Dienstag, 01 Oktober 2013 12:00

Nicht immer sind die anderen Schuld

Aus dem Gerichtssaal - Die letzte Rubrik scheint in der Gemeindestube von Schlanders nicht gut angekommen zu sein. Freunde haben mir schon geraten, ich sollte in Laas um politisches Asyl ansuchen! Deshalb wollen wir uns heute einem neutralen Thema zuwenden, nämlich einigen ausgefallenen Schadenersatzklagen, mit welchen sich Gerichte in letzter Zeit beschäftigen mussten. Gemeinsam ist diesen Fällen die Tendenz, die Schuld für erlittenes Ungemach immer bei anderen und nie bei sich selbst zu suchen. Wir in Europa hinken da nur hinter den Amerikanern her. Klassisch ist dabei der Fall der amerikanischen Hausfrau, deren Katze im Mikrowellenherd verkohlte und welche die Herstellerfirma erfolgreich auf Schadenersatz verklagte, weil in den Gebrauchsanweisungen der Hinweis fehlte, dass der Herd kein geeigneter Aufenthaltsort für Haustiere wäre!
Auf einer ähnlichen Wellenlänge ist ein Fall angesiedelt, der vor ein paar Monaten den Obersten Gerichtshof in Rom beschäftigte. Ein Ehepaar aus Neapel begab sich an einem Sonntag in ein Restaurant. Angrenzend an das Lokal hatte dessen Inhaber einen Spielpark für Kinder angelegt. Die Eltern speisten auf der Terrasse, ihre Kleinen tummelten sich mit anderen Kindern im Park. Plötzlich stürzte ihr Sprössling von der Schaukel und verletzte sich schwer. Kaum hatten sie sich vom ersten Schrecken erholt, klagten sie den Lokalbesitzer auf Schadenersatz. Das Berufungsgericht erkannte auf ein Teilverschulden des Spielplatzbesitzers. Erst das Höchstgericht sorgte für klare Verhältnisse: Eine Haftung des Betreibers bestünde nur für den Fall, dass die Spielgeräte fehlerhaft gewesen wären. Für den Sturz von der Schaukel wären alleine die Eltern verantwortlich, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hatten.
Noch skurriler war der Fall, mit dem sich ein Gericht in Köln befassen musste. Ein Mann hatte eine ordentliche Menge Alkohol getrunken und wollte auf dem Heimweg noch mal die Natur bewässern. Er lehnte sich dabei an einen Zaun, der einen Bahndamm abschirmte. Der Zaun war morsch und brach durch. Der Mann rollte die Böschung hinunter und zog sich erhebliche Verletzungen zu, worauf er den Grundstücksbesitzer verklagte. Das Gericht sprach diesen von jeder Verantwortung frei, weil  „…das Lehnen an den Zaun zum Zwecke des Urinierens keine befugte Nutzung des Geländes darstellt“ und es dem Eigentümer nicht zugemutet werden könne, bei der Errichtung eines Zaunes auch auf etwaige betrunkene Naturpinkler Rücksicht zu nehmen!

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

Publiziert in Ausgabe 20/2013

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