Dienstag, 08 September 2015 15:38

Nationalpark Stilfserjoch - Rostpilze an Fichten Schädigung des heurigen Nadeljahrganges

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

DSC 2014Wolfgang Platter, am Tag der Seligen Mutter Teresa von Kalkutta, 5. September 2015

Die gelbe bis rostbraune Verfärbung der diesjährigen Fichtennadeln ist im heurigen Sommer sicher schon zahlreichen Wanderern und Berggehern aufgefallen. Ursache dafür ist eine Pilzerkrankung der Fichten, welche besonders intensiv in der Höhenstufe des  Almrosengürtels auftritt.

Bei der Pilzerkrankung handelt es sich um den Fichtennadelblasenrost. Der auslösende Rostpilz  heißt mit wissenschaftlichem Namen Chrysomyxa rhododendri.

Zur Systematik der Rostpilze
Rostpilze gehören zur Klasse der Ständerpilze (Basidiomyceten) und zur Ordnung der Rostpilze (Uredinales). Sie sind weltweit mit etwa 5.000 Arten vertreten. Alle Rostpilze sind auf bestimmte Wirtspflanzen spezialisiert. Selten findet ihre Entwicklung auf ein und derselben Pflanzenart statt; meist läuft DSC 2025ihr Entwicklungszyklus auf zwei verschiedenen Wirtspflanzen ab, welche systematisch nicht miteinander verwandt sind. Fichtenrostpilze (Gattung Chrysomyxa) leben auf Fichten-Arten und oft auf Blütenpflanzen aus der Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae). In Europa gibt es 6 verschiedene Fichtenrostpilz-Arten.

Der Fichtennadelblasenrost
Der häufigste Rostpilz an den Bergfichten im Alpenbogen ist der Fichtennadelblasenrost (Chrysomyxa rhododendri) . Diese Art wechselt zwischen den Wirtspflanzen Alpenrose und Fichte. Auf den beiden einheimischen Alpenrosenarten Rostrote Alpenrose (auf sauren Böden) und Behaarte Alpenrose (auf kalkigen Böden) vermag der Pilz zu überdauern und sich zu vermehren. Die immergrünen Blätter der Alpenrosen sind der Überwinterungsort des Pilzes. Der zweite Wirt ist die Fichte, wobei ausschließlich die frischen, soeben aus den Knospen  austreibenden Nadeln  des diesjährigen Triebes infiziert werden.

Der Entwicklungszyklus
Kurz vor oder während der Blütezeit der Almrosen werden die reifen Sporen des Rostpilzes an  der Blattunterseite der Almrosenblätter entlassen und bei trockenem Wetter vom Wind über weite Strecken verweht. Wenn diese Sporen auf  frisch austreibende Fichtennadeln treffen, keimen sie bei feuchter Witterung (Tau, Regen, Nebel). Ein- und mehrjährige Nadeln der Fichten werden vom Rostpilz nicht befallen. Nach der Keimung wächst der Pilz im Nadelinneren zu einem vielfach verzweigten Pilzgeflecht oder Myzel heran. Der Pilz ernährt sich dabei von den Inhaltsstoffen in den Zellen der Fichtennadeln. Ende DSC 2013Juli, in höheren Lagen auch erst im August und September, bilden die Pilzgeflechte an der Oberfläche der Nadeln Fruchtkörper in Form von orange-gelben Pusteln. In der Fachsprache werden diese Fruchtkörper Aecidienlager oder Aecidien genannt. In diesen Fruchtkörpern bilden sich tausend- bis millionenfach Sporen. Bei starkem Befall wird die Zahl der Sporen so groß, dass Fichtenäste etwa bei Erschütterung durch den Wind in rostrote Sporenwolken eingehüllt werden.
Nach der Entleerung der Sporen bleiben die leeren Aecidienlager als auffallend weiße, aufgerissene Häufchen an den diesjährigen Nadeln zurück. Infizierte Nadeln der Triebenden sind leuchtend gelb gefärbt und fallen im Herbst, manchmal auch erst im Winter, ab. An stark befallenen Bäumen kann so ein ganzer Nadeljahrgang ausfallen, zurück bleiben die kahlen Triebe. Die noch geschlossenen und verharzten Knospen für das nächste Frühjahr werden nicht befallen und können im nächsten Frühjahr wieder austreiben.
Die vom Wind aus den Fichtennadeln über große Flächen verbreiteten Sporen infizieren nunmehr wieder  die Blätter der Almrose als zweitem Wirt. An der Blattunterseite erscheinen etwa 10 -14 Tage nach der Infektion Sommerlager  in gelb - grün gefärbten Gruppen. Die in ihnen heranreifenden Uredosporen (Sommersporen) dienen ausschließlich der Weiterverbreitung des Pilzes auf den Almrosen. Im Herbst entwickeln sich auf den Almrosenblättern dann dickwandige Sporen, welche weitestgehend widerstandsfähig sind gegen Trockenheit und Frost und die Funktion von Dauersporen haben. Der Pilz überwintert also in den Almrosenblättern in Form dieser Dauersporen. Im kommenden Frühjahr bildet der Pilz einige Wochen nach der Schneeschmelze erneut Frühjahrsporen, welche unmittelbar wieder junge Fichtennadeln infizieren. Damit beginnt der Entwicklungszyklus des Fichtennadelblasenrostes von neuem.

Befall von jungen und alten Fichten
Bei jungen Fichtenbäumen (weniger als 6 Jahre alt) hat der diesjährige Neutrieb  einen wesentlich größeren DSC 2028Anteil an der gesamten Nadelmasse als bei den ausgewachsenen Bäumen. Deshalb sind die Jungbäume im größeren Ausmaß von der Photosynthese-Leistung  ihrer neu gebildeten Nadeln abhängig. Sind mehr als ein Drittel der jungen Nadeln befallen, führt dies zu einer bedeutsamen Einbuße der Vitalität und des Wachstums des Baumes. Entsprechend vermindert ist die Zunahme an Trockengewicht von Spross und Wurzeln. Forschungen an der Universität Innsbruck haben ergeben, dass bei einer einmaligen starken Infektion von Rostpilzen die Trockenmasse um 30-50% reduziert wird. Solche Verluste können durch ein nachfolgendes rostfreies Jahr nicht ausgeglichen werden. Eine Rostpilz-Infektion in zwei aufeinanderfolgenden Jahren reduziert die Trockenmasse gar um etwa 60%.
Ältere Fichten verkraften eine Infektion mit Chrysomyxa rhododendri wesentlich besser. Bei erwachsenen Fichten mit bis zu zehn photosynthetisch aktiven  Nadeljahrgängen an den Ästen ist der Anteil der neuen diesjährigen Nadeln im Verhältnis zur gesamten Nadelmasse relativ gering. Deshalb beeinträchtigt ein einmaliger Rostpilzbefall des letzten Nadeljahrganges das Gesamtwachstum des alten Baumes kaum. Auch weil die nicht befallenen Nadeln der vorigen Jahre ihre Stoffproduktion um bis zu 50% steigern und so den Produktionsverlust aus dem Absterben der diesjährigen Nadeln teilweise kompensieren können.

Der Rostpilzbefall in Südtirols Wäldern
Im Südtiroler Agrar- und Forstbericht 2014 kann man in jenem Teil, welcher der Forst- und Almwirtschaft gewidmet ist, im Kapitel „Forstschutz-Überwachungsdienst“ zur Befallshäufigkeit des Fichtennadelblasenrostes in den letzten Jahren folgende Informationen lesen: „Nach jahrelangem schwachen Verlauf war es 2010 und 2011 zu einer starken Befallszunahme gekommen (mit Vervielfachung DSC 2022der Befallsflächen und betroffenen Baumzahlen). Dieser folgte 2012 wieder ein Rückgang auf den vormaligen Stand des Jahres 2008. Auch 2013 kam es zu einem weiteren Rückgang um 20%: auf einer Waldfläche von 5.300 ha (red. 1.370 ha) wurde Befall auf 725.000 Fichten registriert. Im Jahre 2014 folgte ein neuer Befallsanstieg auf einer Fläche von 7.355 ha (red. 2.324 ha) und 1.400.000 Fichten mit Chrysomyxa-Befall; dies bedeutet fast eine Verdoppelung des Vorjahresbefalls.“

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 2700 mal
Mehr in dieser Kategorie: « Spezial - Mode 2015 Die ganz Jungen »

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 3-25

titel Vinschgerwind 2-25

titel vinschgerwind 1-25

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.