Es ist Siegi Platzer, preisgekrönter Kräuterbauer aus Stilfs, der mit seiner Beharrlichkeit, seinem Mut und seiner innovativen Lebensphilosophie dem verglühenden Dorf immer wieder aufs Neue frisches Leben einzuhauchen vermag. Gemeinsam mit Bürgermeister, Bildungsausschuss und weiteren 15 Stilfser Vereinen wurde diesmal aber ein Lauffeuer entfacht, welches sich rasant zum „Dorfbrand“ ausweitete und dessen Tragweite für Stilfs noch nicht vollends einsehbar ist. Alles bisher Dagewesene wurde dabei in den Schatten gestellt: Stilfs. vertikal, ein bestens ausgeklügeltes, kulturelles Konzept mit den Dorfbrunnen als Protagonisten. Wasserorte waren und sind seit jeher pulsierende Lebensknoten und beliebter Treffpunkt - Herz und Pulsadern eines Dorfes; dieser Kostbarkeit gebührt der erforderliche Respekt als Spender und Erhalter allen Lebens. Nicht verwunderlich deshalb auch der richtungweisende Leitgedanke von vertikal: „Bei den Brunnen von Stilfs“ als Quelle allen Seins und Ausgangspunkt eines exklusiven Kulturhighlights, welches vom 2.–5. Juni tausende Besucher in das sehenswerte Haufendorf lockte. Ansonst leere Gassen füllten sich schlagartig mit bereits vergessen geglaubter Lebendigkeit. Die einzigartige Stilfser Kulisse - schmal, eng und gen Himmel in die Vertikale strebend; ein Rahmenprogramm - Arte geschwängert, bildnerisch abstrakt, eigensinnig und folkloristisch, ließen Betrachter und Bewohner gleichsam erleben, genießen und eins werden mit dem Charme dieses außergewöhnlichen Ortes. Kunst, Kultur und Tradition in authentischster Symbiose: Toleranz und Gegensätzliches als Geburtsstätte von Individualismus und Kreativität. Das Emporsteigen, die Befreiung in die Vertikale wurde für jedermann zur erklärten Gewissheit – die Metamorphose eines schlafenden Dorfes.
Die Musik, unterhaltsam, stimmungsvoll, berührend, betörend und bisweilen schräg-konträr. Für alle Hörer etwas, für einige noch mehr. Das ungenannte Unbekannte machte im Visier des Vertrauten neugierig und tolerant, lieferte jungfräulichen Gesprächsstoff - entliehen dem besonderen Kunstreigen und liebevoll eingebettet in den eigenen Schatz an Bodenständigkeit - und ließ Begegnungen ungeahnt facettenreich schillern. Getreu dem Motto: Neues gibt dem Alten Impulse, während das Alte unerschütterliches Fundament bildet, auf welchem das Neue weiter aufbauen kann. Schwingungen, bedacht ausgelöst, wurden wahrgenommen; Neues geschaffen und Eigendynamik entwickelt.
Die zahlreichen, buntgefächerten Zuschauer kamen voll auf ihre Kosten und zollten zustimmend Tribut. Die viel beschworene (Arten)vielfalt fand sich aber nicht nur im Publikum wieder, sondern wusste auch im Zeichen der Muse zu begeistern. Dies alles zu bergen war Aufgabe und ist den vertikalen Stilfsern mit ihrer Veranstaltung rundum gelungen, waren sie in diesen Tagen doch allesamt auf quirligen Beinen.
Der geistige Vater und Mentor des Kulturfestivals von Stilfs ist jedenfalls zufrieden.
Und wenn man nun in Stilfs sich in die erholsame Horizontale wiegt und den harmonischen Reigen schließt, so bleibt es doch gedeihliches Exempel dafür, welche Kraft der Geist, eine Idee entfachen kann und wie viel Potenzial es auch zukünftig noch zu bergen gilt.
Renate Eberhöfer
WINDMAGAZINE
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