Montag, 04 Januar 2016 09:26

4 Kühe, 81 Granaten und 7 Kinder

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s17 0375Sein verschmitztes Lächeln von heute, bringt den „Lausbua“ von damals zum Vorschein. Mit genau diesem Lächeln, mit Diplomatie, Geschick und Humor meisterte Anton Muther, landauf und landab bekannt als „dr Muther Tanl“, schier auswegslose Situationen. „Und a bissele Glick muasma holt a hobn in Leebm“, ergänzt der 89-Jährige.

von Anna Alber

An sonnigen Herbsttagen ist Toni noch anzutreffen, auf der Holzbank, im Vorhof seines Heimathauses. Dort genießt er die wohlig wärmenden Sonnenstrahlen, die der Spätsommer noch hergibt und erzählt gerne von vergangener Zeit.


Inmitten einer durchwachsenen und angespannten Zeit, dem diktatorischem Faschismus, ist Anton Muther geboren. Am 14. März 1926 erblickte er als achtes von insgesamt 13 Kindern das Licht der Welt, in Laas, „in Bett muani“ scherzt er.
Anton besuchte den Kindergarten und die Volkschule in italienischer Sprache. „Drhuam hot niamet Walsch kennt, sellawegen wors zearsch schlimm“, beschreibt er wehmütig die Lage seinerzeits.
Doch Antons Kindheitserfahrungen prägte eine herzzerreißende Freundschaft mit einem italienischen Jungen, welcher Sohn des damaligen Podestà war. „Miar hobn ins in gleichn Higl zun Sondspieln ausgsuacht“, von diesem Moment an waren die beiden unzertrennlich. Sein neugewonnener Freund teilte kurzerhand seine Jause, ein Salamibrot, mit Anton und als die beiden getrennt werden, tritt sein Freund in den Hungerstreik. Ein Akt der Barmherzigkeit und tiefgründigen Freundschaft, den Anton zu schätzen weiß. Prägend in Erinnerung blieb ihm auch ein Lehrer. „Dr sel hot ins ollm zwickt und ins in die Apports ingsperrt, obr sem seimr uanfoch durchn Fenstr ookaut“, plaudert Anton und kann ein schelmisches Lächeln nicht verbergen.
Mit dem Einzug des Zweiten Weltkriegs begann ein neuer Lebensabschnitt für Toni. Mit nur 18 Jahren rückte er als junger Bursch ein und landete letztendlich, mit sieben weiteren Laasern, in der achten Kompanie. Seine Kompanie wurde von den grausamen Erlebnissen des Krieges weitgehend verschont: „Ongst hobmr in Kriag nia kop, und passiert isch ins eigentlich a nia epes“, erzählt er. Die Freundschaft mit dem italienischsprachigen Jungen stellte sich als wertvolle Sprachpraxis heraus, durch seine guten Italienischkenntnisse nahm er stets eine privilegierte Stellung ein. Anton stieg bald zum Richtschützen der Granatwerfer auf, die sich „Ottantuno“ (81) nannten. Die Aufgabe von Toni bestand vor allem darin, die Ladung zu dosieren um eine genaue Zielsicherheit zu gewährleisen: „Die Siebmer-Munition hot 2.000 m gschossn, die 3,5er-Munition 4.000 m“ erklärt er. „Wenn sie mol hergschossn hobn, hobmr ounigschossn. Nor isch a ruah gwesn“, schmunzelnd berichtend über ein Manöver von damals. Anton war in den verschiedensten Dörfer Norditaliens stationiert, in denen bittere Armut vorherrschend war. „In uan Dorf hots lei vier Kiah geben“, erzählt er bedrückt. Eine lange Zeit verbrachte Toni in Belluno am Lago di Santa Croce. Als die letzten Tage des Krieges anbrachen, machte sich Anton auf den Weg nach Hause, von Belluno über Bozen bis nach Laas. „Hoalr huamkemmen, sel wors uanzige, wos mr gewellt hoben“, betont er.
Bald nach Ende des Krieges fand Toni für acht Jahre im Laaser Marmorbruch Arbeit. Schwierigkeiten mit dem Transportchef löste er stets mit diplomatischem Geschick, wobei die Sympathie des Arbeitgebers ihm gegenüber von Vorteil war. Nebenberuflich war er als Korndrescher tätig.
Längst seiner Zeit wurde die Frauenwelt auf den feschen Toni aufmerksam, besonders seine spätere Ehefrau Rosa. Über das Kennenlernen schweigen er und seine Frau: „Na, zan seman sogmr nicht“, antworteten beide, herzhaft lachend. In Herrgottsfrüh wurde nach einigen „ledigen“ Jahren geheiratet
und die Hochzeitsnacht im romantischen Venedig gefeiert, Gondelfahrt inklusive. Rosa schenkte Toni sieben kerngesunde Kinder: Karl, Oskar, Franz, Anton, Gerlinde, Maria Luise und Rosmarie. Die Familie wuchs wohlbehütet im Heimathaus auf. Doch wie so oft im Leben, schien das Schicksal die Familie einzuholen: lodernde Flammen verschlangen die angrenzende Scheune des Heimathauses, zum Glück blieb aber das Heimathaus weitgehend unversehrt. „Zwoa Mol, innerholb 2 Johr hots brennt“, berichtet Anton. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Jo a bissele Glick muasma hobn in Lebn, und sel honni kop.“

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