Aus dem Gerichtssaal - Es mag vermessen und auch unvernünftig sein, in der zurzeit so aufgeheizten Stimmung (s. Verwüstungen in der Obstanlage des Biobauern Wellenzohn) in die Diskussion um den sog. „Malser Weg“ einzugreifen. Aber als Kenner der örtlichen Verhältnisse und auch Befindlichkeiten sei mir der Versuch gestattet, eine Stimme der Vernunft zu erheben. Da haben also der Landesrat Arnold Schuler und in seinem Gefolge alle namhaften bäuerlichen Organisationen (Bauernbund, Vi.P, etc.) beim Gericht in Bozen Strafantrag wegen Rufschädigung gegen Alexander Schiebel, den Autor des Büchleins „Das Wunder von Mals“, und gegen dessen Verlag eingebracht. Die Reaktion der Obstbauern und deren offiziellen Vertreter ist zwar unverhältnismäßig, aber nachvollziehbar: Da betreiben sie seit Jahrzehnten wirtschaftlich erfolgreich Obstbau und verwenden dabei amtlich geprüfte und regulär im Handel zugelassene Pflanzenschutzmittel, um die Äpfel und die Bäume vor allen möglichen Schädlingen zu bewahren. Und dann kommt da ein „Auswärtiger“ und Branchenfremder, um ihnen vorzuhalten, sie würden alles falsch machen und sich selbst und ihre Umwelt durch Pestizide vergiften. Ungefähr so ist jedenfalls die Schiebel’sche Botschaft in weiten Kreisen der heimischen Landwirtschaft angekommen. Die Obstbauern fühlen sich als Umweltsünder kriminalisiert und an den Pranger gestellt. Entsprechend heftig ihre Reaktion!
Dabei sollte man sich die Mühe nehmen, Schiebels Buch zu lesen. Als roter Faden ziehen sich darin die Bedenken gegen eine von der Chemie beherrschte Landwirtschaft durch. Auch kommt der Wunsch vieler Menschen nach naturbelassenen Lebensmitteln zum Ausdruck, also der Ruf: Zurück zur Natur! Darauf mit einem Antrag auf gerichtliche Verfolgung des Autors zu reagieren, ist vollkommen überzogen, erzeugt die Wirkung eines Schusses nach hinten und ist auch rechtlich fragwürdig. Denn auch wenn manche der von Schiebel vertretenen Standpunkte sowie die Aktionen des Münchner Umweltinstitutes als Provokationen gewirkt haben mögen, so bewegt sich der Autor in seinem Buch immer im Rahmen des von der Verfassung geschützten Rechtes auf freie Meinungsäußerung. Und es wäre für unser Land und unsere Obstbauern im höchsten Maße peinlich, wenn der Strafantrag des Landesrates Schuler mit dieser Begründung abgewiesen würde, abgesehen von der negativen Publicity im Ausland, wir hätten eine uns missliebige kritische Stimme über das Gericht zum Schweigen bringen wollen! Anstatt des Weges über den Kadi sollten wir lieber den eines auch kritischen Dialogs gehen, auch wenn der schwieriger und für hiesige Verhältnisse ungewohnt ist. Oder hat für manche Lokalpolitiker der Wahlkampf für die Landtagswahlen 2018 bereits begonnen?
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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