Dienstag, 02 Mai 2017 09:26

Spezial-sanieren - „Ich lerne von den Bauherren und umgekehrt“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s32 1723Es ist liebgewordene Tradition geworden beim Vinschgerwind im Sonderthema „Bauen & Sanieren“ Vinschger Architektinnen und Architekten zu Wort kommen zu lassen. Dieses Mal haben wir mit dem Latscher Architekten Werner Pircher über schwierige Bauaufgaben, Architektur und  öffentliche Bauten gesprochen.

Vinschgerwind:Herr Architekt Pircher, vorab eine persönliche Frage: Wie wohnen Sie selbst?


Werner Pircher: Ich habe ein modernes Haus, das über drei Stockwerke offen ist. Gegen Süden gibt es sehr viel Glas und gegen Norden hin ist es fast geschlossen. Nachdem fast alle Räume gegen Süden liegen, ist das Haus sehr hell.  
Vinschgerwind:Für sich selbst zu bauen, heißt es immer wieder aus Architektenkreisen, sei die schwierigste Bauaufgabe. Stimmt das?

Werner Pircher: Das stimmt auf jeden Fall. Normal hat man einen Bauherren als Gegenüber mit dem man die Ideen diskutiert kann. Als eigener Bauherr fehlt dieses Gegenüber und man verrennt sich in den viele Ideen die man in das Projekt einbringen möchte. Die schönsten Bauten sind für mich jene, wo ich mit den Bauherren gute Diskussionen geführt habe. Ich lerne von den Bauherren und umgekehrt. Zudem sind so viele Ideen da, die Gefahr, dass man sich verrennt, ist groß.

Vinschgerwind: Wie lange wohnen Sie in Ihrem Haus?
Werner Pircher: 23 Jahre.
Vinschgerwind: Würden Sie heute etwas anders machen?
Werner Pircher: Ja, das würde ich schon. Ich hätte noch mehr geöffnet. Ich würde am liebsten in einem Garten wohnen.
Vinschgerwind: An welchem Projekt arbeiten sie gerade?
Werner Pircher: Momentan plane ich mehrere Mehrfamilienhäuser, also Kondominien.         

Vinschgerwind: Geht der Trend in diese Richtung?
Werner Pircher: Ja, es geht in diese Richtung. Das hat einmal mit dem knapp verfügbaren Grund zu tun und zum andern ganz einfach mit dem Geld. Es kann sich nicht mehr jeder ein Reihenhaus leisten. Eine Wohnung ist finanziell interessanter und ich finde die gesellschaftliche Entwicklung positiv. In einem schönen gut durchdachten Kondominium ist die Begegnung mit den Nachbarn vorgegeben. Die Menschen müssen wieder miteinander reden, das ist bei Reihenhäusern nicht so.
Vinschgerwind: Was raten Sie angehenden Bauherren?
Werner Pircher: Voraussetzung für ein schönes, gut funktionierendes Haus ist eine gute Planung. Deshalb sollte hier ein guter Architekt genommen werden, mit dem man auf einer guten Diskussionsbasis die gewünschten Ideen verwirklichen kann. Die Entscheidung dafür macht sich in jedem Fall bezahlt.
Vinschgerwind: Sollten Bauherren nicht Grundsätzliches wissen, zum Beispiel ob sie offenes Wohnen bevorzugen oder abgetrennte Räume.
Werner Pircher: Nein, Bauherren nehmen ihre Bedürfnisse erst wahr, wenn sie sich damit beschäftigen, wenn sie vom Architekten mit bestimmten Entscheidungen konfrontiert werden. Deshalb ist die Planungsfase eine wichtige Fase um vorweg schon sich mit dem zu bauenden Haus auseinander zu setzen.
Vinschgerwind: Anders gefragt: Wie meistert man den Seiltanz Bauherren – Handwerker – Architekt.
Werner Pircher: Mit Präsenz auf der Baustelle. Der Architekt muss für Handwerker und
Bauherren der erste Ansprechpartner sein und das geht nur, wenn die Planung passt und man viel auf der Baustelle ist. Die Anwesenheit des Architekten auf der Baustelle ist wichtig. Der Handwerker ist zwar der Fachmann, aber nur gemeinsam erreicht man eine gute Ausführung.
Vinschgerwind: Auf welchen Bau, den Sie geplant haben sind Sie besonders stolz auf welchen weniger?
Werner Pircher: Stolz bin ich auf die Bauten, die zusammen mit den Bauherren entstanden sind. Wenn der Bau abgeschlossen ist, dann gehört er dem Bauherren. Es gibt schon Bauten, wo ich nachgegeben habe, oder musste, z.B. bei einem öffentlicher Bau, wo die Politik die Umsetzung ihrer Idee forderte und am Ende doch nicht umsetzte. Es wird meist nur an die Verwirklichung des Gebäude gedacht ohne den Kontex und die Bedürfnisse der Dorfbevölkerung zu berücksichtigen.
Vinschgerwind: Ist ein öffentlicher Bau schwieriger zu realisieren, als ein privater?
Werner Pircher: Das hängt davon ab, wieviele Leute mitreden.
Vinschgerwind: Wo gehen Sie bei Ihren Bauten Kompromisse ein, wo lassen Sie nicht rütteln.
Werner Pircher (lacht): Das hängt immer davon ab. Ich bin
eigentlich ein Architekt der sehr viele Kompromisse eingeht. Bei der Ästhetik, bei der Hülle versuche ich keine Kompromisse ein zu gehen. Oft hat sich hinterher mancher Bauherr geärgert es nicht so gemacht zu haben wie geplant.
Vinschgerwind: Was sind die Qualitätskriterien Ihrer Bauten? Woran kann man von Ihnen realisierte Bauten messen?
Werner Pircher: Ich bin einer, der für klare Formen, für klare Linien steht. Wichtig für mich ist der Zugang zum Haus und die Position der Treppe, wenn diese richtig sind, funktioniert  auch der Grundriss. Das gilt vor allem für Hotels aber auch für private Bauten. In einem Hotel ist das ganz wesentlich, denn wenn der Gast zwei, drei Tage braucht sich zu orientieren, kann er sich nicht entspannen und nach einer Woche meist ist der Urlaub vorbei. Beim privaten Wohnhaus ist es ähnlich, die Wohnung muss klar und übersichtlich sein, um sich wohl zu fühlen. Die alten sind ein gutes Beispiel.
Vinschgerwind:Und woran kann man von Ihnen realisierte Bauten messen?
Werner Pircher: An der Funktionalität.
Vinschgerwind: Ihre architektonische Handschrift ...
Werner Pircher: ... sind einfach, klare Linien.
Vinschgerwind: Architektur ist für Sie...
Werner Pircher: ....Räume zu schaffen, wo sich der Mensch wohlfühlt. Das können Innenräume oder Außenräume sein, das schließt alles mit ein.
Vinschgerwind: Abschließend: Was würden Sie gerne planen und realisieren? Was fehlt in Ihrem Portfolio?
Werner Pircher: Ich würde gerne ein bestehendes Dorf gestalten, mit Bauten füllen, dass wieder Räume entstehen. Ich habe zum Beispiel als Diplomarbeit Glurns gewählt. Glurns ist umgeben von einer Stadtmauer und hat damit eine abgeschlossene Form. Die Aufgabenstellung war: Wie vergrößere ich eine kleine Stadt und lasse sie trotzdem klein? Ich habe die Stadtmauer bebaut. Damit hab ich die Stadtmauer verstärkt und gleichzeitig die Stadtmauer in die Stadt hinein geholt. Einige Häuser hab ich an die Mauer gebaut, andere nicht, dadurch sind Plätze entstanden. Die Stadt hat ihre Form beibehalten. Das wäre ein Traum, ein bestehendes Dorf zu gestalten.
Vinschgerwind: Das ehemalige Obstmagazin in Latsch und in Schlanders das Militärareal sind vergleichbar mit kleinen Dörfern.
Werner Pircher: Das stimmt. Das sind Chancen, die bieten sich ganz selten und da wäre es wichtig Ideenwettbewerbe auszuschreiben, wo kaum Vorgaben sind. Nur so bekommt man viele und die besten Ideen herein.

Interview: Angelika Ploner


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 7221 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 25-24

titel Vinschgerwind 24-24

titel vinschgerwind 23-24

 weihnachtsbroschüre 2024

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.