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Dienstag, 01 November 2016 12:00

Das neue Schülerwohnheim in Burgeis

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s40 furstenburg 8In Form eines Privat-Public-Partnership - Projektes (von Privaten gebaut und geführt, von der öffentlichen Hand auf 20 Jahre finanziert) wurde das Schülerheim für die Land- und Forstwirtschaftsschule Fürstenburg in kürzester Bauzeit von 13 Monaten verwirklicht. Seit Beginn dieses Schuljahres bevölkern die SchülerInnen das Heim. Ein Novum in der Südtiroler Bauszene, das gelungen ist. Ingenieur Siegfried Pohl und Architekt Werner Tscholl erklären Projekt und Architektur im Interview. Die Einweihung und Segnung war schwungvoll und voll des Lobes.

„Nachhaltig“ bekommt eine wirkliche Bedeutung

s35 7464Siegfried Pohl erläutert die Besonderheiten des neuen Heimes:
die Bauzeit, die Auswahl der Materialien, das PPP-Projekt...

Vinschgerwind: Herr Ingenieur Pohl, sind Sie der neue Heimleiter in Burgeis?
Siegfried Pohl: Auf keinen Fall bin ich der neue Heimleiter von Burgeis. Wir führen des neue Heim bei der Fürstenburg in dem Sinne, dass wir die Energie liefern, sei es Heizung sei es Strom, wir sind für die Reinigung zuständig, ebenso für die Schneeräumung und außerdem für die ordentliche und außerordentliche Instandhaltung. Heimleiter machen andere.

Vinschgerwind: Die „Fürstenburg GmbH“ hat die Führung des Heimes für 20 Jahre übernommen. Das Personal ist darin aber nicht enthalten.
Pohl: Wir haben die Führung für 21 Jahre inne, ohne Personal.

Vinschgerwind: Die „Fürstenburg GmbH“ hat das Schülerheim bei der Fürstenburg in einem PPP-Modell erbaut. Was hat es mit einem Privat-Public-Partnership auf sich?
Pohl: Die Landesregierung hat schon seit längerer Zeit eine Lösung für ein Schülerheim für die Landwirtschaftsschule Fürstenburg gesucht. Bei der Suche von geeignetem Baugrund ist man nicht weitergekommen. Wir von Immobilien-Pohl haben daraufhin angeboten, mehrere Standorte zu untersuchen, die für einen Heimbau in Frage gekommen sind. Unter anderem haben wir die Wiese „Quadra“, die dem Kloster Marienberg gehört, ausgemacht. Es ist uns dann gelungen, die Zustimmung vom Kloster Marienberg zu erhalten, einen Teil der „Quadra“ im Rahmen eines PPP-Projektes als Standort für das neue Schülerheim vorzuschlagen. Unser Vorschlag als Promotor für ein PPP-Projekt ist vom Land angenommen worden und das Projekt wurde öffentlich ausgeschrieben. An dieser Ausschreibung konnten alle teilnehmen. Wir haben dann diese Ausschreibung im Jahr 2014 gewonnen und im April 2015 ist dann der definitive Zuschlag erfolgt.

Vinschgerwind: Wer ist die „Fürstenburg GmbH“?
Pohl: Die „Fürstenburg GmbH“ besteht aus der VEBA und der Firma Volcan. Bei einem solchen PPP-Projekt muss eine Baufirma dabei sein, die die entsprechenden Voraussetzungen hat. Etwa eine SOA-Eintragung im Ausmaß der Bauarbeiten. Im Vinschgau war es leider nicht möglich, einen solchen Partner zu finden. Die VEBA ist eine Gesellschaft zwischen Pohl und Unterberger.

Vinschgerwind: Sie haben im Rahmen dieses PPP-Projektes der Landesregierung vorgeschlagen, das Heim in Eigenregie zu bauen...
Pohl: ... und 21 Jahre lang zu führen. Der große Vorteil eines solchen PPP-Projektes für das Land ist die Kostensicherheit, die kurze Bauzeit, die Abwicklung der Ausschreibungsmodalitäten, die für das Land entfallen. Es spricht für sich, dass die Zeit der Realisierung ab dem definitiven Zuschlag die kurze Zeit von eineinhalb Jahre gedauert hat.

Vinschgerwind: Kann man von einer Pre-miere in diesem Sinne sprechen? 

Pohl: Absolut. Auch weil wir die Planungsphase in kürzester Zeit abgewickelt haben. Die gesamte Planungsgruppe war hochmotiviert, dies in kürzester Zeit zu machen. Auch die Bauarbeiten von 13 Monaten samt kompletter Einrichtung bis hin zum letzten Regal ist eine äußerst kurz bemessene Zeit.

Vinschgerwind: Sie haben bei der Einweihung gesagt, dass großes Augenmerk bei der Auswahl der Materialien gelegt worden ist. Warum?
Pohl: Genau das ist einer der spannenden Punkte. Normalerweise werden die Landesbauten übergeben und der Baumeister hat eine Garantie von zwei Jahren zu leisten und für versteckte Mängel für 10 Jahre. Die „Fürstenburg GmbH“ muss das Heim 21 Jahre führen und in dieser zeit gehen alle Instandhaltungsarbeiten zu Lasten der „Fürstenburg GmbH“. Deswegen war es naheliegend, bei jeder Entscheidung bei der Auswahl von Materialien die Kosten und die Lebensdauer genau abzuwägen. Die wirtschaftlichste Entscheidung wurde im Hinblick auf die 21 Jahre getroffen. Das ist eine neue Art zu denken, sei es für jemand, der baut, sei es für den Bauleiter, der auch verantwortlich ist, für die Kosten der nächsten 21 Jahre. Ein konkretes Beispiel: Wir haben uns anstatt für die vorgesehenen Stoffsessel für Sessel in Echt-Leder entschieden. Weil die Ledersessel 20 Jahre halten. Auch wenn die Ledersessel bei der Anschaffung viel mehr gekostet haben, sind sie in der Summe von 20 Jahren gesehen günstiger.

Vinschgerwind: Auch aufgrund der Materialwahl spricht man von einem „Hotel für Schüler“.
Pohl: Das mag so scheinen, dass es ein Hotel für Schüler ist. Letzten Endes ist es ein Heim, in dem langlebige Materialien verwendet worden sind. Man kann da von Nachhaltigkeit sprechen. Das Wort „nachhaltig“ wird ja oft verwendet und genau beim Heim für die Fürstenburg bekommt die Nachhaltigkeit eine wirkliche Bedeutung.

Vinschgerwind: Wie kann man sich dieses PPP-Projekt in Zahlen vorstellen?
Pohl: Es ist ein Grundsatz, der im Privatbau oder bei öffentlichen Bauten gilt: Jede Firma kann nur mit Gewinn überleben. Diese Überlegung gilt auch für ein PPP-Projekt. Dort muss mit einem „piano economico finanziario (PEF)“, der von einer Fachkommission genehmigt werden muss, nachgewiesen werden, dass die betreibende Firma mit den vereinbarten Zuwendungen vom Land positiv wirtschaften kann. Erst nach einem solchen Nachweis kann das PPP-Projekt abgeschlossen werden. Ein PPP-Projekt mit einem Verlust für die Betreiberfirma kann gar nicht abgeschlossen werden.

Vinschgerwind: Kostensicherheit ist für die öffentliche Hand ein wichtiges Element. Was hat das Land gezahlt und wieviel wird das Land jährlich zahlen?
Pohl: 8,7 Millionen Euro waren die Baukosten, Spesen und Mehrwerteuer dazugerechnet sind das rund 10 Millionen Euro. Das Land hat eine dazu einen Kostenbeitrag von rund 4 Millionen Euro geleistet, den Grundkauf und einen Teil der Baukosten betreffend. Die restlichen Baukosten bezahlt das Land im Laufe der 21 Jahre. Nach 21 Jahren geht das heim kostenlos in das Eigentum des Landes über.

Vinschgerwind: Wie hoch sind die Jahresraten, die das Land zahlen wird?
Pohl: Die Rate für die Baukosten beläuft sich auf rund 370.000 Euro. Dazu kommen nochmals 370.000 Euro für die Führungskosten pro Jahr. Dem Land kostet das Heim alsi pro Jahr rund 720.000 Euro. Diese Operation funktioniert nur, wenn ein Bankinstitut das mitträgt. In unserem Fall ist es die Raiffeisen Landesbank.

Vinschgerwind: Würden Sie ein solches PPP-Modell für andere Vorhaben empfehlen?
Pohl: Ich sehe es als absolut positives Modell. Das Land könnte auf Basis des PPP-Modelles viel mehr Objekte in Angriff nehmen. Und zwar in der Zeit, in der die Objekte gebraucht werden und dann in den nächsten 20 Jahren finanzieren. Es geht ja nicht nur um die Investition allein, sondern auch um die optimale Führung dieser Strukturen. Wir sind bestrebt, das ganze Objekt also das Heim bei der Fürstenburg, so wirtschaftlich wie möglich zu führen. Wenn die Schüler aus dem Haus gehen, schaltet die Heizung sofort aus.

Vinschgerwind: Ist das Heim ein Niedrigenergiehaus?
Pohl: Es ist ein „Klimahaus A“. Wir haben in die Gebäudetechnik sehr viel investiert, um unnütze Kosten zu sparen. In unserem Fall ist der Private natürlich sehr motiviert, wo es möglich ist, Einsparungspotenziale zu nutzen. Ohne dabei sagen zu wollen, dass bei öffentlichen Gebäuden nicht auch Energie eingespart wird.

Vinschgerwind: Ist das nächste PPP-Projekt aus dem Hause Pohl ein Heim für das Oberschulzentrum in Mals?
Pohl: Es wäre schön, wenn dem so wäre. Das liegt bei der Landesverwaltung, ob sie ein ähnliches Projekt machen möchte.

Vinschgerwind: Haben Sie ein Projekt in der Schublade?
Pohl: Ein Projekt in der Schublade haben wir, und das schon seit fünf Jahren. Es hat in zwischen einen Architekturwettbewerb gegeben, bei dem es auch einen Sieger gibt. Aber im Hochbauprogramm des Landes ist dieser Heimbau weit nach hinten gerutscht.

Interview: Erwin Bernhart


Moderne Codesprache

s39 7536Architekt Werner Tscholl über das neue Schülerheim.

Vinschgerwind: Sie sind als Architekt für eine bestimmte Feinfühligkeit bekannt, solange Sie bei Altbausanierungen, bei sensiblen Objekten planen. Wenn Sie frei planen können, lieben Sie den großen Auftritt?
Werner Tscholl: Im Gegenteil. Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem Eingriff im Altbestand und dem Eingriff in freier Natur. Beides ist dasselbe. Beim Altbestand ist es die Hülle, innerhalb der man sich bewegt, und beim freien Planen ist es die Natur, die Landschaft. Also man hat immer etwas, das vorgegeben ist.

Vinschgerwind: Ihre Bauten sind äußerst markant...
Tscholl: Weil ich mich vielleicht eher an einem markanten Vorgänger orientiere, als an weniger markanten bestehenden Gebäuden. Zum Beispiel Marienberg: Es gibt keinen markanteren Bau im Vinschgau. Wenn es mir irgendwann einmal gelingen würde, so markant und so perfekt zu bauen, wie Marienberg, dann wär’ das in Ordnung. Dann wär’ ich vielleicht ein perfekter Architekt.

Vinschgerwind: Also doch der große Auftritt...
Tscholl: Wir nähern uns an. Aber: Marienberg ist nicht gebaut worden, um markant zu wirken. Markant wirkt es, weil es weiß dasteht, weil es skulpturhaft dasteht. Man hat aber nicht von vornherein den großen Auftritt geplant. Wenn wir das Heim bei der Fürstenburg hernehmen, dann planen wir nicht von vornherein den großen Auftritt. Wir schauen zuerst, was vorhanden ist: Marienberg ist da, die Fürstenburg, der Widum. In diesem „Dreigestirn“ muss ich mich bewegen. Ich kann mich komplett verstecken, wie ich das bei der Erweiterung der Schule der Fürstenburg gemacht habe. Weil ich mich als Architekt nicht getraue. Das ist auch eine Haltung. Beim Heim bin ich weiter von der Fürstenburg entfernt, auch vom Kloster...

Vinschgerwind: Es gibt die Kritik vom Heimatpflegeobmann Mals, Roland Peer, dass das Gebäude das rätoromanische Haufendorf Burgeis nachhaltig stört.
Tscholl: Dem kann ich entgegenhalten, dass der Eiffelturm in Paris von den größten Künstlern und Fachleuten der damaligen Zeit als Störung empfunden wurde. Der Eiffelturm ist nicht mehr wegzudenken. Ich würde sogar soweit gehen, dass dieser Obmann oder jeder Obmann, wenn er genau schaut, die Fürstenburg selbst als Störung empfinden würde, wenn ich sie bauen würde. Oder, ich lehne mich weit hinaus, Marienberg selber. In der Landschaft, wo Marienberg steht dürfen wir heute nicht mehr bauen. Würden wir heute Marienberg neu bauen, würde es einen Aufschrei geben, der unerhört wäre.

Vinschgerwind: Marienberg wäre heute nicht mehr möglich?
Tscholl: So wie es heute steht, unmöglich. Marienberg würde überall im Vinschgau hineinpassen, am Sonnenberg, auf der Nörderseite. Stellen Sie sich vor, jemand möchte einen solchen schönen, weißen Klotz, sagen wir auf der Nörderseite aufstellen. Undenkbar.

Vinschgerwind: Es gehört zum Metier eines Architekten mit Kritik und auch mit Lob umzugehen.
Tscholl: Ich versteh’ die Kritik auch. Wir Architekten haben aber auch die Aufgabe, die Landschaft weiterzubringen. Es ist nicht unser Thema, uns zu verstecken. Beim Heimbau hat es eine Ergänzung gebraucht. Das Heim befindet sich außerhalb von Burgeis, es kann das Haufendorf nicht stören. Die Bezugspunkte sind der Widum, die Fürstenburg und Marienberg. Es ist im Grunde eine Kopie von Marienberg, in eine moderne Codesprache übersetzt.

Vinschgerwind: Was heißt Codesprache?
Tscholl: Marienberg ist ein weißer Klotz mit schwarzen Fenstern. Im Prinzip eine Grafik. Deswegen funktioniert das auch. Auch mit der großen Masse der Fürstenburg. Jedes Schloss hat eine Skulpturhaftigkeit, die trotz der großen Masse wirkt. Wir haben also die Grafik von Marienberg genommen, weiß und schwarz, machen aber nicht Löcher in die Fassade, sondern Striche, wie einen Strichcode, der heute auf jedem Produkt zu finden ist. Damit sagen wir, dass das Gebäude nicht 1720 oder 1924 ist, sondern 21. Jahrhundert.  

Vinschgerwind: Es gibt auch Lob. Der Nestor der Südtiroler Kultur, der den Vinschgau kennt und liebt, Marjan Cescutti, ist begeistert vom Einpflegen des neuen Heimes zwischen Kloster und Fürstenburg. Wie gehen Sie mit Lob um?
Tscholl: Lob freut natürlich. Auf der anderen Seite freut mich die Kritik fast mehr. Vor Jahren habe ich viel mehr Kritik geerntet als heute, der Rizzi-Turm in St. Martin im Kofel etwa, oder auch mein Haus in Morter. Innerhalb von kurzer Zeit hat sich diese Kritik in Neutralität umgewandelt - man hat also nichts mehr gehört - und plötzlich bekommt man für zuvor stark kritisierte Sachen Lob. Das ist mir fast mehr wert, als wenn das Lob von vornherein schon da ist.

Vinschgerwind: Werden Gebäude zur Gewohnheit?
Tscholl: Wir Architekten müssen 20 - 30 Jahre vorausdenken. Architektur braucht Zeit. Es gehen schon Überlegungen und Gedanken für ein Gebäude voraus, die von den Leuten erst absorbiert werden müssen.

Vinschgerwind:Braucht moderne Architektur mehr Erklärung als früher?
Tscholl: Eigentlich nicht. Beim Heim zum Beispiel kommen viele Leute auf mich zu, die mir die Architektur so erklären, wie ich sie gesehen habe. Die mir sagen, dass sie im Schülerheim Marienberg mit den weißen Flächen und den Fenstern wiedererkennen. Das passt perfekt. Es braucht halt eine gewisse Zeit, bis die Leute das absorbiert haben. Architektur muss einen Zweck erfüllen. Das Ausschauen der Architektur werden wohl erst künftige Generationen beurteilen können.


Vinschgerwind: Welche Vorlaufgedanken haben Sie sich gemacht, nachdem Sie den Auftrag zur Planung erhalten haben? Sie haben wohl aus mehreren Überlegungen auswählen können.
Tscholl: Das erste ist der Standort. Auf den anderen in Frage kommenden Standorten hätte ich mich nicht getraut, etwas hinzustellen. Einer war oberhalb des Dorfes und einer war gegenüber der Fürstenburg auf der anderen Etschseite. Der jetzige Standort ist ideal, man hat sich in den Hang drücken können. Vom Dorfeingang her sieht man nur die Fassade, nicht die Tiefe, ebenso vom Widum her. Beim Vorbeifahren in Richtung Schlinig, bleibt das Heim unterhalb der Straße und greift nicht in die Landschaft ein. Die 5. Fassade in weißen Betonplatten auf dem Dach stört die Landschaft nicht. Der Widum hat freie Sicht auf die Fürstenburg.

s46 furstenburg 14Vinschgerwind: In Burgeis sagt man auch, dass das Heim verkehrt steht. Es ist quasi der Sonne abgewandt.
Tscholl: Hätte man auch drehen können. Es gibt auch bei uns im Büro diesbezügliche Skizzen. Wir haben lange überlegt. Wir wollten aber nicht, dass der dann entstehende Innenhof nur über das Gebäude zugänglich geworden wäre. Ein Nachteil wäre auch gewesen, dass eine große Fassade direkt auf die Straße, direkt auf den Nordhang geschaut hätte. So sind die Baukörper alle Ost-West ausgerichtet und bekommen Sonne. Auch wäre die Masse viel stärker zum Vorschein gekommen, weil man dann vom Süden das gesamte Gebäude gesehen hätte. Das Gebäude wäre optisch viel größer geworden. Die vorhandene Masse ist fast gleich groß wie die Fürstenburg, die 15.000 Kubikmeter groß ist. Beim Heim sind es mehr als 11.000 Kubikmeter. Im Verhältnis zur Fürstenburg schaut das Heim relativ klein aus.

Vinschgerwind: War das Planen im Rahmen des PPP-Projektes anders als sonst?
Tscholl: Für den Architekten hat sich nichts geändert. Wir hatten mit dem privaten Bauherren zu tun und mit dem öffentlichen Nutzer, der den Raumbedarf angemeldet hat.

Vinschgerwind: Sie waren selbst Heimschüler?
Tscholl: Ich war im KZ bzw. im Rediffianum.

Vinschgerwind:Macht das neue Heim Lust, nochmals Heimschüler zu sein?
Tscholl: Könnt ich mir schon vorstellen. Wir waren damals sechs Schüler in einem Zimmer. Heute unvorstellbar. Heute sind das Einzelzimmer...

Vinschgerwind: Klösterliche Zustände?
Tscholl: Zum Teil. Kargheit braucht’s in einem Heim, das hatten wir damals auch. Aber heute haben die Heimschüler WC und Dusche mit Fenster neben den Zimmern. Wir hatten einen Waschraum.

Vinschgerwind: Hat Ihnen Ihre Heimerfahrung beim Planen geholfen?
Tscholl: Eigentlich nicht. Die Zeiten haben sich gewandelt. Die Anforderungen sind ganz andere. Bei der Architektur kann man Innen- und Außenleben nicht trennen. Das muss zusammenpassen. Bei der Planung mit dem Strichcode hat man schon mitgedacht, dass die Bäder jeweils ein Fenster haben müssen.

Interview: Erwin Bernhart


„In diesem Heim möchte ich auch noch einmal Schüler sein“

Beim neuen Heim der Fürstenburg sprechen die einen von einem Vorzeigebau, der sich gut ins Gelände zwischen Kloster Marienberg, der Fürstenburg, dem Widum und Burgeis einfügt und von dem in der internationalen Architektur-Szene noch viel gesprochen werde. Die anderen sehen das Gebäude als falsch positioniert, als weißer Klotz in der Landschaft.

von Magdalena Dietl Sapelza

s48 4001Die Form des neuen Heimes, geplant vom Vinschger Star-Architekten Werner Tscholl, polarisiert und sorgt für reichlich Gesprächsstoff. Die Bauherren von der „Fürstenburg GmbH“ versicherten kürzlich bei der Einweihungsfeier,  dass  bei der Errichtung des Hauses für rund 100 Schüler/Innen alles getan wurde, um eine optimale Wohlfühl-Qualität unter Berücksichtigung der Privatsphäre zu schaffen. Die Doppelzimmer sind so geplant und eingerichtet, dass sie sich wie Einzelzimmer anfühlen.  Die  Heimbewohner werden schon bald mehr zur Wohnqualität sagen können. Es gilt also abzuwarten, wie deren Urteil ausfällt.
Das Heim in der „Quadra“, dem einstigen Grundstück des Klosters Marienberg,  wurde pünktlich zu Schulbeginn 2016 für die Schüler/Innen der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft an der Fürstenburg geöffnet. Darüber zeigte sich die Direktorin Monika Aondio erfreut. „Der Bedarf nach einer neuen und modernen Unterbringung war groß. Wir werden nun alles in unserer Macht stehende tun, dass das Heim für unsere Schülerinnen und Schüler zu einem Stück Heimat wird“, betonte Aondio. Das Heim war innerhalb der Rekordzeit von 13 Monaten realisiert worden. Es gab keine Bau-Verzögerung und auch keine Kostenexplosion. Es wurde nachhaltig gebaut. Die Baumaterialien bestehen aus qualitativ hochwertigen und langlebigen Materialien. Man hat darauf geachtet, dass  Energiefresser vermieden werden. Wenn beispielsweise unnötig Lichter brennen, wird das signalisiert, und es kann eingegriffen werden.
s48 3950s48 3972Das Heim entstand im Rahmen der öffentlich-privaten Partnerschaft PPP – Public Private Partnership. Es handelt sich um die Zusammenarbeit zwischen dem Land Südtirol, dem Unternehmer „Pohl Immobilien“ und der „Fürstenburg GmbH“. Die Kosten für Bau und Einrichtung bezifferte Siegfried Pohl mit rund 8,7 Millionen Euro. 4 Millionen Euro habe das Land für den Grundkauf (vom Kloster Marienberg) und für einen Teil der Baukosten beigesteuert.  Die GmbH ist nun 20 Jahre lang für Führung und Instandhaltung des Heimes verantwortlich. 2036 geht das Haus an das Land Südtirol über. Die Zusammenarbeit habe bestens funktioniert. Das betonte Bauten-Landesrat Christian Tommasini. 22 Firmen aus Südtirol, darunter zwölf aus dem Vinschgau seien mit der Bauausführung beauftragt worden.Das sei sehr positiv und stärke die regionale Wirtschaft. Die GmbH ist nun 20 Jahre lang für  die Führung und Instandhaltung verantwortlich. Schul-Landesrat Philipp Achammer sprach von „einem Ort, an dem sich die Vergangenheit mit der Zukunft und der Moderne trifft“. Er gratulierte zum neuen Heim und versprach, die Schule in der Fürstenburg öfters besuchen zu wollen. Achammer war - wie auch Tommasini - bei der Heim-Einweihung zum ersten Mal vor Ort. Die hohe Politik war auch noch mit LR Richard Theiner und LA Josef Noggler vertreten.
s48 3956Nach einem humorvollen Einakter sprach der Abt von Marienberg, Markus Spanier. Es sei nicht leicht gewesen die „Quadra“ herzugeben, doch letztendlich habe die Sorge um das Wohl der Schüler in der Klostergemeinschaft die Mehrheit für den Verkauf gebracht, so der Abt. Und er betonte: „In diesem schönen Heim möchte ich auch noch einmal Schüler sein“. Festlich umrahmt wurde die  Feier von der „Burgkapelle“ der Fürstenburg. Ein köstliches Festessen0 servierten anschließend die Schülerinnen der Fachschule für Hauswirtschaft in Kortsch.

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