Dienstag, 30 September 2014 00:00

Der Prader Rattenschwanz

Aus dem Gerichtssaal - Im „Vinschgerwind“ vom 02.12.2010 haben wir unter dem Titel „Die Prader Sackgasse“ von einem Schildbürgerstreichs berichtet, den sich die Gemeinde Prad geleistet hat. Sie hat in den 80-iger Jahren die Wohnbauzone „Reitäcker“ im Bauleitplan ausgewiesen und dort auch die Erschließungsstraße eingetragen. Im Laufe der Jahre erlaubte die Gemeinde jedoch die Verbauung auch der als Zufahrt ausgewiesenen Trasse, sodass diese am Ende nur mehr auf dem Papier bestand. Das freie Baugrundstück der Geschwister Gluderer war dadurch vom öffentlichen Wegenetz abgeschnitten. Als der Käufer des Baulandes um die Baugenehmigung ansuchte, bedeutete ihm der Bürgermeister, er müsse sich selbst um einen Zugang zum öffentlichen Weg kümmern. Die Nachbarn dachten natürlich nicht daran, freiwillig ihre Einwilligung dafür her zu geben. Die Folge war ein über vierjähriger Rechtsstreit auf Bestellung einer Zwangsservitut, der nun vom Landesgericht Bozen entschieden wurde: durch den Hofraum der an das Baugrundstück angrenzenden Nachbarn wurde ein Notwegerecht begründet, zwar gegen Bezahlung einer Entschädigung, die jedoch weitgehend durch die Kosten aufgezehrt wird, zu deren Erstattung sie verurteilt wurden und die zu den eigenen noch dazukommen. Diese gerichtliche Auseinandersetzung wäre vermeidbar gewesen, wenn die Gemeinde Prad sich selbst beim Wort genommen, für die Erschließung der Wohnbauzone Sorge getragen und die einschlägigen Ermahnungen des Landeshauptmannes Durnwalder nicht in den Wind geschlagen hätte.
In unserer Überheblichkeit neigen wir nicht ungern dazu, solche Fehlleistungen der öffentlichen Verwalter als Besonderheit der südlichen Hälfte des Stiefels anzusehen. Doch täten wir besser daran zu hinterfragen, wie es zu solchen Pannen kommen konnte und wer dafür verantwortlich ist. Eine Fragestunde zu diesem Thema im Prader Gemeinderat scheint mir überfällig. Denn nach dem Urteil des Landesgerichts sind weitere gerichtliche Auseinandersetzungen geradezu vorprogrammiert, und diesmal gegen die Gemeinde, welche durch Vernachlässigung ihrer Erschließungspflicht das ganze Schlamassel und den Rattenschwanz an Prozessen zu verantworten hat!
 
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

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Publiziert in Ausgabe 20/2014

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