Mittwoch, 21 März 2012 00:00

„Treno della Memoria“

Schlanders/Vinschgau/HOB

s17_lager

Dieses Jahr hatten wir die Gelegenheit, am Projekt „Treno della Memoria“, organisiert von der Trientner Organisation „Terra del Fuoco“, teilzunehmen. Es ging einerseits darum, den interkulturellen Austausch zwischen italienischen und deutschen Südtiroler Jugendlichen zu fördern und v.a. gemeinsam die Geschichte zu behandeln und andererseits, die Jugendlichen nicht nur theoretisch über den Nationalsozialismus aufzuklären, sondern sie direkt mit diesem grausamen Geschichtsabschnitt zu konfrontieren.
In einigen Vortreffen wurde die Geschichte des Holocaust aufgearbeitet und so bereiteten wir uns intensiv auf die Reise nach Krakau vor. Um den Weg der in den Osten transportierten Juden nachzuvollziehen, fuhren auch wir mit dem Zug. – Deshalb auch Treno della Memoria. Nach einer 22-stündigen Fahrt kamen wir in Polen an und erlebten ab diesem Zeitpunkt die Geschichte hautnah. In den fünf Tagen in Polen besuchten wir das ehemalige Jüdische Ghetto von Krakau, die Konzentrationslager von Ausschwitz und von Birkenau und sahen uns ein Theater zum Thema Judenausgrenzung in Deutschland an. Unsere Ausflüge wurden von Vorlesern begleitet, die uns während der Besichtigungen berührende Texte von Häftlingen vorgelesen haben. Um der Opfer zu gedenken und uns besser in sie hinein zu fühlen, hatten wir in Ausschwitz die Aufgabe, uns einen Namen eines Opfers auszusuchen, diesen auf ein weißes Band zu schreiben und anschließend bei der Gedenkfeier im Lager von Birkenau laut vorzulesen. Wir zündeten eine Kerze für unser Opfer an und stellten sie auf das Zuggeleis, das in das Lager führt. Um das Erlebte zu verarbeiten, trafen wir uns regelmäßig in kleineren Gruppen und am letzten Tag mit den gesamten 700 Teilnehmern aus Südtirol, dem Trentino und Verona.
Was wir während unseres Aufenthaltes in Polen erlebt haben, kann man schwer mit Worten beschreiben. Man muss die Kälte gespürt haben; wir waren eingepackt, trugen Schals und Mütze und die Häftlinge trugen bloß eine dünne, gestreifte Häftlingskleidung. Man muss die Gaskammern betreten haben, sich vorstellen, was sich dort vor rund 60 Jahren abgespielt hat, man muss durchs Tor „Arbeit macht frei“ treten, um zur Todesmauer zu gelangen. Es genügt nicht, nur Bilder anzusehen oder Geschichtsbücher zu lesen.
Leider ist heutzutage feststellbar, dass die Kenntnisse der Jugendlichen, aber auch der Erwachsenen, teilweise sehr lückenhaft sind und der Zulauf zu rechten Parteien auf Grund dieser Unwissenheit zunimmt. Die Erinnerungen an das Dritte Reich müssen wachgehalten werden, damit sich die Geschichte nicht wiederholt und damit die Opfer nicht in Vergessenheit geraten. Der „Treno della Memoria“ war für uns ein erster Schritt dazu und wir sind stolz drauf, Teil dieses fantastischen Projektes gewesen sein zu dürfen.

Daria Habicher und Hannes Tschöll, Klasse 5B Sport HOB Schlanders

Publiziert in Ausgabe 6/2012

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