Mittwoch, 18 April 2012 00:00

„Er mit seiner Bauerei…“

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Portrait: Stephan Oberperfler Partschins Dursthofbauer

s15sp123_dfgdgGemeint ist Stephan Oberperfler, Dursthofbauer in Partschins. 40-jährig, kleine Statur, schnelle Bewegungen, wacher Blick. Mit „Bauerei“ ist etwas gemeint, das sich nicht ganz so einfach beschreiben lässt. Die Worte jedenfalls stammen von Stephans Frau Erika. Und die Formulierung und Betonung lässt erahnen, dass das mit der Bauerei nicht immer ganz euphorisch gemeint ist.
Der Dursthof ist ein für die Gegend typischer Bergbauernhof.

Mit steilen bis sehr steilen Wiesen liegt er auf 1050 Metern ü.d.M. oberhalb von Partschins, im Dorf wird die Gegend auch der „Geieregg“ genannt. Die Vegetation teilt sich hier eigentümlich, vinschgauwärts typisch trocken mit Laubwald, Richtung Zieltal viel üppiger mit großen Nadelbäumen. Die exponierte Lage über dem Meraner Talkessel und die Nähe zum Partschinser Wasserfall und der Texelbahn machen den Dursthof zum idealen Ort für eine Gastwirtschaft für Wanderer und Touristen.
Es gibt vier neue Ferienwohnungen, einen Stall mit Kühen, deren Milch täglich nach Algund in die Sennerei kommt, und Himbeerplantagen. Ein normaler Bergbauernhof also...

- Nein - spätestens, wenn man auf die große Gästeterrasse tritt, rückt der Begriff Normalität plötzlich weit in die Ferne. Hier eröffnet sich nämlich eine Welt aus Stein, auf 360 Grad und bis ins kleinste Detail: wunderschön gemauerte Bögen und Gewölbe, überall komische Rundungen und Schnörkel, eine Art Aussichtsturm und sogar einen mächtigen Monolithen gibt es hier. Alles aus Naturstein versteht sich. Es ist eine eigenartige Welt, die der Dursthofbauer hier seit zehn Jahren aus dem Boden wachsen lässt und die seine Frau nur kurz mit „Bauerei“ umschreibt. Es erinnert an Skistadl oder auch an eine Kulisse für Fantasy-Filme. Beim ersten Anblick kann man schon leicht  mal ohne Worte bleiben. Das weiß auch Stephan. Er sagt, die Mundwerbung sei die beste Werbung für den Dursthof: „…Gäste, die schon seit 20 Jahren hier in Südtirol sind, kommen herauf, weil sie beim Frühstückstisch gehört haben, dass man das hier gesehen haben muss.“ Und die Gäste kommen auch, sagt er zufrieden, von Jahr zu Jahr mehr. Nüchtern und in schnellen Sätzen spricht er über Investitionen und Kalkulationen.
Das beklemmende Gefühl, Stephan könne nach jedem Satz wieder davonlaufen, um sich seinen Steinen zu widmen, wird zum festen Begleiter. Er wirkt leicht gehetzt und voller Tatendrang, aber trotzdem auch demütig. Vor allem, wenn er zurückblickt. Die Wiesen und Wälder des Dursthofes zählen zu den steilsten im Untervinschgau. Im Jahr 2000 erhielt der Hof eine eigene Zufahrtsstraße, bis dahin wurde ein Großteil der Arbeit ohne Maschinen erledigt. Voller Anerkennung für die Alten spricht er über die Zeit davor, die er auch selbst noch miterlebt hat. Mit Erleichterung hingegen über die Zeit danach. Vor allem die Geschwindigkeit habe sich geändert, sagt Stephan. Seine Kinder kennen nur den Dursthof von heute, der Älteste ist auf der Landwirtschaftsschule und will vielleicht einmal übernehmen.

Durch Stephans Optimismus wird es auf der steinernen Terrasse langsam gemütlicher, jedenfalls spürt man hier nichts vom sonst so verbreiteten Gejammer der Bauern. „Die positive Energie der Steine“ vielleicht, wie es ein Gast Stephan gegenüber einmal formulierte… Welche Blüten diese Energie aber noch austreibt, will man vielleicht gar nicht so genau wissen. „Disneyland soll es hier keines werden“, stellt Stephan fest. Auf die Frage nach den Grenzen des guten Geschmacks antwortet er, wie üblich, ohne lange zu überlegen: „Die Grenze ist jetzt erreicht! Definitiv.“ Er kommt ins Stocken. „…Jedenfalls hier auf der Terrasse.“ Das erste Mal kommt auch Stephan ins Grübeln. Wiederum in den Worten seiner Frau: „Es ist kein Ende in Sicht.“



Martin Fliri

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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