Dienstag, 26 September 2017 09:26

Die Lesung im Wirtshaus

s27 3661Glurns - Ein Highlight der Palabiratage 2017 war die Autorenlesung am Mittwoch (13.09) im vollbesetzten Salon im Hotel Post. Der Bildungsausschuss Glurns konnte die in Sent wohnhafte Journalistin und Schriftstellerin Angelika Overath für den Leseabend gewinnen. Sie ist eine der eigenständigsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur. Gabriella Graziadei hat die Veranstaltung mit Harfenklängen eröffnet und umrahmt.
Overath las aus ihren drei Büchern; „Alle Farben des Schnees. Senter Tagebuch“, „Poesias dals prüms pleds. 33 romanische Gedichte und ihre deutschen Annäherungen“ und aus dem Buch „Gebrauchsanweisung für das Engadin“, welches 2016 veröffentlicht wurde. Alle drei Bücher drehen sich um das Engadin, seine Kultur, seine Sprache und die spannenden Erfahrungen der Autorin mit Land und Leuten, die sie hier gemacht hat, seitdem sie 2007 mit ihrer Familie nach Sent gezogen ist. Es ist das Thema Heimat und Integration, das das „Senter Tagebuch“ wie einen roten Faden durchzieht.
Das romanische Wort für Heimweh heißt: ‘increschantüm’. Heimweh haben: ‘as laschar increscher’, wörtlich: sich hineinwachsen lassen.” Was ist eigentlich Heimat und wie gelingt es einem, sich dort, wo man hinzieht, heimisch zu fühlen? Wie macht man einen Ort, an dem man lebt, zu seinem Zuhause?
„Hier möchte ich Ferien machen, denke ich. Und dann erschrecke ich für einen Moment. Denn das ist vorbei.“
Die Veränderungen, die sich durch diesen Umzug ergeben haben, hält Angelika Overath mit einer feinen Beobachtungsgabe fest. Sie beschreibt das Leben im Bergdorf, die neuen Mitmenschen, den neuen Alltag und die herrlichen Gerüche und Anblicke, die die Natur dort oben zu bieten hat – ihre Beschreibungen sind so intensiv, so punktgenau und detailliert, dass man beim Horchen das Gefühl hatte, mit dabei zu sein.
„Herbstbäume wie große Früchte. Aprikosenlicht, Apfelglanz. Eine flammende Birke. Noch sind die Lärchen grün, aber bald brennen die Hänge bis hinauf ins Blau.”
Als Zugabe hat die Schriftstellerin noch einige der 43 Geschichten aus „Gebrauchsanweisung für das Engadin“ vorgelesen, mit welchen sie voller Zuneigung das Panorama einer Region entwirft. Sie taucht ein in die Sprache, die Geschichte und die Gemeinschaft der Engadiner. Mit einigen Kostproben aus dem zweisprachigen Gedichtbändchen „Poesias dals prüms pleds“ ließ Overath erkennen, wie sie im lautlich expressiven Vallader Leben und Poesie zum Klingen bringt.
«Eu less esser ün‘aguoglia, / ün pitschen safir / palpignond / las chavas / da la vita / vi dal / sun. – Ich möchte eine Nadel sein / ein kleiner Safir, der die / Rillen des Lebens / abtastet nach / Klang.»
Sichtlich gefreut hat sich die Autorin über einen Korb voll Palabirn, den ihr Elmar Prieth und Rosa Pichler (Bild) zum Schluss überreicht haben. (aw)

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Publiziert in Ausgabe 19/2017

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