Dienstag, 05 März 2019 00:00

Bauernaufstand in Tirol

Aus dem Gerichtssaal - Vor kurzem hat das Zivilgericht Innsbruck das Urteil gefällt im jahrelangen Rechtsstreit wegen der tödlichen Kuhattacke auf der Pinnisalm im Stubaital. Eine deutsche Urlauberin war dort im Sommer 2014 von einer Mutterkuh-Herde zu Tode getrampelt worden, welche sich durch den bellenden Hund der Wandersfrau bedroht gefühlt hatte. Unglücklicherweise war der Terrier mit einem Karabiner an die Hüfte der Frau fixiert, sodass diese ihn nicht mehr rechtzeitig lösen konnte. Das Landesgericht war der Meinung, dass der Almbauer nur unzureichend von den Gefahren seiner Herde durch das Aufstellen eines Schildes mit dem Hinweis „Achtung Mutterkuhhaltung“ gewarnt hatte. Außerdem wäre es dem Bauern zumutbar gewesen, „zum Schutze des höchsten Gutes, des menschlichen Lebens“, am Unfallort eine Abzäunung vorzunehmen. Der Almbesitzer aus Neustift im Stubaital wurde in 1. Instanz zu Schadenersatz für den Ehemann und den Sohn der Frau in Höhe von Euro 490.000 verurteilt. Die Aufregung über das wegweisende Urteil ist nördlich und südlich des Brenners groß. Die meisten Wanderwege führen schließlich über Almwiesen. Man bezeichnet die Entscheidung als „zukunftsgefährdendes Urteil“ und „Schlag ins Gesicht für die Almwirtschaft“, bei aller Tragik der Umstände als „überraschend“, „nicht nachvollziehbar“ und „praxisfremd“, als das „Aus für die Almen“. Allen Reaktionen gemeinsam ist, dass die Entscheidung als Angriff auf die Bauern allgemein und deren jahrzehntelange Tradition der Almbewirtschaftung gesehen wird. Auch die angedrohten „Sanktionen“ ähneln sich: Schließung der Wanderwege, Einschränkung des Betretungsrechts für das Ödland, die Alm- und Weideflächen usw.. Doch bei allem Verständnis für eine spontane, auch emotional geladene Reaktion von Seiten der Betroffenen (s. jene des Konrad Senn aus Villanders: “Wir schließen die Wanderwege“) möchte ich darauf hinweisen, dass die Pflicht zur Beaufsichtigung von Tieren uns alle betrifft, den privaten Hundehalter ebenso wie den Almbauern. Also sollten es unsere heimischen Landwirte und deren Exponenten, unterlassen, sich als alleinige Opfer dieser Gerichtsentscheidung aufzuführen und nun vom Wolf abspringend auf die Kuh umzusteigen! Denn im Falle des Almvieh’s, dessen Beaufsichtigung und die Folgen für deren Unterlassung geht es vorrangig um ein organisatorisches und erst dann um ein rechtliches Problem. Gefordert wären dabei im Vorfeld schon einmal die Touristiker, welche ihre Gäste darauf hinweisen müssten, dass die Kühe zwar gutmütig und phlegmatisch sind, eine Alm aber kein Streichelzoo ist. Als nächstes müssten auf dem Weg zu den Almen, auch für den dümmsten Touristen verständliche Schilder zur Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zu den Kühen aufgefordert werden. Schließlich kommen auch die Almbauern um eine Viehversicherung zur Abdeckung der mit der Sommerweide verbundenen Risiken herum. Danach kann und muss man von den von Unfällen Betroffenen auch eine Eigenverantwortung einfordern können, welche auch zivilrechtlich im Artikel 1227 ZGB verankert ist, welcher die Haftung ausschließt, wenn der Schaden durch Anwendung der gewöhnlichen Sorgfalt hätte vermieden werden können.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt   

{jcomments on}

 

Publiziert in Ausgabe 5/2019

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.