von Magdalena Dietl Sapelza
Die Waldrappen kommen“, kündigte der Koordinator der Südtiroler Ritterspiele Mirko Stocker an. „Und sie werden auf dem gemähten Flugplatz-Areal landen.“ Wer dachte, es handle um dabei um Artisten für die anstehenden Ritterspiele, sah sich getäuscht. Es ging um echte Vögel und zwar um eine einst verschwundene Vogelart, die dank eines EU-Projektes wieder die Chance bekommt, sich anzusiedeln. Die Waldrappen werden auf dem Flug in ihr Winterquartier in der südlichen Toskana begleitet.
Am Freitag, den 16. August 2019, tauchten dann in der Mittagszeit zwei ratternde Paraplan-Fluggeräte mit gelben Schirmen von Reschen kommend über der Malser Heide auf. Ihnen folgte ein Schwarm schwarzer Vögel. Der fliegende Tross steuerte den Flugplatz bei Schluderns an, auf dem eine große Vogelvoliere stand. Zwei junge Frauen in gelben T-Shirts stiegen aus den Fluggeräten, riefen den Vögeln ritualmäßig etwas zu und lockten sie mit Futterködern in die Voliere. Ein Team von Helferinnen und Helfern hatte die Voliere bereits Stunden zuvor aufgebaut und alles für die Landung der Vögel vorbereitet.
Der Waldrapp ist ein Zugvogel - eine bis ins 17. Jh. im Mitteleuropa heimische und durch Überjagung verschwundene Vogelart. Im Rahmen eines EU Projektes (LIFE+Biodiversität) soll der Waldrapp mit Partnern aus Österreich Deutschland und Italien in Europa wieder angesiedelt werden. Grundlage sind Küken, die von menschlichen Zieheltern aufgezogenen werden. Die „Ziehmütter“ waren diesmal Anne Gabriela Schmalstieg und Helena Wehner. Sie bemutterten die 30 im Tierpark Rosegg geschlüpften Küken im Brutgebiet bei Burghausen (Bayern) und trainierten dann mit ihnen (als Co-Pilotinnen) im Trainingscamp das Fliegen mit Fluggerät. Schließlich waren die Waldrappen für den Flug in den Süden gerüstet, der dann über mehrere Etappen geplant wurde. „Die zweite Etappe von Schnepfau nach Schluderns hat alle Rekorde gebrochen“, erklärt Projektleiter und Pilot Johannes Fritz. „Wir sind bis zu 2.900m hoch über den Arlberg und den Reschenpass geflogen. Wir haben die 125 km Luftlinie in 2.15 h relativ schnell geschafft.“
Bewegend war der Start der Waldrappen am Sonntag Morgen. Nach einem kurzen Rundflug zog die Schar neben ihren „Ziehnmüttern“ in den Fluggeräten durch den Vinschgau in Richtung Süden.
Unter den Betrachtern des bewegenden Schaupiels befand sich der Biobauer Rudi Stocker, der sich darüber freute, dass der ehemalige Flugplatz nun auch bedrohten Vögeln dient. Und er sagte zum Projektleiter. „Wenn ihr das nächste Mal kommt, meldet euch. Dann mähe ich euch sofort meine Wiese.“
Es handelte sich bereits um die 14. begleitete Reise. Ziel des Projektes ist die Gründung von Brutkolonien im Norden, die sich eigenständig entwickeln. Die Jungvögel bleiben nun bis zu ihrer Geschlechtsreife drei Jahre in der Toskana. Dann sollten sie ohne menschliche Hilfe in ihr Brutgebiet zurückfliegen. Die ersten Waldrappen haben es bereits geschafft.
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