Dienstag, 13 Dezember 2016 09:06

Nachgedacht - Weihnachten 2016

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s10sp1 098Als Mitverantwortlicher in der Ausbildung künftiger Seelsorgerinnen und Seelsorger treffe ich immer wieder auf Menschen, die bereits einen Beruf mitbringen, die Theologie ist dann die zweite abgeschlossene (!) Ausbildung, wenn nicht sogar die Dritte. In der Regel sind das für die Seelsorge äußerst wertvolle Menschen, weil sie eine für den Beruf des Seelsorgers dringend notwendige Lebenserfahrung mitbringen. Ich habe mich immer wieder gefragt, was z. B. einen erfahrenen Manager, Bankier oder auch eine erfahrene Sprachwissenschaftlerin bewegt, Theologie zu studieren und in die Seelsorge einzusteigen. Menschen mit beruflichem Erfolg und mit einem Jahreslohn von mehreren hunderttausend Franken oder Euro geben alles auf, um Seelsorgerin oder Seelsorger zu werden. Zugegeben, der seelsorgende Beruf ist einer der schönsten, die es gibt. Das kann ich bestätigen. Mit einer Einschränkung:  die geeignetsten Seelsorger sind die, welche auch schon in ihrem vorherigen Beruf und Leben zufrieden und vielleicht glücklich waren. Und die womöglich auch schon im Beziehungsleben gute Erfahrungen gemacht waren. Ich werde bei Gesprächen mit solchen Menschen immer dann hellhörig, wenn jemand versucht, mit Hilfe der Theologie vor einem wie auch immer gearteten vorherigen Leben zu fliehen. Es gilt für jeden Menschen: Probleme, die ich nicht unmittelbar dort löse, wo ich im Leben gerade stehe, nehme ich automatisch mit. Ein solches sich zu entziehen wird sich als Trugschluss rächen. Was motiviert beispielsweise einen Menschen, der im medizinischen Bereich ja nichts anderes zu tun hat, als Menschen zu helfen, in die Seelsorge zu gehen? Oft mit dem Argument, „dem Ruf des Herrn zu folgen“ (Vorsicht: Der eigene Vogel ist nicht der Heilige Geist!). Hier gibt es dann auch wieder die bekannten zwei Möglichkeiten. Entweder ich war als Mediziner eine erfolgreiche Persönlichkeit und ergänze mit der Theologie mein Leben und damit meine Nähe zu den Menschen und bringe Gott so ins Spiel, wie er wirklich ist, nämlich, nichts anderes als die Liebe selbst. Oder ich ziehe mich aus einem Leben zurück, mit dem ich, aus welchen Gründen auch immer, nicht zurechtkam. Die Probleme jedenfalls nehme ich mit. Garantiert.
Die Evangelien an Weihnachten stellen uns auch zwei Menschen vor, die eigentlich nur noch davonlaufen wollten in ein anderes Leben, weil im bisherigen nichts mehr zu funktionieren schien: Josef und Maria. Maria, die blutjung schwanger wurde und damit in der Verwandtschaft allerschlechteste Karten hatte, wusste nicht mehr ein und aus. Und Josef, für den die Schwangerschaft Marias ein unerklärlicher Affront war, beschloss, „sich in aller Stille von ihr zu trennen.“ (Mt 1,19) Beides scheinbar hoffnungslose Situationen, beide möchten nur noch fliehen. Wenn die Stimme Gottes oder der vielzitierte Ruf des Herrn wirklich erfolgt, dann jetzt! Die Wendung im Leben der Beiden ist tatsächlich verblüffend: Josef macht das, was der Herr ihm durch den Engel sagen ließ und steht zu seiner Frau Maria und damit auch zu seinem schon verloren geglaubten bisherigen Leben. (Mt 1,24) Ganz ähnlich Maria: Sie „bewahrte alles (!!!), was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ (Lk 2,19) Viel zu oft meinen wir, selber das Heft in die Hand nehmen zu müssen und übersehen dabei wesentliches: die verpasste berufliche Chance, das Lächeln des Anderen, die Freundschaft eines Mitmenschen oder die sich einfach ergebende liebende Beziehung. Bloß weil unsere Selbstsüchtigkeit sich in den Vordergrund stellt und nicht Gott! So werden wir ein Leben lang Weihnachten nicht wirklich erleben. Weihnachten ist das Fest der Überraschung! Eine vollkommen verkorkste Notsituation wendet sich zum Guten. Vielleicht und gerade auch in unserem Leben jetzt. Durch die Geburt des Gottessohnes.  
Euch allen Frohe und
gesegnete Weihnachten
Euer Don Mario

 

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