Wolfgang Platter, am Tag der Heiligen Bernadette von Soubirous, 16. April 2011
Das Amt für Wald und Wild der Trentiner Landesverwaltung hat auch für das vergangene Jahr 2010 den Bärenreport veröffentlicht. Im heutigen Beitrag fasse ich einige wesentliche Inhalte dieses Fachberichtes zusammen mit dem Ziel, zu einer sachlichen Information beizutragen und einen Überblick über die Entwicklung der Bärenpopulation in der Brentagruppe zu geben.
Life Ursus
Im Trentiner Gebirgsstock der Adamello-Brenta-Gruppe war der Braunbär als dem einzigen Ort im Alpenbogen nie gänzlich ausgestorben, aber der Bärenbestand war auf 3-4 Exemplare geschrumpft. In den Jahren 1999-2002 waren im Rahmen des Projektes „Life Ursus“ 10 slowenische Braunbären (3 Männchen und 7 Weibchen) freigelassen worden. Den Freilassungen war eine Habitatstudie des italienischen wildbiologischen Institutes über die Lebensraumeignung vorausgegangen. Ebenso wurde für das Ansiedlungsprojekt im Trentino vorab das Einverständnis der angrenzenden Provinzen und Regionen eingeholt.
Verfeinertes Bärenmonitoring
Das Bärenmonitoring im Trentino hat eine über 30-jährige Tradition. Zu den Sichtungen als traditionelle Beobachtungstechnik sind im Laufe der Jahre neue Techniken wie die Radiotelemetrie von besenderten Tieren, die Videoüberwachung oder Fotofallen mit Infrarotlicht und seit dem Jahre 2002 die genetischen Analysen dazugekommen.
Genetische Analysen
Im Berichtsjahr 2010 konnten im Gebiet der Provinz Trient insgesamt 681 Haar- und Kotproben von Bären gesammelt und genetischen Untersuchungen unterzogen werden. Hierzu kommen noch 62 Proben, welche außerhalb der Trentiner Landesgrenzen in Südtirol, in der Lombardei, im Veneto und in der Schweiz gesammelt werden konnten. Aus den genetischen Analysen konnten für das Jahr 2010 insgesamt 28 verschiedene Exemplare von Bären im Trentino identifiziert werden. Davon waren 11 Männchen und 17 Weibchen, was einem Geschlechterverhältnis von 1:1,45 entspricht. Mit den genetischen Analysen kann aber nicht die gesamte Bärenpopulation erfasst werden. Diese wird geschätzt. Die derzeitige Mindestpopulationsgröße der Trentiner Bären wird auf 27 – 31 Individuen geschätzt. Dies entspricht einer Zunahme von 2 Stück gegenüber 2009.
Würfe und Altersstruktur
Im Jahre 2010 haben im Trentino 3 Bärinnen insgesamt 6 Junge geboren, wovon 5 überlebt haben. Seit Beginn der genetischen Untersuchungen vor 9 Jahren waren somit insgesamt 21 Würfe mit 44 Jungen zu verzeichnen (22 Weibchen und 22 Männchen). Die durchschnittliche Wurfgröße lag damit bei 2,09 Jungen.
Zur Alterstruktur der Mindestpopulation von 27 Tieren kann gesagt werden, dass sie 16 erwachsene Bären, 6 Jungbären und 5 Junge unter einem Jahr umfasst. Der Altersdurchschnitt betrug im Jahre 2010 4,8 Jahre und ist ansteigend.
Die Raumnutzung
Alle 27, im Jahre 2010 genetisch erfassten Braunbären waren im Berichtsjahr innerhalb der Trentiner Landesgrenzen nachgewiesen worden. 6 von diesen 27 Bären waren mit Sicherheit auch in Südtirol nachweisbar (MJ4, MJ5, MJ2G1, M2, M3, M8), zwei in der Lombardei (M6, M2), zwei auch im Veneto (MJ4, M4) und einer in der Schweiz (Engadin, M2). Alle 8 außerhalb der Trentiner Landesgrenzen nachgewiesenen Bären waren junge Männchen.
Das Kerngebiet der Bären liegt nach wie vor im westlichen Trentino in der Brenta- und Paganella-Gruppe und in Judikarien. Die Weibchen bestreichen ein Gebiet von 1.450 km² (z. Vgl. 2009: 955 km²). Das Streungebiet der Männchen ist mit 15.135 km² mehr als zehn Mal so groß wie jenes der Weibchen.
Die Wanderungen der Jungmännchen
Im Zeitraum 2005-2010 haben insgesamt 14 Jungbären, allesamt Männchen das Trentiner Kerngebiet verlassen, 9 davon waren 2010 noch nachweisbar, zwei wurden nach amtlichen Verordnungen in Bayern und in der Schweiz abgeschossen, einer ist im Jahre 2005 zwischen dem Vinschgau und dem Engadin verschwunden, während weitere zwei im letzten Jahr 2010 nicht erfasst werden konnten.
Überwinterungsquartiere
Im Trentino wurden 65 bekannte und weitere 87 potentielle Überwinterungshöhlen auf ihr Mikroklima (Lufttemperatur und -feuchtigkeit) untersucht.
Schadensabgeltung
Im Trentino wurden im Jahre 2010 256 Meldungen von Bärenschäden gemacht, 237 Anträge bearbeitet und 224 davon angenommen. Die Schadensabgeltung erfolgt seit dem Jahre 1976 zu 100 %. Für die Abgeltung der Bärenschäden wurden im letzten Jahr 118.075,87 € aus Mitteln des Landeshaushaltes aufgewendet. Diese Summe entspricht einer Steigerung von 111 % gegenüber dem Jahr 2009. Der Trentiner Bärenreport führt zu dieser Steigerung der Schadenssumme folgende fünf Gründe an:
• Den zahlenmäßigen Zuwachs in der Bärenpopulation,
• das in diesem Jahr verringerte natürliche Nahrungsangebot,
• das besondere Verhalten bestimmter Individuen von Bären,
• die Auswanderung von männlichen Jungbären in Gebiete ohne Elektrozäune als Bienenschutz,
• das Wachbleiben ohne Winterschlaf von verschiedenen Exemplaren im Winter 2009/10.
60 % der Schadenssumme gingen zu Lasten von 6 Bären. Die Schäden betrafen insgesamt zu 60 % die Zerstörung von Bienenstöcken und zu 30 % Haustierrisse, die restlichen 10 % entfielen auf Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen und andere Schäden.
In Südtirol mussten für die Abgeltung von Bärenschäden im Vorjahr insgesamt 21.041 € aus Mitteln des Landeshaushaltes aufgewendet werden. Dabei wurden 67 Schadensfälle abgegolten. Ein Drittel der Fälle betraf dabei Bienenvölker. Zwei Drittel der Fälle waren hingegen Schafrisse.
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