Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 
Dienstag, 18 September 2012 00:00

Politik und Kunst

kopaegidiusGeboren wurde Elmar Kopp 1929 in Imst, im Oberinntal; dort steht seit 1956 sein Atelier. 1960 erhielt er den ersten öffentlichen Auftrag; jetzt zeigt der Maler und Bildhauer auf Schloss Kastelbell Ölbilder, Aquarelle und Buntstiftzeichnungen. Seine zahlreichen Ausstellungen wurden meist so eingeschätzt: Kunst ohne Spektakel.
Wie ist das möglich, heute, wo fast alles nur mehr durch Sensation funktioniert? Der Elmar sitzt im Kreise einiger Kunstschüler am Wegrand, nicht weit entfernt entdecke ich den Karl Grasser, ebenfalls mit Kunstadepten. Sie zeichnen Sonnenberghöfe bei Allitz, Bäume, Berge, das Tal. Sie malen, als kämen sie aus dem vorigen, besser gesagt: aus dem vorvorigen Jahrhundert. Aber was hat das mit Politik zu tun?
Es hat in Südtirol eine Zeit gegeben - und sie ist noch gar nicht so lange her -, da waren Ausstellungen von „Ausländern“ gar nicht gerne gesehen. Und wenn man koppKunstaktionen auch nicht gerade verhindern konnte - immer wieder wurden alle möglichen Schwierigkeiten gemacht. Es gab ja noch Grenzen!
Das war zwar lästig, aber die Künstler ließen sich davon nicht abschrecken. Während auf vielen anderen Gebieten, so im Handwerk oder im Handel, der einst rege Austausch mit den Tiroler Nachbarn fast zum Erliegen kam, bildeten die Künstler eine unerschütterliche Brücke, eine Verbindung zwischen dem geteilten Tirol und Österreich. Generationen von Künstlern wurden in Wien ausgebildet. Kunstexperten behaupten zu erkennen, dass dieser Wiener Stil überall durchscheint, wie eine dialektgefärbte Sprache.
Heute ist das alles viel mehr gestreut, auf viel mehr Regionen verteilt und gerade deshalb suchen wir nach einem Halt, den uns vor allem Künstler bieten, die ohne Spektakel auskommen.

dandler1dandler2Zu denen gehörte auch der 2011 verstorbene Professor Herbert Danler (1928- 2011), der als Lehrer in Landeck ebenfalls dem Oberinntaler Künstlerkreis nahestand und wegen seiner großen Liebe zum Vinschgau den Ehrentitel „Vinschgaumaler“ erhielt. Auch er hat bereits auf dem Schloss Kastelbell ausgestellt, wie viele andere aus dem Nachbartal und gehört auch zu den großen Lehrern, was die Schule des Sehens betrifft. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als man Danlers „Abstraktionen“ als irritierend empfand, fast als beleidigend: So sind doch unsere Bauernhöfe nie gewesen! Krumme Mauern, öde Flächen, keine Farbe... Heute wird plötzlich alles anders gesehen, so als wäre das Gehirn der Menschen ausgetauscht. Plötzlich sind die Verzerrungen schöne Strukturen und Farben leuchten überall auf, sogar im Schwarz und Braun.
Gedacht wird aber hier des Künstlers Danler im Sinne eines Nachrufes. Weil er den Vinschgern ihre eigenen Werte erklärt hat und weil er - und damit bin ich wieder bei der Politik- ein großer Europäer war. All die Schikanen, die auch Studierende und viele andere erdulden mussten, würden einen amüsanten „Grenzroman“ mit verrückten Anekdoten ergeben; das ist aber, wie schon gesagt, Vergangenheit. Mit Humor und Freundlichkeit konnte Danler schon immer alle Hindernisse überwinden. Dabei half ihm seine Weltoffenheit, seine Liebe zu Italien, die für ihn ganz selbstverständlich war. Auch damit hat er die Italien beschimpfenden, verbissenen Vinschger belehrt und den Fanatismus relativiert. Seine umfangreiche Bildung hatte etwas Sonniges, Tröstendes, Freudiges.
In diesem Sinne - und mit diesen Künstlern - machen die Kastelbeller Politik, jedenfalls Kulturpolitik, wobei zu erwarten ist, dass der Kreis der Geladenen sich weiter ausdehnt, auch in Richtung Veltlin, also ins Lombardische nach Bormio, zu unseren Nachbarn im Münstertal und Engadin.
Das Schloss atmet wieder und atmet Europa.

Hans Wielander

Publiziert in Ausgabe 19/2012

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