Montag, 24 Juni 2019 10:43

Alter Wein in neuen Schläuchen

Aus dem Gerichtssaal - Vor kurzem organisierte die Notariatskammer in Bozen eine Tagung zum Thema Kauf von Immobilien. Bei dieser Gelegenheit beschäftigten sich die Notare unter anderem auch mit der Frage der Gültigkeit, Verwendbarkeit und die Eintragbarkeit im Grundbuch von Verträgen über Liegenschaften, welche von österreichischen Notaren beglaubigt wurden. Unsere Notare machten sich dabei ernsthaft Sorgen, weil ja ihren österreichischen Kollegen die italienische Rechtsordnung nicht vertraut ist und sie daher einer Urkunde ihren „Segen“ geben, die möglicherweise mit Mängeln behaftet sein könnte, welche deren Verwendbarkeit im Heimatland ausschließen.
Von dieser Sorge getragen glauben unsere Notare, dass sie vom Gesetzgeber zu „Hütern der Legalität“ berufen wären und auch bei Privaturkunden ihr Beistand unverzichtbar wäre. Ihre Sorge ist alt aber unbegründet. Sie reicht zurück auf das Jahr 1977, als ein internationales Abkommen zwischen Italien und Österreich in Kraft trat, mit welchem den von österreichischen Notaren beglaubigten Verträgen volle Gültigkeit in Italien zuerkannt wurde.
Seither gab es über ihre rührige Lobby unentwegt Versuche, diese Regelung zu torpedieren. Den Anfang machte ein Rundschreiben des Justizministeriums aus dem Jahre 1987, mit dem man die Parteien vor der Eintragung im Grundbuch zur Hinterlegung der Verträge im Notariatsarchiv zwingen wollte, was einen reinen Formalismus bedeutet hätte und unweigerlich mit „Abzocke“ verbunden gewesen wäre. Nachdem diesem „Ukas“ aus dem Ministerium von einigen mutigen Grundbuchsrichtern die Gefolgschaft verweigert wurde, versuchten es unsere Notare über das Landesgericht in Bozen, wo sie anfänglich auch Gehör fanden.
Im Jahre 2004 sorgte jedoch das Oberlandesgericht mit rechtskräftiger Entscheidung endgültig für Rechtssicherheit: die Beglaubigungen von Privatverträgen durch österreichische Notare haben auch ohne deren inhaltliche Kontrolle volle Gültigkeit, denn die Prüfung der Rechtsmäßigkeit nimmt im Rahmen des Eintragungsverfahrens der hiesige Grundbuchsrichter vor, welcher den Vertrag „auf Herz und Nieren“ zu untersuchen und bei Feststellung von irgendwelchen Mängeln diesem die Eintragung im Grundbuch zu verweigern hat. An dieser vom Oberlandesgericht vorgegebenen Ausrichtung hat sich seither nichts geändert.
Trotzdem lassen sich unsere Notare keine Gelegenheit entgehen, die Beglaubigungen durch ihre österreichischen Kollegen „madig“ zu machen. Und sie tun das nicht ganz uneigennützig, denn die Beglaubigungen kosten dort halt nur einen Bruchteil von dem was die Parteien hier „berappen“ müssen.
Sie sollten also lieber nicht die Sorge um mögliche Mängel der Verträge vorschieben wenn sie eigentlich ihre Brieftasche meinen!

Rechtsanwalt Peter Tappeiner
peter.tappeiner@dnet.it

Publiziert in Ausgabe 13/2019

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