Dienstag, 09 Januar 2018 00:00

Durchgang verboten!

Aus dem Gerichtssaal - Als Thanei Josef aus Tartsch im Jahre 2008 vom Land Südtirol eine vom italienischen Militär im Jahre 1940 errichtete Bunkeranlage samt umliegendem Grund erwarb, dürfte er nicht geahnt haben, dass er sich damit in ein rechtliches „Wespennest“ setzte. Denn talseitig vom Bunker verlief ein Steig, der bei Spaziergängern und Touristen beliebt war und auch viel begangen wurde, weil er zu einem Waalweg führte. Thanei war der Meinung, ein unbelastetes Grundstück erworben zu haben, weil weder im Grundbuch eine Dienstbarkeit eingetragen war noch das Land ihm beim Verkauf auf eine Nutzung durch die Allgemeinheit hingewiesen hatte. In diesem Glauben stellte er ein Schild mit dem Hinweis auf, dass der Durchgang nicht erlaubt sei. Dieses Verbotsschild rief die Gemeinde Mals auf den Plan, welche auf dessen Entfernung mit der Begründung pochte, dass über den Steig eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit ausgeübt würde. Die Verhandlungen zwischen Gemeinde und Thanei verliefen im Sande, weshalb es zu einem Rechtsstreit kam, in dem die Malser Gemeinde an die 50 Zeugen aufbot, welche „unisono“ bestätigten, seit unvordenklichen Zeiten den Steig als Fußweg benutzt zu haben. Vielleicht auch unter dem Eindruck dieser numerischen Übermacht gab der Erstrichter von Schlanders der Gemeinde Mals recht: der Steig könne von der Allgemeinheit weiter genutzt werden, weil das Durchgangsrecht ersessen worden wäre. Thanei ließ nicht locker und ging in die Berufung. Das Oberlandesgericht stellte jetzt das Schlanderser „Verdikt“ mit der Begründung auf den Kopf, dass die fraglichen Grundstücke bis zum Jahre 1998 als militärische Anlagen auch im Grundbuch eingetragen waren, und gegen Einrichtungen, die der Verteidigung des Vaterlandes dienen, gibt es keine Ersitzung. Diese Form des Erwerbs würde wenn schon erst ab dem Jahre 1998 „greifen“, weil der Staat erst zu diesem Zeitpunkt eine Umwidmung der Zweckbestimmung vorgenommen und die Übertragung auf das Land vorgenommen hatte. Und seit dem Jahre 1998 sind die für eine Ersitzung nötigen 20 Jahre noch nicht verstrichen. Also ein schöner Erfolg für Thanei, zumal die Berufungsrichter der Gemeinde Mals auch noch 5/6 der Prozesskosten für beide Instanzen aufhalste. Nur am Rande gestreift, weil für den Verfahrensausgang nicht unbedingt erheblich, wurde die Rechtsfrage, ob eine im Grundbuch nicht ersichtlich gemachte Ersitzung Thanei überhaupt hätte entgegengehalten werden können. Wer nämlich im Vertrauen auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs ein Recht erwirbt, kann sich in der Regel auf die Vollständigkeit des Buchstandes verlassen und dem können bücherlich nicht ersichtlich gemachte Änderungen am rechtlichen Status eines Grundstückes nicht entgegengehalten werden.
Die Gemeinde Mals scheint sich jedenfalls schon auf die nächste Runde einzustellen, doch die könnte meiner Meinung nach nicht in einem „Gang nach Rom“, sondern, sofern dafür die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, in der Auferlegung einer Zwangsdienstbarkeit gegen Bezahlung einer angemessenen Entschädigung an Thanei bestehen.

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

 

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Publiziert in Ausgabe 1/2018

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