Kultur: Hommage an einen Gedanken

geschrieben von
Karl auf Zuckbichl im Sommer 2004 Karl auf Zuckbichl im Sommer 2004

von Peter Tscholl

Vor genau 20 Jahren, im Sommer 2004 war Karl das letzte Mal auf Zuckbichl, im Jahr darauf ist er verstorben. Menschen werden von ihrer Nachwelt vielfach daran gemessen, was sie hinterlassen bzw. geleistet haben. Karl der Zuckbichler hat seiner Nachwelt nichts hinterlassen, zumindest nicht in materieller Hinsicht. Wenn er seinen Mitmenschen hätte etwas mitgeben wollen, dann wäre es sein Einheitsspruch, seine Weltformel gewesen, seine Gedanken über ein Problem, das ihn fast sein halbes Leben lang beschäftigte.

Aus dem Leben Karl des Zuckbichlers

Karl Zenkner wurde am 1.1. 1934 in Josefsthal, in der ehemaligen Tschechoslowakei als Sohn einer deutschen Familie geboren. Er wuchs dort auf und blieb auch nach Ende des 2. Weltkrieges dort. Er s27 kultur Zuckbichlarbeitete unter anderem auch in der Glasindustrie. Etwa Anfang der 60er Jahre ging er in die Bundesrepublik Deutschland. Er lebte und arbeitete dort einige Jahre in München. Dann fuhr er in die alte Heimat um dort Urlaub zu machen. Er verliebte sich, blieb dann mit seiner Frau Hannelore im Sudetenland und sie bekamen bald einen Sohn. Karl arbeitete wieder in der Glasindustrie. Für seine Familie machte er sich ein Haus zu Recht. Nach wenigen Jahren war die Situation so, dass Karl dort nicht mehr bleiben wollte. Er packte seine „Habe“ und seinen drei Jahre alten Sohn auf einen Handwagen und ging mit diesem und seiner Frau zunächst nach Prag und von dort Mitte der 70er Jahre in die Bundesrepublik nach Karlsruhe.
Zuhause hat es Karl allerdings nie lange ausgehalten hat. Er musste immer wieder fort, plante irgendwo, irgendwelche Aktionen. Und immer fand er dabei Menschen, die sein feines Wesen und seine Ideen liebten und unterstützten.
So tauchte er zum Beispiel 1988 in Berlin auf. In einer mit Matten überdeckten Holzkiste hatte er sich unmittelbar neben dem Mahnmal nahe dem Checkpoint Charli eingerichtet. Er forderte den Verkauf der Mauer an den sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow. An Schaulustige verteilte er Handzettel mit der Aufschrift: „Ich mag Dich, Du magst mich – und die Welt hält zusammen“. In Potsdam bezog er eine leerstehende mit Nazi-Schmierereien bedeckte Kindertagesstätte und baute dort eine riesige mechanische Apparatur um diese vom „geistigen und seelischen Schmutz“ zu befreien.

Zuckbichl, seine „Residenz der Zuversicht“

Auf Zuckbichl fand Karl einen Ort, wo er wirklich nur die Ruhe und die Stille genoss. Das war auch der Grund, warum er den Ort „Residenz der Zuversicht“ nannte. An der Hüttentür war zu lesen:

„Zuversicht, was kostet Zuversicht,
Zuversicht kostet ein Lächeln, oder -
je nach Standpunkt – den Inhalt der Weltbank“.

k./04

Fast sein halbes Leben lang beschäftigte sich Karl mit der Frage, wie man zwei gegensätzliche Teile zu einer Einheit zusammen bringen könnte. Auslöser für all seine Gedanken war der Eiserne Vorhang. Im übertragenen Sinne meinte er aber alle Gegensätze, Osten und Westen, Arm und Reich, Idealismus und Materialismus. Karl suchte nach einem Verbindungsstück, das beide Teile so richtig zusammen hält. Mit seiner Weltformel „Ich mag Dich, Du magst mich - und die Welt hält zusammen“ glaubte er die Lösung, den Schlüssel zur Überwindung seines Problems gefunden zu haben. Schließlich sah er ein, dass die beiden Teile zusammen gehören, wie die zwei Seiten einer Medaille. „Vielleicht war ich zu idealistisch eingestellt. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich mit jemand hätte manchmal reden können, der mich auch kontrolliert hätte“, sagte er. Seine letzten Worte auf Zuckbichl bezüglich seiner Weltformel waren: „Nicht, dass ich heute unzufrieden bin, dass ich sie zurücknehmen würde. Letztendlich kommt es auf die eigene Liebesfähigkeit an. Die Kirche sagt zwar, du sollst Gott und den Nächsten lieben, aber zuallererst muss man sich selbst lieben. Erst dann kann ich auch weitergeben“.
Nachdem Karl aus Zuckbichl vertrieben wurde, bekam er die Diagnose Darmkrebs. Gestorben ist er am 4. Juni 2005. Sein Sohn Erik erzählte, dass die Ärzte der Klinik, in der Karl starb, sehr beeindruckt von ihm waren, von dem, was er sagte und wie er so da lag, „wie ein Prophet“. Und Erik erzählte, dass sein Papa, gemäß seinem Willen eingeäschert wurde. Karl selbst hätte gewünscht, seine Asche einfach so zu zerstreuen. Da dies aber in Deutschland nicht möglich war, hat man die Asche in einer hölzernen Urne in dem Anonymen Grab im Friedhof in Karlsruhe beigesetzt.

Gelesen 714 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 25-24

titel Vinschgerwind 24-24

titel vinschgerwind 23-24

 weihnachtsbroschüre 2024

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.