Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Elisabeth und Zacharias, 5. November 2019

Sie wird immer seltener, die Auerhahnbalz in unseren Wäldern. Die mythenumrankten Raufußhühner haben immer schon das Interesse der Menschen auf sich gezogen. Um möglichst auch eine wissenschaftliche Antwort auf die Bestandsrückgänge dieser Wildhühner zu finden, haben die Landesjagdverbände von Tirol, Bayern und Südtirol an den zwei Halbtagen 24. und 25. Oktober d.J. im Brixner Vinzentinum ein internationales Raufußhühner-Symposium organisiert, das gut besucht war. Einige Auszüge aus den informativen Vorträgen fasse ich in meinem heutigen Beitrag zusammen.

Die einheimischen Wildhühner
Die vier einheimischen Raufußhühner-Arten sind das Haselhuhn (Tetrastes bonasia), das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und das Schneehuhn (Lagopus muta). Die Raufußhühner bilden in der zoologischen Systematik eine eigene Vogelfamilie (Tetraonidae). Ihren deutschen Familiennamen haben die Raufußhühner von den befiederten Füßen und Zehen. Im Winter bilden die Raufüßhühner an ihren Zehen zusätzlich Hornsporne aus, welche die Auftrittsfläche vergrößern und das Einsinken in den Schnee verhindern.
291B2Im Rahmen des Brixner Symposiums wurde auch das Steinhuhn als in Südtirol vorkommendes Wildhuhn behandelt. Das Steinhuhn gehört zur Familie der Glattfußhühner (Phasianidae). Die Glattfußhühner haben unbefiederte Füße und Zehen.
Die Vertreter der Raufußhühner sind boreale Arten Fennoskandiens, welche mit den Eiszeiten in die Alpen gekommen sind. Jetzt bilden sie in den Alpen als montane Arten eigenständige Restpopulationen. In Skandinavien und anderen nordischen Ländern haben sie in ihrem Stammgebiet teilweise noch gute und für die Arterhaltung bedeutsame Bestände. In den Alpen wurden die Raufußhühner in den verschiedenen Ländern verschieden lang bejagt, heute steht das Auerhuhn in einigen Alpenländern unter Naturschutz und wird nicht mehr bejagt.

Veränderung und Verlust der Lebensräume
Mehrere Referenten zählten beim Brixner Symposium den Verlust, die schleichende Veränderung und die Zerstückelung der Lebensräume zu den Gefährdungsursachen der Raufußhühner in den Alpen. Die steirische Wildbiologin und Juristin Veronika Grünschachner Berger nannte für den Erhalt einer Art der Hühnervögel 500 Tiere als Faustzahl und Mindestgröße. Heute drohen Kleinpopulationen in den Alpen durch Verinselung der Lebensräume zu verschwinden. Es gilt, Korridore und Trittsteine zwischen den isolierten Lebensräumen zu erhalten, auch weil Raufußhühner nicht beliebig weit in andere, geeignete Lebensräume überwechseln. Als überwindbare Höchstgrenzen nach Fragmentierung der Lebensräume nannte die Referentin für das Auerhuhn 5 km, für das Birkhuhn 10, für das Haselhuhn gerade einmal 1-2 km und für das Schneehuhn 10 km.

Die Situation der Raufußhühner in Tirol
Interessante, auch weil neue Ergebnisse über die Raufußhühner in Tirol konnte der Zoologe Dr. Reinhard Lentner präsentieren. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Frühjahrsjagd des Birkhuhnes als Natura 2000-Art hat in Tirol im Jahr 2011 ein aufmerksames Monitoring vor allem von Auerhuhn und Birkhuhn begonnen. Dabei werden moderne, nicht invasive Methoden wie genetische Analysen von Federn und Losungen eingesetzt. Ziele des Monitorings sind u.a. Aufschlüsse zur Verbreitung und Populationsgröße und zum Erhaltungszustand der 180B2Arten. Im Rahmen dieses Monitorings werden auch das Haselhuhn, das Schneehuhn und das Steinhuhn systematisch erfasst. Für die Untersuchungen wurden vier Gebiete und innerhalb derselben noch Intensivuntersuchungsgebiete ausgewählt:
• die Nördlichen Kalkalpen mit dem Intensivuntersuchungsgebiet Brandenberg Achental West,
• die Zentralalpen West mit dem Oberinntal,
• die Kitzbühler Alpen,
• Osttirol.
Reinhard Lentner ist der Leiter des Naturschutzreferates in der Abteilung Umweltschutz des Landes Tirol und zuständig für das Monitoring der Raufußhühner. Die genetischen Untersuchungen des Teams von Lentner haben im Zeitraum 2011 – 2018 inzwischen eine große Stichprobenbreite erreicht und sind aussagekräftig: 352 Auerhähne und 721 Birkhähne konnten identifiziert werden. Aus Fund und Wiederfund konnten die Vögel in ihrem Territorium und außerhalb desselben individuell zugeordnet werden. Die genetischen Daten wurden mit den traditionellen Balzplatzzählungen verglichen, welche die Tiroler Jägerschaft alle 5 Jahre durchführt. Fazit: Die Zählungen am Balzplatz lassen sich mit der Genetik gut absichern. Auf die vorwiegend interessierende Frage, wie sich die Bestände im achtjährigen Untersuchungszeitraum verändern, ergab sich für die vier Referenzgebiete in Tirol bei den zwei Arten Auerhuhn und Birkhuhn kein einheitlich durchgehender Trend von Zu- oder Abnahme.

Genetische Untersuchungen
Präzise Angaben lieferte das genetische Monitoring des Teams Lentner zur jährlichen Überlebensrate: Beim Auerhuhn überleben 70% der Hähne und Hennen den Winter, beim Birkhuhn 56%, dabei mehr Hähne (64%) als Hennen (50%). Mit seinen genetischen Untersuchungen konnte Lentner auch nachweisen, dass auch alte Auerhähne - entgegen der landläufigen Meinung – mehrmals ihren Balzplatz ändern und dabei Entfernungen von 2,5 – 11 km überwinden.
Den österreichweiten Bestand gab Lentner aus einer Schätzung und Zählung von 2018 für das Auerhuhn mit 10.000-12.500 Hähnen und für das Birkhuhn mit 22.000-32.000 Hähnen an, davon für Tirol 2.500-3.000 Auerhähne 491B4und 10.000 Birkhähne. Der Kärtner Wildbiologe und Fachbuchautor Hubert Zeiler gab in seinem Referat die Jagdstrecke österreichweit mit 300-400 Auerhähnen und 1.500 Birkhähnen an. Vergleichsweise dazu: Um 1900 waren allein in der Steiermark 3.000 Auerhähne erlegt worden. In Österreich ist die Jagd Ländersache und deshalb gibt es 9 verschiedene Regelungen in den einzelnen Bundesländern für die Jagd auf den Auerhahn. In Südtirol wurde die Jagd auf den Auerhahn 1984 geschlossen.

Die Situation in Südtirol
Im Rahmen des Brixner Seminars haben Markus Kantioler vom Südtiroler Landesamt für Naturparke, Lothar Gerstgrasser vom Südtiroler Jagdverband, Thomas Clementi vom Landesamt für Jagd und Fischerei, Birgit Unterthurner vom Institut für Alpine Umwelt der Eurac Research Bozen und Markus Moling, Professor an der Philosophisch Theologischen Hochschule Brixen und Vogelkenner über die Situation der Raufußhühner und des Steinhuhnes in Südtirol berichtet. Aus Platzgründen werde ich über den Inhalt dieser Referate in einer der nächsten Ausgaben dieser Zeitung berichten.

Publiziert in Ausgabe 23/2019

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