstellung der Landschaft, sprich die Entfernung der Betonsockel usw.. Insgesamt, so seine überschlägige Schätzung, käme ein kompletter Ab- und Rückbau um die 600.000 Euro.