Latsch
Ästheten wohnen hier, soviel wird auf Anhieb klar. Ästheten, die es verstanden haben, einem historischen Erbe eine moderne Seele einzuhauchen. Mehr noch: beides - Altes und Neues – nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Das historische Erbe, das ist der Herrenhof in Latsch. Auf dem Kirchplatz residierend, nimmt er einen prominenten Platz ein, prägt – wenn man so will – den Genius loci von Latsch mit. Denn Krüppelwalmdach, markante Proportionen samt rötlichen Jalousien erzählen von vergangenen Jahrhunderten. 1669 wurde das Haus am Kirchplatz erstmals urkundlich als Behausung zum Gasshof erwähnt. Genau 300 Jahre später wurde es von den Eltern der Bauherren, die nun das Erdgeschoss bewohnen, umgebaut. Jetzt erstrahlt es in neuem Glanz. „Wenn sich auch auf den ersten Blick nicht viel verändert zu haben scheint“, sagt Architekt Klaus Marsoner. Marsoner, Gisela Hutter und Klaus Lampacher war es wichtig, den Bestand zu respektieren und „den Charakter des bestehenden Gebäudes zu erhalten.“ Deshalb blieben die gestalterischen Elemente aus der Erbauungszeit bei der kürzlich abgeschlossenen Sanierung auch erhalten.
Innen jedoch, dort wo Ober- und Dachgeschoss bewohnbar gemacht wurden, führt modernes Design Raumregie. Design, das sich ab und dann mit historischen Überbleibseln verbindet. Der Herrgott im Winkel ist eines davon. Daneben bewahren ein Überrest gotischer Holztäfelung und eine freigelegte alte Mauer im unteren von beiden Stockwerken die Tradition, sind Spuren von Vergangenem. Den Eingang weisen Steine am Boden; sie geleiten die Gäste, wenn man so will, ins Innere. Ein Inneres, das von Gespür für Formen und Material der Hausherren zeugt. Samt Aha-Effekt. Denn mit dem Boden wird Tradition bewahrt und gleichzeitig Neues zugelassen. Rustikal mutet er auf den ersten Blick an, der Holzboden aus breiten Eichenholzdielen. Rustikal und doch modern. Über die ganze Raumlänge wirken die Bretter. Ohne Unterbrechung. Denn die Dielen wurden – im Gegensatz zu maschinell gefertigten Landhausdielen – auf die Räume im Herrenhof in Latsch abgestimmt, sind alle so lang, wie die Räume, in denen sie liegen. In der Breite hingegen variieren sie. Das deshalb, weil bei der Herstellung der Bretter der ganze Durchmesser des Baumstamms genutzt wurde.
Beim Verlegen entstand dann durch den Einsatz von schmäleren und breiteren Brettern ein ganz eigenwilliges Muster. Eines, das an jene Böden erinnert, wie sie früher in Bauernhöfen zu finden waren. Bis zu neun Mal sind die Dielen gebürstet, gewachst und geölt worden.
„Das Ganze ist Handarbeit“, sagen die Hausherren. Das Ergebnis: Das Holz bleibt einzigartig lebendig und die Maserung fühlbar. Diese Sinnlichkeit des natürlichen Holzbodens zieht sich durch beide Geschosse. Denn die Wohnung schraubt sich nach oben in ein zweites Geschoss. Das Dach wurde im Zuge der energetischen Sanierung um einen Meter angehoben, nur eine Holzstapeldecke trennt die beiden Geschosse voneinander. Bereits die Treppe – schwebend - lässt die Dimensionen des Wohnens im oberen Geschoss vermuten, dessen Offenheit und Weitläufigkeit erahnen. Die Erwartungen werden erfüllt: Wie in einem Penthouse wohnt es sich hier, über den Dächern von Latsch. Mit über drei Metern Raumhöhe ist eine luftige und großzügige Wohnebene entstanden. Eine heimelige. Reduziert tritt das Mobiliar auf, abgestimmt auf die Böden und die Treppe. Denn Eiche hat auch in Küche und Möbeln ihren Auftritt. Die Badewanne – freistehend – und das Designwaschbecken, das in der Ablage versinkt, haben Skulptur-Charakter, werden zum Kunstobjekt im Bad. Eine maximale Lichtausbeute holt eine Dachterrasse, Lichtkrater nennt es der Architekt, herein. „Dieser Einschnitt mit raumhohen verglasten Innenseiten bringt Licht weit in die Innenräume und auch in das darunterliegende Obergeschoss“, sagt Marsoner, „gleichzeitig ist die Dachterrasse geschützt.“ Mit diesem Maximum an Licht geht ein Maximum an Wohnkomfort einher. Begleitet wird die gezielte Lichtführung von indirektem Licht. Ein Highlight im Herrenhof. Denn dieses wird ordentlich inszeniert. Auf Kommando wechseln die Lichtschienen ihre Farbe. Blau, Rot, Gelb – gespielt wird, was gewünscht wird. Dieser Inszenierung schließen sich auch die Hängeleuchten über dem Esstisch an. Auch hier können die Bauherren beliebig Farbe wechseln und per Funk eine einmalige Atmosphäre zaubern. Es sind eben Ästheten, die hier wohnen. Soviel wird auch auf den zweiten Blick klar. (ap)
Infos – kurz und bündig:
• Energetische Sanierung Herrenhof Latsch (insgesamt vier Geschosse)
• neue Wohnung auf zwei Geschossen (OG + DG) mit 160 Quadratmetern Nettowohnfläche für Gisela Hutter und Klaus Lampacher
• Erdgeschoss wird von Silvia und Mainrad Lampacher bewohnt
• Wärmedämmung: Mineralfaser
• Dachgeschoss: Holzbauweise
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