Aus dem Gerichtssaal - Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom Glurnser Mäuseprozess? Damals (im Jahre 1519) haben sich tatsächlich die Stilfser an das dortige landesfürstliche Gericht gewandt und Klage darüber geführt, dass in ihrem Gemeindegebiet die „Lutmäuse“, also die Feldmäuse so große Schäden an den landwirtschaftlichen Fluren angerichtet hätten, dass es ihnen unmöglich geworden wäre, den Zehnten, also die Abgaben an Kirche und Obrigkeit zu zahlen. Den Nagetieren wurde ein regelrechter Prozess gemacht. Der Richter Conrad Spergser bestellte ihnen sogar einen Verteidiger, während die Anklage von einem Gemeindevertreter von Stilfs vertreten wurde. Nach Abschluss der Beweisaufnahme fällte der Richter das Urteil: Die Mäuse wurden zum Verlassen der Stilfser Felder verurteilt, in den Schludernser Leiten wurde ihnen eine neue Wohnstatt zugewiesen. Bis in die Gegend von Spondinig sicherte man ihnen freies Geleit zu. Angeblich soll ihnen dort sogar eine Brücke über die Etsch gebaut worden sein. Aus den Gerichtsprotokollen geht allerdings nicht hervor, ob sich die Mäuse auch an das Urteil gehalten haben.
Einen Mäuseprozess anderer Art musste ein Geschäftsmann aus Naturns führen. Ihm war auf einer Messe in Deutschland eine neuartige Mausefalle angepriesen worden: hundertprozentig treffsicher und einfach zu bedienen. Man brauche sie nur im Keller oder in anderen von den Nagetieren frequentierten Örtlichkeiten aufzustellen und an eine Steckdose anzuschließen. Die Geräte würden dann für das menschliche Ohr unhörbare, für Ratten und Mäuse aber unerträgliche Töne in hohen Frequenzen verbreiten, die sie dazu veranlassten, unverzüglich das Weite zu suchen und nie mehr an den Ort der schrillen Laute zurückkehren. Der Geschäftsmann aus Naturns ließ sich vom Angebot überzeugen und kaufte gleich eine größere Stückzahl der neuartigen Mausefalle. Bevor er diese jedoch als „Renner“ in sein Sortiment aufnahm, machte er in seinem Keller die Probe aufs Exempel: er streute Wurst und Käsestücke auf dem Boden aus und schloss die Mausefalle über Nacht an den Stecker an. Als er am nächsten Morgen den Keller betrat, waren Speck und Käse verschwunden und von den Mäusen keine Spur. Als sich der Vorfall 2–3 Mal wiederholte, dämmerte dem Geschäftsmann, dass er selbst in die Falle gegangen war. Zum Glück hatte er die „Wunderwaffe“ noch nicht bezahlt, denn so konnte er in dem später vom Lieferanten angestrengten Prozess einwenden, dass die gelieferte Ware fehlerhaft und mangels wesentlicher Eigenschaften absolut untauglich war. Ein Gutachter wurde beauftragt, die Mausefallen auf ihre Tauglichkeit zu prüfen. Auch der Sachverständige machte die gleiche Erfahrung: die „bestrahlten“ Mäuse machten sich überhaupt nichts aus den „hohen Tönen“ und fraßen genüsslich und ungestört das ihnen verabreichte Futter. Der Ausgang des Verfahrens war damit klar: der Vertrag wurde wegen Nichterfüllung aufgelöst, die Klage auf Zahlung abgewiesen, und die Mäuse kauen, wenn sie inzwischen nicht von einer Katze verspeist wurden, immer noch am gleichen Käse.
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt
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