Dienstag, 03 Februar 2015 00:00

Vielleicht war es das Beste, was passieren konnte - Pestiziddebatte in Mals

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Ein Kommentar von Heinrich Zoderer

Die Bevölkerung der Gemeinde Mals hat in einer Volksabstimmung beschlossen, in die Gemeindesatzung unter anderem folgenden Text einzufügen „…den Einsatz sehr giftiger, giftiger, gesundheitsschädlicher und umweltschädlicher chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und Herbizide auf dem Gemeindegebiet nicht zuzulassen.“ 69,22 % der Wahlberechtigten beteiligten sich an der Abstimmung, 2.377 stimmten mit Ja, 764 mit Nein, weiße und ungültige Stimmzettel: 82, beschädigte und unverschlossene Umschläge: 125.
Das heißt 75,68 %  stimmten mit „Ja“ und 24,32 % mit „Nein“. Damit kam der Wille der Bevölkerung, Mals zu einer pestizidfreien Gemeinde zu machen, sehr klar zum Ausdruck. Die Gemeinde Mals hat mit dem Akt. Nr. 3037 vom 05.09.2014 das Ergebnis dieser Volksabstimmung veröffentlicht. Am 10. Dezember 2014 berief der Bürgermeister den Gemeinderat ein, um die Abänderung der Gemeindesatzung zu genehmigen. Art. 3, Punkt 2 des Einheitstextes der Regionalgesetze über die Ordnung der Gemeinden der Autonomen Region Trentino-Südtirol vom 1. Februar 2005 Nr. 3/L, geändert durch das DPReg. vom 3. April 2013 Nr. 25, bestimmt sehr klar, wer die Gemeindesatzung genehmigen bzw. abändern kann: „Die Satzung wird vom Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit der diesem zugewiesenen Mitglieder beschlossen. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so wird die Abstimmung in nachfolgenden Sitzungen, die binnen dreißig Tagen erfolgen müssen, wiederholt; die Satzung gilt als genehmigt, wenn zweimal die absolute Mehrheit der zugewiesenen Ratsmitglieder erreicht wird. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch für Satzungsänderungen.“ Bei der ersten Abstimmung am 10. Dezember wurde die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht. Deshalb wurden zwei weitere Gemeinderatsitzungen einberufen. Da bei der Gemeinderatsitzung vom 7. Jänner 2015 die einfache Mehrheit von 11 Stimmen nicht erreicht wurde, wurde die Gemeinderatsitzung vom 8. Jänner hinfällig. Die beantragte Satzungsänderung war damit abgelehnt, obwohl im Art. 40, Punkt 1 der Gemeindesatzung von Mals steht, dass Volksabstimmung eine bindende Wirkung haben. Soweit die Fakten.

In vielen Medienberichten wurde den Gemeinderäten vorgeworfen, den Volkswillen nicht berücksichtigt zu haben. Diese Meinung teile ich nicht, obwohl ich das Ergebnis der Volksabstimmung begrüße und überzeugt bin, dass Mals eine wichtige Diskussion angestoßen und eine interessante Weichenstellung für die Entwicklung der Landwirtschaft im Obervinschgau, aber auch darüber hinaus, gesetzt hat. Das Regionalgesetz sagt ganz klar, dass Satzungsänderungen vom Gemeinderat beschlossen werden. Über eine Volksabstimmung kann eine Satzungsänderung nicht beschlossen werden. Deshalb hat der Bürgermeister die Satzungsänderung dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Volksbefragung war aber nicht umsonst, sie war politisch wichtig, aber streng rechtlich konnte sie nicht bindend sein, weil das Volk dafür nicht zuständig ist. Die Gemeinderäte konnten nur nach ihrer persönlichen Überzeugung, wie immer die motiviert war, abstimmen. Es kann sogar jedes Gemeinderatsmitglied behaupten, den Willen des Volkes vertreten zu haben, denn auch bei der Volksabstimmung gab es Befürworter, Gegenstimmen, Weißwähler und Nichtwähler. Dass sich die Ergebnisse nicht decken, heißt nur, dass sich in dieser Frage der Wille der Bevölkerung und der Wille des Gemeinderates nicht decken. Aber kann man das einem Gemeinderat vorwerfen?

War damit die ganze Diskussion und die Volksabstimmung umsonst, wie mehrfach behauptet wurde? Ganz sicher nicht! Die Diskussion muss weitergehen und wird weitergehen. Bei allen wichtigen Veränderungen muss man mit Widerständen, Rückschlägen, Pausen und mehrfachen Anläufen rechnen. Es mag grotesk klingen, aber ich bin überzeugt, dass jetzt, nachdem die Promotoren durch die Volksabstimmung einen Erfolg erzielt, aber durch die Abstimmungen im Gemeinderat eine Niederlage erlitten haben, ein konstruktives Gespräch über die Zukunft der Landwirtschaft auf Augenhöhe leichter möglich ist. Ein interessantes Projekt kann sich entwickeln, wenn folgendes berücksichtigt wird, was die Promotoren, die Plattform bäuerliche Zukunft sowie der Bauernbund in Diskussion gebracht bzw. gefordert haben:

• Alle sind zu einem ehrlichen, offenen Dialog bereit und jede Gruppe geht davon aus, dass nicht nur sie selber, sondern auch die anderen sich für eine attraktive Wirtschaftsentwicklung und einen gesunden Lebensraum einsetzen.
• Die Bauern müssen für die Vermeidung von Abdrift anwendbare Lösungen finden und für ev. Schäden die Verantwortung übernehmen.
• Bio-Anbau kann nicht von oben verordnet werden, er funktioniert nicht mit Zwang und ist nicht immer und für jeden eine Alternative. Jede Umstellung braucht auch ihre Zeit.
• Die Zukunftsvision von Mals ist ein gesunder Mix zwischen traditioneller und moderner Vieh- und Ackerwirtschaft und modernem Obst- und Gemüseanbau, der möglichst ohne sehr giftige, giftige, gesundheitsschädliche und umweltschonende Pestizide auskommt. Die Gemeinde Mals arbeitet darauf hin, diese zu verbieten, soweit dies im Rahmen der europäischen und der nationalen Gesetze möglich ist.
• Ziel ist die Schaffung einer Bioregion Obervinschgau, wohl wissend, dass Bioregionen niemals zu 100% aus Biobetrieben bestehen. 

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