Gastkommentar - Die Zeiten großer Handelsflächen am Ortsrand sind vorbei, Händler zieht es wieder in die Städte und Orte: Handelsexperten glauben an ein „Revival der Ortskerne“. Was sind die Gründe dafür?
Zum einen spricht die demografische Entwicklung für Städte und Dörfer. Die Konsumenten werden in den nächsten Jahren im Schnitt älter sein als heute, örtliche Nahversorger wie der Bäcker ums Eck werden daher an Bedeutung gewinnen.
Zum anderen „bedroht“ der Onlineeinkauf großflächige Geschäfte in Einkaufszentren, wo die Verkaufsfläche in Zukunft weiter sinken dürfte. Stationäre Händler nutzen das Internet als Showroom und benötigen nur noch kleine Shops. Reine Onlinehändler wiederum beginnen eigene Läden zu eröffnen, um ihre Waren zu präsentieren. In Deutschland betreibt schon jeder zweite der 1000 größten Onlineshops auch ein stationäres Geschäft – bevorzugt in Einkaufsstraßen.
Einkaufserlebnis und Mieten sind weitere Gründe: Innenstädte hätten im Gegensatz zu Einkaufszentren eine „gelebte Multifunktionalität“ und könnten dadurch mehr Einkaufsspaß vermitteln. Zudem müssten Händler in Einkaufszentren derzeit relativ hohe Mieten zahlen. Angesichts steigender Internetkonkurrenz und abnehmender Kundenfrequenz würden viele ihre Standortstrategie überdenken. Nach dem Motto: Lieber ein kleines Geschäft in bester Lage als ein größeres in guter Lage. Die Leerstände in städtischen A-Lagen sind derzeit niedriger als in Shoppingcentern.
Es gibt aber eine Kehrtwende nicht nur bei den Händlern, sondern auch bei den Kunden. Diese suchen beim stationären Einkauf weniger nach dem günstigsten Preis als nach Qualität, Service, Erlebnis und Glaubwürdigkeit, so Deutschlands größtes Marktforschungsinstitut. Discounter beispielweise verordnen sich einen umfassenden Imagewechsel und zwar weg vom Billig- hin zum Qualitätsanbieter mit hoher Produktkompetenz. Weg vom eher mäßigen Arbeitgeberimage, hin zu einem Unternehmensbild mit guten Arbeitsbedingungen, fairen Löhnen und attraktiven Karrierechancen.
Nicht nur Discounter schwenken um. Immer mehr Einzelhandelsketten legen bei ihrem Markenauftritt Wert auf Faktoren wie Emotionalität und Kundenkommunikation. Ein bekannter Elektroriese, der in Vergangenheit mit preisaggressiven Botschaften stilprägende Werbespots kreiert hatte, ist inzwischen umgeschwenkt. Bei den neuen Claims geht es um Einkaufserlebnis und tolle Beratung.
Für beide Entwicklungen haben Südtirols Handel und Orte sehr gute Voraussetzungen. Wenn wir so wollen, sind die vielen Klein- und Familienbetriebe im Land dazu prädestiniert. Und einmal mehr kann Südtirol seine Vorreiterrolle unter Beweis stellen.
Mauro Stoffella
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