Vinschgau - AUS DEM GERICHTSSAAL
Für diese Nummer war eigentlich eine nette Hundegeschichte mit gerichtlichem Hintergrund gedacht. Da kamen mir die Abendnachrichten im lokalen Fernsehen dazwischen. Oberstaatsanwalt Rispoli hatte zur Pressekonferenz geladen. Bei dieser Gelegenheit stellte er den Medien den Urheber der versuchten Vergewaltigung vor, welche ein paar Tage vorher an einer alten Frau in einem Pflegeheim in Bozen verübt worden war. Der Täter wurde mit vollem Namen genannt und ein Fahndungsfoto gleich mitgeliefert, welches über die Medien gebührend Verbreitung fand. Der Staatsanwalt schränkte zwar ein, dass über die Schuldfrage ausschließlich der Richter zu entscheiden habe. Inzwischen aber wurde der mutmaßliche Täter erst einmal als Monstrum auf die erste Titelseite geknallt und entsprechend vorverurteilt. Mag das begangene Delikt auch für erhebliche Unruhe in der Bevölkerung gesorgt haben, dies rechtfertigt jedoch noch immer nicht die Vorgangsweise der Strafverfolger. Denn damit wurden gleich mehrere elementare Grundrechte verletzt. Zum einen wurde die von der Verfassung garantierte Unschuldsvermutung mit Füßen getreten. Diese besagt, dass bis zum Erlass eines rechtskräftigen Urteils von der Unschuld des Täters auszugehen ist. Zum anderen wurden dessen Persönlichkeitsrechte in gröbster Weise verletzt. Dieser hat speziell in der Phase der Vorermittlungen ein Anrecht darauf, nicht namentlich und auch noch mit Foto mit einem Delikt in Verbindung gebracht zu werden.
Und als besonders schwerwiegend ist schließlich der Umstand anzusehen, dass diese Rechtsverletzungen auch noch „von oben abgesegnet“ werden. Eine gewisse Zurückhaltung würde gerade der Staatsanwaltschaft gut anstehen. Vor ein paar Tagen erst brachte der Sender Bozen einen Rückblick auf den Serienmörder Gamper aus Meran. Der damalige Staatsanwalt Tarfusser glaubte den Täter ausgeforscht zu haben, überreichte den Journalisten einen Stapel Fotos des „eingelochten“ Nobile und trat seinen Urlaub an. Dummerweise gingen die Morde weiter, der bereits als überführt vorgestellte Nobile musste enthaftet und auf Staatskosten entschädigt werden!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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