Dienstag, 23 Januar 2018 00:00

Die Flamme im „Biotop“ Langtaufers

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s7 7463Bozen - Langtaufers - Die Landesregierung hat kurz vor Weihnachten eine skitechnische Verbindung  Langtaufers-Kaunertal abgelehnt. Der schriftliche Beschluss war - völlig unverständlich - einen Monat lang unter Verschluss. Am vergangenen Freitag wurde er veröffentlich. Was steht drin?

von Erwin Bernhart

LH Arno Kompatscher war mal Präsident einer Liftgesellschaft auf der Seiseralm. Kompatscher, das ist sicher, kennt sich in der Materie Skilifte und Liftgesellschaften aus.

Er weiß Bescheid über die Träume, die Bedürfnisse, die Auswirkungen von Liftgesellschaften, von Einzugsgebieten, von Nächtigungen, von Ersteintritten, von Wirtschaftlichkeiten, auch von Irrwegen, überschäumenden Träumen...
Anders ist die Begründung der Landesregierung, mit welcher die lifttechnische Verbindung Langtauers-Kaunertal abgelehnt worden ist, kaum zu erklären. Denn die Ablehnung enthält ein Schlupfloch. Eine Hoffnung für die Oberländer Gletscherbahn AG. Die Flamme ist noch nicht aus.

Das Köcheln, der Traum einer Verbindung mit dem Kaunertaler Gletscher, währt schon seit mehr als 30 Jahren. Aufgeflammt ist der Traum wiederum vor etwa 6 Jahren (sh. Vinschgerwind Nr. 12 2012). Der langjährige Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen Eugen Larcher lancierte damals in der Gemeinde Graun eine Art Machbarkeitsstudie der Firma Leitner. Das Fenster für Abänderungen des Fachplanes für Skipisten und Aufstiegsanlagen war damals offen. Das Unterfangen blieb stecken.
Dann kam Hans Rubatscher. Der Mehrheitseigner der Kaunertaler-Pitztaler Gletscherbahnen brachte die Gemeinde Graun gegen sich auf - mit dem Ansinnen einer Verbindung Langtaufers-Kaunertal. Vor allem aber mit dem Versprechen - bei einer Genehmigung der Kaunertalverbindung im Gegenzug s6 titel 12 12in die Haideralm einzusteigen. Rubatscher war nach der Ablehnung in Graun nicht amüsiert, auch beleidigt. Nach einem Jahr Pause kehrt Rubatscher als graue Eminenz nach Graun zurück: Die „Oberländer Gletscherbahn“ wurde gegründet, Aktien gezeichnet, die „Oberländer Gletscherbahn AG“ ist seit 15. Februar 2016 im Handelsregister eingetragen. Kurt Jakomet, der Geschäftsführer des Skigebietes Karerpass, ist seither  Alleinverwalter der Gesellschaft.  Und dann wurde eine Machbarkeitsstudie erstellt. Der Inhalt blieb derselbe: Eine skitechnische Verbindung Langtaufers-Kaunertal - konkreter Melag-Karlesjoch, samt Abfahrt. Der Gemeinderat von Graun hat im Mai 2016 grünes Licht für diese Machbarkeitsstudie gegeben. Das Ansuchen bzw. die Machbarkeitsstudie ging nach Bozen.

Die Mühlen in Bozen begannen sich zu drehen: Im Februar 2017 kam ein negatives Gutachten vom Umweltbeirat. Die Oberländer Gletscherbahn AG machte schriftliche Einwände dagegen, ergänzte ihre Unterlagen, das Amt für Landesplanung nahm dazu Stellung, ein zweites Gutachten des Umweltbeirates war im Oktober 2017 wiederum negativ. Im November 2017 verfasst das Amt für Landesplanung einen zusammenfassenden Bericht - und schlägt der Landesregierung vor, „den ergänzenden Eingriff abzulehnen“. Und noch eine Tür versucht das Amt für Landesplanung zuzuschlagen: „Gemäß negativem Gutachten des Umweltbeirates vom 25. Oktober 2017 wird vorgeschlagen, auch eine reine lifttechnische Verbindung ohne Skipisten abzulehnen.“

Das Urteil des Amtes für Landesplanung, das „für die strategisch territoriale Planung des Landes zuständig“ ist, über den skitechnischen Zusammenschluss Melag-Kaunertaler Gletscher ist vernichtend. Und mehr eine politische Aufforderung. Die Aufforderung liest sich im zusammenfassenden Bericht unter anderem so:
(...) „Festgestellt, dass Langtaufers sich in der gemäß DLH 55/2007 als strukturschwaches Gebiet eingestuften Region Obervinschgau befindet, die tatsächlich von der Berglandwirtschaft und relativ niedrigem Einkommen geprägt ist, wird angenommen, dass die Realisierung des Vorhabens eine allgemeine Erhöhung des Wohlstandes und somit der wirtschaftlichen Lage von Langtaufers zur Folge haben könnte. Die schweren Auswirkungen auf Umwelt, Natur und Landschaft sind aber laut Umweltbeirat so relevant, dass der Vorschlag negativ bewertet wird. Sie betreffen nicht nur die Gebiete, die direkt vom Projekt betroffen sind, und zwar die Trassen der Skipisten und der Aufstiegsanlagen, sondern auch die Bereiche, die von der Realisierung der s6 titel 14 13notwendigen zusätzlichen Infrastrukturen wie Parkplätze, Servicegebäude, usw. betroffen sind. Auch die noch vorhandene beinahe unberührte Landschaft und die Identität des Tales - Werte die in der Zukunft immer mehr an Bedeutung und Schätzung gewinnen werden und somit auch als touristisch wichtige Ressource zu betrachten sind - würden verloren gehen. Das enorme Potential des Tales, und zwar die intakte Natur und somit der hochqualitative und auf die lokale (Land)Wirtschaft basierende sanfte Tourismus, wurde bis jetzt nicht genug wahrgenommen bzw. mit Überzeugung unterstützt und vermarktet. Da künftig die Nachfrage in diesem Sektor weiterhin steigen wird, kann das Langtauferertal stark davon profitieren. In diesem Sinne wäre laut Amt für Landesplanung sinnvoll, in die Vermarktung und in die Entwicklung eines gezielten Angebotes und einer dazu passenden Nischentourismuskultur zu investieren, die auf die lokalen Ressourcen, welche auf eine intakte Landschaft mit hohem Naturcharakter zurückzuführen sind, setzt. Somit könnte dieses strukturschwache Gebiet den gewünschten wirtschaftlichen Aufschwung im Sinne der Nachhaltigkeit erleben. (...)“
Das Amt für Landesplanung untermauert sein Argumentarium auch mit dem „Globalen Ethikkodex für den Tourismus“ (sh. vollständigen Beschlusstext www.vinschgerwind.it).

Die Landesregierung nimmt in ihrem Beschluss die Akten zur Kenntnis und macht sich den Vorschlag für die Ablehnung von Seiten des Amtes für Landesplanung zu eigen - allerdings nicht inhaltlich:
„Die Landesregierung stellt zudem abschließend fest, dass unter dem wirtschaftlichen und touristischen Gesichtspunkt die Initiative vor allem auf die Verlängerung der Skisaison und auf eine Attraktivitätssteigerung und somit auf die Erhöhung der Bettenauslastung und damit einhergehende Steigerung der Wertschöpfung setzt. Eine Verlängerung der Skisaison kann aufgrund des Gletscherskigebietes schon angenommen werden. Eine Verlängerung der Saison im Frühjahr, vor allem bis in den Mai, erscheint hingegen nicht sehr wahrscheinlich, da sich der gesamte Vinschgau bereits ab Anfang Mai mehr auf den Sommertourismus ausrichtet. Die Umsetzung der Initiative würde zwar für das Langtauferertal Vorteile in wirtschaftlicher Sicht mit sich bringen, sowohl was das Gastgewerbe als auch die Schaffung zusätzlicher s6 titel 24 15Arbeitsplätze betrifft, die Auswirkungen auf die gesamte Region des Oberen Vinschgau sind allerdings nicht so einfach zu bewerten und müssten wohl noch vertieft werden. Im Tourismus könnten durchaus zusätzliche Nächtigungen generiert werden, bei den Skigebieten könnte sich aber auch die Situation der bestehenden Aufstiegsanlagen verschlechtern und damit die bereits schwierige Situation in einzelnen Skigebieten zusätzlich verschärfen. Auf diese kritischen Aspekte wird auch in der Analyse der einzelnen Skizonen - Anhang C des Fachplanes, Band 1 – hingewiesen. Die vorgelegte Studie geht auf diese Aspekte zu wenig ein und beinhaltet keine ausreichenden objektiven und gebietsspezifischen Daten und Argumente, um sie zu widerlegen.“
Deshalb abgelehnt mit dem Zusatz: „Die durch die Realisierung des Bauvorhabens zu erwartenden positiven wirtschaftlichen und sozioökonomischen Auswirkungen sind nicht ausführlich genug dargelegt und rechtfertigen in der vorgelegten Form die erheblichen, im Gutachten des Umweltbeirates vom 25. Oktober 2017 beschriebenen Auswirkungen auf die Umwelt nicht.“

Genau diese Formulierungen können im Oberland als Schlupfloch gedeutet werden. Denn die Formulierung „in der vorgelegten Form“ hat die Flamme im Oberland, im Kreise der „Oberländer Gletscherbahn AG“,  keineswegs erstickt. Der Alleinverwalter Paul Jakomet, der auch erst vor einer Woche den Beschluss zu Gesicht bekommen hat, gibt die Marschrichtung vor: Nach interner Analyse werden die Aktionäre informiert und dann s6 titel 20 17wird man die Öffentlichkeit über nächste Schritte informieren. Ein Rekurs gegen den Beschluss der Landesregierung ist nicht ausgeschlossen.
Mut dazu macht ein jüngst vom Verwaltungsgericht gesprochenes Urteil: Die Marinzen GmbH in der Gemeinde Kastelruth hat kurz vor Weihnachten einen Rekurs gegen einen ablehnenden Beschluss der Landesregierung gewonnen. Der Fall ist ähnlich gelagert wie die skilifttechnische Verbindung Langtaufers-Kaunertal.

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3980 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 25-24

titel Vinschgerwind 24-24

titel vinschgerwind 23-24

 weihnachtsbroschüre 2024

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.