Dienstag, 19 Februar 2019 00:00

Die dominante Badante

Aus dem Gerichtssaal - Schauplatz dieser Geschichte ist eine Gemeinde am Ausgang des Schnalstales. Eigentlich handelt es sich dabei schon um einen Krimi, mit dem sich mittlerweile auch das Gericht beschäftigt. Da erlitt im Jahre 2013 ein älterer Mann einen Gehirnschlag. In der Folge war er teilweise gelähmt und pflegebedürftig, weshalb die Verwandten für den alleinlebenden Angehörigen eine inzwischen auch von uns als „Badante“ bezeichnete Hilfsperson organisierten. Diese hatte allerdings eine eher auf sich selbst bezogene Vorstellung ihrer Aufgabe, brachte sie doch während ihrer ungefähr zweijährigen „Dienstzeit“ das Bankguthaben ihrer Pflegeperson von 80.000 auf ganze 50 Euro, legte sich ein Auto zu und brachte ihn dazu, bei der Raiffeisenkasse Lana zu ihren Gunsten eine Bürgschaft über Euro 350.000 zu unterschreiben. Doch damit nicht genug! Den krönenden Abschluss der Aktivitäten der Pflegerin bildete schließlich ein scheinbar eigenhändiges Testament, mit welchem ihr der „Gepflegte“ „alles vermachte“, nämlich ein Haus und eine umliegende Obstwiese von 2 Hektar, alles im Wert von ca. 2 Millionen Euro! Die Kinder staunten nach dessen Tod im Jahre 2015 nicht wenig, als sie von der Existenz dieser letztwilligen Verfügung erfuhren. Bei der Betrachtung des Originals fiel ihnen dann auf, dass bei deren Niederschrift zwei unterschiedliche Hände am Werk gewesen sein mussten. Während nämlich der Name und der Ort aus der Hand des Erblassers stammten, hatte eine zweite Person die entscheidenden Passagen hinzugefügt, nämlich das Datum und den Passus „…vermache ich“ sowie den Namen der begünstigten „Badante“! Das gerichtliche Nachspiel (Beschlagnahme und Strafanzeige) folgte auf dem Fuße. Die Pflegerin muss sich nun vor dem Landesgericht Bozen (Richter Dr. Stefan Tappeiner) wegen Fälschung verantworten. Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Graphologe kam zum Ergebnis, dass mit der Eigenhändigkeit des Testaments etwas nicht in Ordnung ist, ohne jedoch den Urheber der Fälschung identifizieren zu können. Der Pflegerin wurde die Sache offensichtlich doch etwas zu „heiß“, weshalb sie es vorzog, auf die Erbschaft zu verzichten. Das Strafverfahren wird jedoch im April auch nach ihrem Erbverzicht fortgesetzt, denn strafrechtlich verantwortlich macht sich, wer von einer Fälschung Gebrauch macht und unabhängig davon ob er daran mitgewirkt hat.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

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Publiziert in Ausgabe 4/2019

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