Aus dem Gerichtssaal - Der Titel soll nicht irreführen! Es hat zwar in der Vergangenheit Prozesse gegeben, in denen Tiere strafrechtlich verfolgt wurden. Am bekanntesten in unserer Gegend ist der Glurnser Mäuseprozess aus dem Jahre 1519, als die Stilfser die Feldmäuse vor dem dortigen landesfürstlichen Gericht unter Anklage stellten, weil sie große Schäden an ihren Feldern anrichteten. In unserem heutigen Fall sind nicht etwa Bienen auf der Anklagebank, sondern als stumme Zeugen in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zugegen, welches der Chemiekonzern Bayer gegen die Europäische Kommission angestrengt hat. Anlass des Verfahrens war ein massives Bienensterben im badischen Rheintal im Jahre 2008. Der millionenfache Tod setzte unmittelbar nach der Mais-Aussaat ein. Später zeigte sich, dass viele der Samenkörner zur Insektenbekämpfung mit einem Bayer-Pestizid behandelt worden waren, das ein Nervengift enthält. Doch weil das Insektengift nicht richtig an den Maiskörnern haftete, wurde giftiger Staub vom Wind weit verteilt, was zum Massensterben der Bienen führte. Auf Betreiben der Imkerverbände und der Umweltschützer schritt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) ein. Die Industrie wollte zwar die Varroa-Milbe und nicht die Pestizide für das Bienensterben verantwortlich machen, doch die Efsa bestätigte, dass …“diese Pflanzenschutzmittel die europäische Population der Honigbienen gefährden.“ Daraufhin zog die Europäische Kommission die Reißleine und erließ ein EU-weites Verbot der kritischen Stoffe. Das juristische Problem dabei ist, dass die nun verbotenen Pestizide zuvor die Zulassung durch die zuständigen Stellen in Brüssel erhalten hatten. Ein ganz schöner Spagat für die Richter des EuGH! Die Hersteller können sich nämlich auf einen besonderen Schutz berufen, haben sie doch im Vertrauen auf die Zulassung viel investiert, weshalb sie für ihre Umsatzausfälle mit einer milliardenschweren Schadenersatzklage drohen. Für die Kommission hingegen geht es bei den auf den Weg gebrachten Beschränkungen „um einen Meilenstein auf dem Weg zur Sicherstellung einer gesünderen Zukunft“, weshalb sie für sich das Recht in Anspruch nimmt, zugelassenen Produkte auch nachträglich aus Umweltschutzgründen verbieten zu können. Die anstehende Entscheidung des EuGH ist auch für unsere Landwirtschaft von großem Interesse, und nicht nur weil die Bienen als Bestäuber unverzichtbar sind.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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