Dienstag, 09 Dezember 2014 00:00

„...irgatwia kriagsch di Kroft“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s17 4165Weihnachten 1980 hat Ida in schmerzlicher Erinnerung. Am hl. Abend fehlten zwei geliebte Menschen, ihr Mann Martl und ihr Sohn Valentin. Tränen erstickten die Lieder an der Krippe. Ida und ihre Kinder hielten einander fest und versuchten sich Halt und Trost zu geben.

von Magdalena Dietl Sapelza

Zwei bittere Ereignisse erschütterten das Leben von Frau Ida vor 34 Jahren. Am 17. April 1980 starb ihr  Mann Martl unerwartet nach kurzer Krankheit. Er war 58 Jahre alt geworden.

Auf den Tag genau sechs Monate später lähmte sie die Nachricht vom Unfalltod ihres 21-jährigen Sohnes Valentin. Ida und ihre Kinder versanken ein zweites Mal in einem Meer von Tränen. „In Monn zu verliern tuat wea, obr pan ognan Kind tuats nou viel mea wea“, sagt sie. Valentin war auf der Straße in Richtung Mals mit dem Auto ins Schleudern geraten und an einen Baum geprallt. Er wollte in Laas den Grabstein für seinen Vater holen.
Oftmals kreisen Idas Gedanken um diese schwere Zeit. „Ma muaß olz drpockn, irgatwia kriagsch di Kroft“, meint sie.  
Als zweitjüngste von 12 Kindern wuchs sie auf dem elterlichen Bauernhof in Schlinig auf. „Zun Leebm hot ma olz selbscht kopp unt onfoch glepp“, sagt sie. Die Feld- und Stallarbeit gehörten zu ihrem Alltag. Ida besuchte die italienische Schule. Der faschistische Geist war überall zu spüren und später auch der Geist der Option. Ihre Familie zählte zu den Dableibern. Die Kinder bekamen eine Zeitlang die spöttischen Zurufen „eis Walsche“ zu hören. Die Situation beruhigte sich.
Ida hätte gerne Köchin gelernt, doch ihre Schwester, die einen Schliniger Bauern geheiratet hatte, brauchte ihre Hilfe. „Zwölf Johr bin i pa dr Schweschtr in Dianscht gweesn“, meint sie. Nebenbei  wusch und bügelte sie Kleider für Finanzbeamte, die in Schlinig stationiert waren. Die paar Lire waren ihr willkommen. Denn sie ging gerne zum „Wirt“ zum geselligen Plausch und zum Tanzen. „Musi hoobm miar a schlechte gkopp“, erklärt sie. Auch ihr späterer Mann Martl hielt sich oft beim „Wirt“auf. Er lebte mit 17 Geschwistern in Idas Nachbarschaft. Sie gefiel ihm. Auf dem „Gollimorkt“ tanzten beide dann ausgiebig im „Gasthaus Sonne“ in Mals. “Selm isch di Musi bessr gweesn“, meint sie. Dem „Gollimorkt“ fieberte sie jedes Jahr entgegen. Es machte ihr nichts aus, dass sie zu Fuß dorthin gehen musste. Ihre Ohrringe erinnern sie noch heute an einen der Marktbesuche. Mit Wut im Bauch habe sie sich diese  „beim Zwick“ gekauft, um eine vorausgegangene Auseinandersetzung daheim besser „verdauen“ zu können, erzählt sie. An eine Hochzeit mit Martl war lange nicht zu denken. „Miar hoobm boade nichts gkopp“, betont sie. Erst nachdem er als Zuchtwart etwas verdiente, konnten sie die gemeinsame Zukunft  planen. Martl erhielt einen Kredit und kaufte ein kleines altes Haus am Burgeiser Hauptplatz. Im April 1956 führte er Ida bei der Frühmesse in Schlinig zum Traualtar. Die zweitägige Hochzeitsreise führte sie zur Wallfahrtskirche nach Pinè. Im Parterre des Hauses befand sich ein Stall,  und die Frischvermählten kauften sich eine Kuh. Der Stadel fehlte. „S Hai hoobmer pa ondere inglegg  unt  i hon’s norr mitn Ziachwaagale gholt“, erklärt sie. Ida schaute daheim nach dem Rechten und umsorgte die fünf Kinder während Martl landauf landab unterwegs war. Später arbeitete sie stundenweise als Zugehfrau. 1964 pachteten sie einen Stall und bauten ihr Haus um. Ida und ihr Mann setzten alles daran, dass ihre Kinder eine gute Ausbildung genießen konnten. „Wenn dr Martl gstorbm isch, sain si schun asn Ärgschtn gweesn“, meint sie. Bescheidenheit und Sparsamkeit prägten ihr Leben. „Pan Frisör bin i lei onmol geweesn, pa dr Hoazat, unt selm hot dr Taft olz filzig gmocht“, lacht sie. Ihre erste Reise – ein Geschenk der Kinder-  führte sie zu ihrem 60. Geburtstag in den Vatikan. Sie sah den Papst auf dem Petersplatz und hielt die bewegenden Eindrücke in einem Tagebuch fest. Nicht gefallen hat ihr der Kuraufenthalt in Abano Terme. „Sel isch koa Urlaub“, bekräftigt sie. „Mittn in dr Nocht kemman si oam zun Fango weckn.“
Den Blick in die Welt öffnen ihr heute das Radio und die Zeitungen. „Mitn Fernsehn ischas nit groaß“, sagt sie. Viel Zeit verbringt sie mit Stricken. Zum Tagesablauf gehört ein Kirchenbesuch, trotz ihrer schmerzenden Hüfte. „So longs geat, gea i mitn Steckn“, sagt sie. Oft steht sie am Grab ihrer Lieben. Die Wunden sind verheilt, doch die Narben tun noch weh, auch nach 34 Jahren und besonders zu Weihnachten.


{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3096 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 25-24

titel Vinschgerwind 24-24

titel vinschgerwind 23-24

 weihnachtsbroschüre 2024

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.