Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 
Mittwoch, 12 Dezember 2012 00:00

Kinder und Stiefkinder

Vinschgau - AUS DEM GERICHTSSAAL

Jedes Jahr werden in Italien 500.000 Kinder geboren. 23 Prozent davon sind nicht ehelich. Diese Zahlen sind beeindruckend. Sie dürften sich auch bis nach Rom durchgesprochen haben, denn das Parlament hat Ende November ein Gesetz verabschiedet, mit welchem auch die letzten Reste von ungleicher Behandlung zwischen ehelichen und nicht ehelichen Kindern beseitigt werden.
Dazwischen liegt ein langer Weg. Noch vor einer Generation war die rechtliche und auch die gesellschaftliche Diskriminierung von außerehelichen Kindern und Müttern eine traurige Realität. Daran war auch die „Mutter Kirche“ nicht unbeteiligt, galten diese Kinder doch als  „Produkte der Sünde“. Die soziale Ächtung der Mütter war eine traurige Begleiterscheinung. Die rechtliche Gleichstellung vollzog sich ausgesprochen schleppend. In der italienischen Verfassung wurde zwar schon 1948 der hehre Grundsatz festgeschrieben, wonach das Gesetz auch nicht ehelichen Kindern seinen besonderen Schutz angedeihen lassen wollte, jedoch alles soweit es sich mit der Vorzugsstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft vereinbaren ließ. Im gleichen Atemzug wurden jedoch die Möglichkeiten zur Feststellung einer außerehelichen Vaterschaft eingeschränkt und auf die Fälle von eheähnlichen Beziehungen der Eltern begrenzt. Erst die Reform des Familienrechts im Jahre 1975 brachte eine wirkliche Wende. Damit wurden die außerehelichen Kinder den ehelichen auch in Punkto Erbansprüche gleichgestellt. Im Laufe der Zeit dehnte die Rechtsprechung dann die Grundsätze der ehelichen auch auf die tatsächlichen Lebensgemeinschaften und auf die daraus geborenen Kinder aus. Auch die Methoden zur Feststellung einer Vaterschaft haben sich verfeinert (Blutgruppen- und DNA-Tests), sodass mit den heute verfügbaren Mitteln die Treffsicherheit nahezu 100 Prozent erreicht. Von nun an soll sogar die Bezeichnung „außereheliche Kinder“ aus dem amtlichen Vokabular verschwinden, nichteheliche Lebensgemeinschaften de facto den ehelichen gleichgestellt sein und die nicht aus einer Ehe geborenen Kinder auch mit allen Verwandten ihrer Eltern vollwertig verwandt sein.

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

Publiziert in Ausgabe 25/2012

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