Mittwoch, 16 Mai 2012 00:00

Dornröschensschlaf am Fuße des Ortlers

Sulden

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Teile einer alten Kutsche stehen verlassen auf dem Hof des ehemalig so schmucken und berühmten Grandhotel Sulden.Es scheint als würde sie immer noch auf all die weitgereisten Gäste warten,welche vor 120 Jahren auf schottrigen Gebirgswegen nach Sulden kamen, um in einem der berühmtesten Berghotels ihren Urlaub zu verbringen.
Damals vor 120 Jahren, im Jahre 1892, entstand dieses Schmuckstück unter der Leitung des Wiener Architekten Otto Schmid und des Pioniers Theodor Christomannos. Erbaut aus Natursteinen und heimischem Holz, bestückt mit allem damals erdenklichen Luxus ( z.B. elektrischen Strom,Friseur,Telegrafenamt, Arzt, eigenem Tennisplatz) wurde das Suldenhotel mit 300 Gästebetten zu einem ganz besonderen Erlebnis in diesem ansonsten sehr armen Bergdorf.
In den prunkvollen Sälen des Suldenhotels wurden grandiose Ballnächte gefeiert. Komfortabel ausgestattete Gästezimmer boten Erholung nach anstrengenden Berg- oder Skitouren. Abends ließ man sich international-kulinarisch verwöhnen, um am nächsten Tag wieder fit für eine Runde Curling oder Tennis auf der Panoramaterrasse zu sein.
Auch heute noch steht das Suldenhotel, welches im Jahre 1976 in einen Hotel- und Wohnungsteil umgebaut wurde, groß und prächtig an schönster Panoramastelle.
Doch bei näherem Betrachten des Gebäudes erkennt man, dass der erste hoffnungsvolle Blick getäuscht hat. Der zum Hotel gehörende Teil des Hauses scheint nun irgendwie total verlassen und verwahrlost zu sein: sich auflösende, von Wasser dunkel-getränkte bröckelnde Mauer-Fassaden, morsche herabhängende Holzbalkonteile, zu Bruch gegangene Fensterscheiben. Gepaart mit dem ziemlich verwilderten und verwaisten Tennisplatz ergibt sich ein Bild des wohl beginnenden Verfalles. Erste Verwunderung macht sich breit.
Nostalgisch wandert der Blick durch die großen Fenster ins Innere zu den fast leeren Räumen der Hotelbar: kein Gast zu sehen, keine Hotelangestellten, keine Musik, kein Leben dort; dafür aber aufeinandergestocktes, zusammengewürfeltes Mobiliar, ausrangierte Matratzen und Kissen sowie vernagelte Eingangstüren.
Das Hotel steht seit nunmehr 3 Jahren leer und es scheint, als hätte man sich in Sulden schon daran gewöhnt, an dunklen Fenstern und leeren Plätzen dort vorbeizuspazieren.
Der Pioniergeist der damals so mutigen Erbauer scheint verlorengegangen zu sein. Es macht sich eine fade Lethargie breit.  Ob es wohl irgendwann jemand schaffen wird, dieses ehemals so prächtige Vorzeige-Gebäude aus seinem langen Dornröschenschlaf zu erwecken? (ck)

Publiziert in Ausgabe 10/2012

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