Vinschgau
Ein erster Teil der mit rund 100.000 Euro dotierten Studie wurde am Montag vor einer Woche den Bürgermeistern des Tales präsentiert. Von der Bozner Firma Syneco, gemeinsam mit dem Prader Ingenieur Benno Tibolla, dem Prader E-Werkspräsidenten Georg Wunderer und dem VEK-Präsidenten Albrecht Plangger wurden Daten zum Stromnetz im Vinschgau gesammelt, ausgewertet und gewichtet. Das bisherige ENEL-Netz ist bekanntlich seit 1. Jänner 2011 aufs Land, sprich auf die Selnet, einer SEL-Tochter, übergegangen. Innerhalb des heurigen Jahres besteht für die Gemeinden die Möglichkeit, das jeweilige Netz zu kaufen. Die Vinschger Gemeinden haben ihr Interesse frühzeitig angemeldet und sind derzeit dabei, die Rahmenbedingungen herauszufinden: den Netzzustand, die Investitionsvolumina, die Berechnungen zwischen Ein- und Ausgaben und Zukunftsszenarien.
Ein erster Befund besagt, dass die Netzübernahme von der Selnet, also das bisherige ENEL-Netz, vinschgauweit um die 10,5 Millionen Euro ausmachen würde. Unterschiedliche Beträge fallen für die einzelnen Gemeinden an. Je nach Netzlänge und technischer Anlagen im jeweiligen Gemeindegebiet.
Bisher hat der Netzbetreiber im Vinschgau rund 3,8 Millionen Euro im Vinschgau an Durchleitungsgebühren von den einzelnen Kunden kassiert. Diese Einnahmen würden einem künftigen Netzbetreiber zufallen.
Die Gangart, die die Bürgermeister favorisieren, sieht vor, dass die Gemeinden ihr Netz ankaufen und dieses Netz dann an eine historische Genossenschaft weitervermieten. Es gibt im Vinschgau nur zwei historische Genossenschaften, das E-Werk Prad und das E-Werk Stilfs. Diese historischen Genossenschaften sind weitgehend von den Systemkosten befreit, so dass tatsächlich verbilligter Strom den Genossenschaftsmitgliedern geliefert werden kann. Laut Bezirkspräsident Andreas Tappeiner wird vorerst jenes Szenario in Betracht gezogen, welches vorsieht, dass von Laas bis Reschen der Strombezug und die Netzbetreuung über eine historische Genossenschaft erfolgen könnte. Berechnungen haben ergeben, dass bei gleichbleibenden Stromeinkaufskonditionen und mit einer Stromabgabe ohne Systemkosten von Laas bis Reschen rund 2 Millionen Euro von den Endverbrauchern eingespart werden könnten. Umgekehrt: Insgesamt hätten die Obervinschger rund 2 Millionen Euro mehr in der Tasche. Noch mehr dürfte diese Summe ausmachen, wenn der Strom billiger eingekauft werden könnte.
Im Untervinschgau werden, so das Szenario, die beiden gemeindeeigenen E-Werke Schlanders und Latsch die Versorgung weiterhin vornehmen und das Martelltal mitversorgen.
Den einzelnen Gemeinderäten sollen die Kosten, die Vor- und Nachteile und die Zukunftsszenarien demnächst im Detail vorgestellt werden. Dazu wird eine Art Task force eingerichtete, bestehehend aus Albrecht Plangger, Gerog Wunderer und dem Direktor der gemeindeeigenen E-
Werke Schlanders und Latsch, Hubert Variola. Auf Basis dieser Informationen liegt der Ball in den Gemeinderäten, die innerhalb November einen Grundsatzbeschluss zur Netzübernahme fassen sollen, damit Ende des Jahres, bei positiven Ratsbeschlüssen, der politische Wille des Vinschgaus für eine Netzübernahme der Landesregierung bekannt gegeben werden kann.
Der Bezirkspräsident Andreas Tappeiner spricht von einer historischen Chance, die sich dem Vinschgau bietet. „Das System“, so Tappeiner, „in dem Geldflüsse zuerst nach Bozen fließen und dann wieder in die Gemeinden zurückkommen, ist dann vorbei. Es liegt uns am Herzen, den Bürgern die Vorteile einer eigenständigen Stromverteilung und die Vorteile einer Genossenschaft weiterzugeben. (eb)