Dienstag, 04 April 2017 00:00

Kühe an die Leine!

Aus dem Gerichtssaal - Die Geschichte mit der Kuhattacke auf der Almweide im Stubaital und die damit verbundene Haftungsfrage ist auf lebhaftes Interesse gestoßen. Es ist ja auch ein Beispiel dafür, zu welchen Auswüchsen es führen kann, wenn die Juristerei und der gesunde Hausverstand auf den Kriegsfuß geraten! Wohl auch mit solchen rechtlichen Überlegungen im Hinterkopf heuert Reinhold Messner alljährlich so bewährte Viehtreiber wie den Hanny Paul, den Roland Thöni und andere lokale Größen an, um seine Yaks gefahrlos und haftungsrechtlich einwandfrei von Sulden auf die Hochweiden um die Düsseldorfer Hütte zu führen. Und rechtlich nicht von ungefähr kommen auch die Hinweisschilder, mit denen die Wanderer in gleich fünf Sprachen auf die Gefahren hingewiesen werden, die von den sonst ausgesprochen sanftmütigen und genügsamen tibetanischen Hochlandrindern ausgehen können. Andererseits ist auch schon der Umstand, dass man überhaupt auf solche Gefahren hinweisen muss, Ausdruck dafür, wie weit wir uns bereits vom gesunden Menschenverstand und von der Eigenverantwortlichkeit weg in Richtung Selbstentmündigung bewegt haben. Aber das wäre nicht die einzige Ungereimtheit, welche durch die Juristerei vermittelt wird. Da werden die Bürger einerseits alle paar Jahre dazu aufgerufen, in Wahlen ihre höchsten politischen Vertreter zu nennen. Das Volk ist der Souverän, Volkes Wille ist Gottes Wille. Andererseits wird der gleiche Bürger in den Bestimmungen über den Verbraucherschutz über weite Strecken behandelt wie ein Halbtrottel, an dessen Urteilsvermögen grundsätzlich einmal gezweifelt werden muss. Hand in Hand mit diesen Bestimmungen zum Schutz des Endverbrauchers gehen die gutgemeinten aber übervorsorglichen Ratschläge zum Schutze der Gesundheit, wie sie sich jetzt auf den Zigarettenpackungen niederschlagen. Dass Rauchen nicht gesund ist, weiß jeder. Aber dass man deswegen die Raucher gleich mit Horrorszenarien terrorisieren muss, geht weit über eine normale Gesundheitsvorsorge hinaus und grenzt schon an Zwangsbeglückung von oben! Der nächste logische Schritt könnte darin bestehen, dass man auf den Etiketten der Weinflaschen eine von Zirrhose befallene Leber abbildet! Aber wie gesagt, die logische Weiterentwicklung der gutgemeinten Vorschriften könnte darin bestehen, dass man die Bauern verpflichtet, ihre Kühe auf den Almen zum Schutz der Wanderer an die Leine zu nehmen!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

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Publiziert in Ausgabe 8/2017

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