Montag, 05 August 2019 13:30

Das missbrauchte Vorkaufsrecht

Aus dem Gerichtssaal - Immer, wenn ich durch Partschins gehe, bin ich angenehm überrascht vom weitgehend intakten Ortsbild. Zum Unterschied von vielen Gemeinden des Burggrafenamtes hat es nämlich sein Gesicht bewahrt. Dies ist, so glaube ich, nicht zuletzt dem konservativen Geist des langjährigen Bürgermeisters Robert Tappeiner zu verdanken, der seinem Heimatort viele Fehlentwicklungen erspart hat, welche die benachbarten Orte zu anonymen Tourismushochburgen verkommen ließen. Also konservativ im besten Sinne des Wortes, nämlich bewahrend und erhaltend. Diese Einstellung vermisst man allerdings bei den letzten Aktionen der jetzigen Gemeindeverwalter im Umgang mit dem denkmalgeschützten Ansitz Montelbon. Dessen Unterschutzstellung erfolgte wegen eines mittelalterlichen Fassadenfreskos an der Südseite, seiner rundbogigen Durchfahrt sowie einer mittelalterlichen Ringmauer mit Rundbogentor. Dabei muss man allerdings wissen, dass das Gebäude in fünf (!) materielle Anteile unterteilt ist, also eigentlich ein Kondominium mit fünf getrennten Wohneinheiten und Eigentümern bildet. Eine davon, die Wohnung materieller Anteil 5, bestehend aus einem Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Bad und W.C. sowie einem unzugänglichen Dachboden, gehört den Geschwistern Nischler Margit und Hubert zu je einer Hälfte, wobei Margit im Dezember 2018 den Anteil ihres Bruders mit einer Mischung aus einem Kauf- bzw. Schenkungsvertrag erworben hat. An diesem Vertrag übte die Gemeinde stellvertretend für das Land das Vorkaufsrecht aus, wodurch sie „stolze“ Eigentümerin einer halben Wohnung würde. Die Begründung für den entsprechenden Beschluss muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: “Weil der Erwerb einen besseren Schutz des bestehenden Gebäudes garantiert…. und durch die öffentliche Nutzung (sic!) eine allgemeine Zugänglichkeit (?) und Aufwertung des Gebäudes …. ermöglicht“ …. wird! Eine etwas weniger fadenscheinige, um nicht zu sagen scheinheilige Erklärung hätten sich die Befürworter des Zwangserwerbs einfallen lassen können! Denn bei Kenntnis der vielen Eingaben der Familie Nischler an die Gemeinde Partschins im Zusammenhang mit dem Bau auf dem Nachbargrund des Florian Tappeiner wird man den Eindruck nicht los, dass es sich dabei um eine „Retourkutsche“ handelt und das öffentliche Interesse für die Ausübung des Vorkaufsrechts nur vorgeschützt wird, zumal wenn man weiß, dass der Gemeinde Partschins im Jahre 2017 das v o l l e Eigentumsrecht an einer Wohnung im gleichen Hause (Kaufvertrag Klotz Elfriede an Klotz Sarah) zum Kaufe angeboten wurde und sie keine Veranlassung sah, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Und für die Bewahrung der historischen Bausubstanz des Ansitzes Montelbon reicht wie bisher schon die Eintragung der Vinkulierung im Grundbuch und der Ensembleschutz, über dessen Einhaltung die Gemeinde ja zu wachen hat. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts unangenehme Kritiker zum Schweigen bringen zu wollen, kann jedenfalls nicht im Sinne einer der Überparteilichkeit und dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlichen Verwaltung sein.
Und noch eine letzte Betrachtung sei mir, ohne mich weiter in innere Partschinser Angelegenheiten einmischen zu wollen, gestattet: Auch aus der Sicht des Steuerzahlers dürfte daraus für die Gemeinde kein „Geschäft“ werden, muss sie doch schon einmal ohne für die Allgemeinheit erkennbaren Gegenwert 35.000 Euro an Kaufpreis plus 5.150 Euro an Steuern und Gebühren „hinblättern“. Schilda lässt grüßen! Außerdem provoziert sie damit geradezu den erbitterten Widerstand der schon bisher als kämpferisch in Erscheinung getretenen Familie Nischler. Den Auftakt dazu bildet ein erstes Verfahren vor dem Bozner Verwaltungsgericht, in dem die Gemeinde dem sie vertretenden Staatsadvokaten gleich mal 5.100 Euro als Vorschuss berappt. Von außen betrachtet schreit der Fall geradezu nach einer außergerichtlichen Lösung, denn eine Gemeinde, die mit Steuergeldern gegen die eigenen Bürger prozessiert oder auf deren Rücken Geschäfte machen will, erweckt in der Öffentlichkeit nicht gerade den besten Eindruck!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dent.it

Publiziert in Ausgabe 16/2019

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