Donnerstag, 21 April 2011 16:02

Erneuerbare Energie

Sonne, Wasser, Wind, Berge und Wälder – Südtirol hat viel zu bieten und macht dafür auch ordentlich Werbung. Doch angenehmerweise eignen sich diese natürlichen Ressourcen nicht nur zur Erholung und Entspannung, vielmehr haben sie auch das Potential saubere und erneuerbare Energie zu liefern. Durch seine Lage inmitten der Alpen hat das Land mit seinen Flüssen, Seen, windigen Höhen und teilweise trockenem Klima, naturgegebene Vorteile die zukünftigen Herausforderungen auf dem Energiemarkt zu meistern. Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben der Welt auf gespenstische Art und Weise vor Augen geführt, wie wichtig und notwendig es ist, sich über alternative Energieerzeugung und Sparmaßnahmen grundsätzliche Gedanken zu machen.
In diesem Sonderthema wollen wir einige solcher sauberen Methoden der Energiegewinnung vorstellen, die durchaus die Fähigkeit haben, sich auf diesem hartumkämpften Sektor zu behaupten. Auch wenn einige davon nicht unumstritten sind.

Das Pumpspeicherkraftwerk

s38_PumpspeicherHöhen­unterschiede und Wasser. Das sind die beiden wesentlichen Voraussetzungen für ein Wasserkraftwerk. Das kostbare Nass läuft über eine Leitung aus großer Höhe und treibt eine Turbine an, die dadurch Strom erzeugt. Bei einem Pumpspeicherkraftwerk kommt nun eine weitere Komponente hinzu. Das zu Tal geflossene Wasser wird in einem Becken aufgefangen und wieder in das obere Speicherbecken gepumpt. Der Haken an der ganzen Sache: Die Energie, die aufgewendet werden muss, um das Wasser nach oben zu pumpen, ist größer als jene, die damit produziert wird – bis zu 30 Prozent der Energie gehen verloren. Und dennoch arbeitet diese Art von Kraftwerk wirtschaftlich. Der Strom für die Pumpen wird bei niedriger Netzauslastung angekauft, also meistens nachts. Produziert und verkauft wird dann bei Spitzenauslastung des Netzes, wenn der Strom teurer ist. Der Verkaufspreis übersteigt dadurch den Ankaufspreis und das Kraftwerk macht Gewinn.
Der Nutzen von Pumpspeicherkraftwerken liegt darin, dass sie bei hohem Stromverbrauch, wie z.B. im Sommer, wenn viele Klimaanlagen in Betrieb sind, das Stromnetz stabilisieren und die Versorgungssicherheit gewährleisten. Sie können innerhalb weniger Minuten hochgefahren werden und vier bis acht Stunden lang unter Volllast produzieren. Eine Leistung, an die kein anderes Verfahren bis jetzt herankommt. In Zukunft sollen die Speicherwerke den Strom für ihre Pumpen vermehrt von alternativen Produzenten beziehen, wie z.B. von Windkraftanlagen. So wird diese Energie in Form von Wasser im oberen Becken zwischengespeichert und geht nicht verloren.

Nicht unproblematisch sind hingegen die  Ausmaße des Kraftwerks. Die zwei Speicherbecken baut man  nicht eben so in das nächstbeste Tal; der Eingriff in die Natur ist nicht zu übersehen. Und die Liebe für erneuerbare Energien hört bei den meisten da auf, wenn sie vor der eigenen Haustür produziert werden. Umwelt- und Energielandesrat Michl Laimer sprach in diesem Zusammenhang in einer Südtiroler Wirtschaftszeitung von „viel Überzeugungsarbeit“, die dafür noch geleistet werden müsse. Südtirol hat das Wasser und die Höhe, daher hält Laimer den Bau von Pumpspeicherwerken für „absolut notwendig“.
In Ländern wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz ist man schon einen Schritt weiter. Dort sind bereits schon einige Großanlagen in Betrieb. Unumstritten waren und sind sie aber auch dort nicht. Das Verständnis für umfangreiche Eingriffe in die Natur und das gleichzeitige Bewusstsein dadurch erneuerbaren Strom zu beziehen, waren vor allem dort gegeben, wo Bewohner sowie Umweltverbände frühzeitig in die Planung miteinbezogen wurden.

Die Ereignisse in Japan haben nun aber ganz neue
Voraussetzungen geschaffen. Die Sensibilität für alternative Energieformen in der Bevölkerung ist gestiegen – für Landesrat Michl Laimer eine Grundvoraussetzung  für die zukünftige Energiepolitik: „Die Bürger ändern ihr Verhalten nur, wenn erneuerbare Energien und Energieeinsparungen attraktiv, neu und trendig sind“. Adjektive, wie man sie in den vielen Werbeprospekten über Südtirol findet. Vielleicht erzeugen sie ja die gleiche erfolgreiche Wirkung in den Köpfen der Einheimischen, so wie sie es seit Jahren in jenen der erholungsbedürftigen Gäste tun – für ein sauberes Tourismus- und Energieland Südtirol. (mp)

Kommentar

Eine zweite Chance?

Nach der Katastrophe kommt die Reflexion. Das Erdbeben in Japan und die bekannten Folgen haben eine Energiedebatte ausgelöst, wie kaum ein Ereignis zuvor. Demütig besinnt man sich nun auf die Grenzen des menschlichen Kontrollvermögens über Natur und Umwelt. Doch wie lange hat das Schreckgespenst „Atomarer Supergau“ das Potential das zukünftige Denken und Handeln zu beeinflussen? Man müsse jetzt umdenken, einen Wandel herbeiführen - die Entschlossenheit ist vielen Entscheidungsträgern regelrecht ins Gesicht geschrieben. Billige Demagogie oder wirkliche Aufbruchstimmung? Noch vor ein paar Wochen z.B.  verlängerte die deutsche Kanzlerin die Atomkraftlaufzeiten, heute will sie davon nichts mehr wissen. Wandel, Umdenken – das hat man doch schon mal gehört. 2009, als der Finanzmarkt kollabierte und man sich von den allzu liberalen Umtrieben der Banken verabschieden und den „bösen Bankern“ die Habgier austreiben wollte. Passiert ist seither wenig – zumindest ist es für die meisten von uns nicht spürbar. Und das Vertrauen noch nicht wirklich zurück. Oder Stichwort Klimakrise. Was gab es nicht alles für Verhandlungen und Konferenzen. Ergebnis: Man bleibt in Kontakt, mal schauen, was passiert. Ist überhaupt bewiesen, dass etwas passiert?  Bis es dann wieder ordentlich „scheppert“. Und wirklich erst dann kommt der große Aufschrei. Eine Erkenntnis, die das Unglück in Fukushima auf traurige Art und Weise untermauert. Hoffen wir also, dass diesmal wirklich die richtigen Schlüsse gezogen werden und die zweite Chance zur Reflexion genutzt wird. Nach Tschernobyl hatte man sie verpasst…

Martin Platzgummer

Publiziert in Ausgabe 8/2011

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