Wenn die Nachfrage quasi das Angebot übersteigt, ist das wohl der schönste Lohn für harte Arbeit. Am Gandhof in Martell ist der Käse so gut wie ausverkauft. Angetan hat’s Rudolf Eberhöfer vor allem die Sorte Camembert, Tufer hat er ihn getauft.
Milch ist nicht gleich Milch. Und Käse ist nicht gleich Käse. Hochwertige Milch kommt aus den Eutern der acht Kühe am Gandhof in Martell, die zu Käse veredelt wird. Viel Heu fressen die Kühe, keine Silage und von Frühjahr bis Herbst wandern sie auf die Weide, so wie es die Richtlinien für Bioland-Betriebe vorschreiben.
In diesen Tagen ruhen nur wenige Laiben Käse im Keller des Hofes, der mitten im Weiler Gand, umgeben von Häusern und Höfen, im Martelltal steht. Die meisten stecken noch am Beginn ihres Reifeprozesses und werden erst in ein paar Wochen verkauft. „Miar kemmen mir der Produktion foscht net noch“, stellt Rudolf Eberhöfer zufrieden fest. Die leer gefegte Vorratskammer im Keller ist für ihn nämlich der beste Beweis dafür, dass die Qualität seiner zwei Käsesorten eine gute ist. An seinen Kunden misst er die Qualität. Und dann gibt’s da ja auch noch die Urkunde vom Käsefestival in Sand in Taufers. Sieger in der Kategorie der Weichkäse ist der Tufer vom Gandhof in Martell 2008 geworden. Tufer ist der Camembert, den Rudolf Eberhöfer produziert, den Namen - eine Bergspitze beim Flimjoch - hat er sich im benachbarten Ultental ausgeborgt. Das zweite Produkt, das aus der Milch der Kühe, Braune und Schwarzbunte sind’s, veredelt wird, ist der Marteller Bio-Rohmilchkäse, ein Schnittkäse aus reinster Rohmilch.
Fünf Mal in der Woche wird am Gandhof Käse gemacht. Je nach Nachfrage wechseln sich Tufer und Marteller Bio-Rohmilchkäse ab. Der Verarbeitungsraum, jener Ort, wo die Veredelung der Milch Formen – im buchstäblichen Sinne – annimmt, liegt im Keller genau gegenüber der Vorratskammer. Nicht größer als manche Waschküche ist sie, die Produktschmiede. Die weißen Fliesen und das Waschbecken aus Edelstahl erfüllen jene hygienischen Voraussetzungen, die der Familie Eberhöfer erlauben, ihren Käse in ganz Europa zu verkaufen. Der Milchtank, doppelwandig, behauptet den größten Platz. Mit dem Wasser, das zwischen den zwei Wänden zirkuliert, wird die Temperatur im Inneren des Kessels und damit jene der Milch, die verarbeitet wird, reguliert. Für den Tufer muss die Milch mindestens 23 Grad Celsius erreichen, um sie mit Käsekulturen anreichern zu können. Das sind einmal Milchsäurebakterien, im Käse-Jargon Direktstarterkulturen, zum anderen sogenannte Labenzymen. Mit ihnen geht die Milch jene vielversprechende Verbindung ein, an deren Ende eine dicke, puddingartige Masse steht. „Das nennt man einfach dicklegen“, sagt Michaela Eberhöfer, die Tochter des Hauses. Sie hat sich umfangreiches Wissen rund um die hohe Kunst des Käsemachens in Kursen für Milchverarbeitung an der Fürstenburg angeeignet und ist am Erfolg der beiden Käsesorten mindestens genauso beteiligt wie Vater Rudolf. In der Käseproduktion selbst hat jeder der beiden seinen Part.
Aufgabenteilung nennt man das, genauso wie es in großen Betrieben gepflegt wird. Die dickgelegte Masse mit der Harfe bearbeiten, ist Aufgabe von Rudolf Eberhöfer. Das Instrument, das in seiner Form einem Eierschneider ähnelt, zerkleinert vor allem die größeren Stücke im Käse-Gemisch. Immer wieder legt der Käse-Fachmann das Gemisch von der einen auf die andere Seite, bevor er Molke vom Kessel abzieht und mit Wasser dieselbe Menge wieder nachfüllt. Dann wird so lange im Kessel gerührt, bis der Käsebruch die richtige Konsistenz hat. Reine Gefühlssache. Rudolf Eberhöfer kann sich auf seine Sinnesorgane verlassen. Und natürlich auf seine Erfahrung. Denn heuer sind es acht Jahre, seitdem er seinen ersten Käse unter die Leute gebracht hat. Weil der Milchpreis gesunken war, hatte er sich auf die Suche nach neuen Perspektiven gemacht. Viele Initiativen damals legten den Fokus auf die Landwirtschaft: die Churburger Wirtschaftsgespräche, die Fürstenburg, Leader-Programme. Rudolf Eberhöfer war einer, der Ohren und Augen offen hielt. Er besuchte einen Almsenn-Kurs und hatte das Glück ins Leader-Programm aufgenommen zu werden. Das Ziel von Leader damals lautete: erlebbaren Tourismus bieten. Umgesetzt hat Rudolf Eberhöfer das mit zwei Ferienwohnungen und einer Hofkäserei. Bauliches Bindeglied – wenn man so will – war ein großes Schaufenster in der Hofkäserei, das den Gästen bis heute erlaubt, das „Kaasn“- einer Live-Übertragung gleich - mitzuerleben.
Hier sehen die Gäste dann auch, wenn Michaela und Rudolf Eberhöfer den Käsebruch des Tufers in über hundert kleine Formen füllen. Durch die Perforierungen in den Formen, kann die Molke abfließen, zurück bleiben die festen Stoffe des Käsebruchs. 24 Stunden ruhen die Formen erst in einer Wanne, dann im Kessel, um die konstante Temperatur zu gewähren. Mehrmals werden sie gewendet, bis sie ins Salzbad gelegt werden. Da nimmt der Käse seinen Salzgehalt auf, bevor er in den Käsekeller kommt und die Weißschimmelkulturen nach außen wachsen können und die Rinde, den natürlichen Schutz, bilden. Einen champinionartigen Geschmack hat diese beim Tufer, ohne Bedenken kann sie mitgegessen werden. Drei Wochen ruht der Tufer auf speziellen Horden, der Schnittkäse hingegen – je nach Größe – bis zu drei Monaten auf Holzbrettern. In dieser Zeit entfaltet der Käse seinen ganz eigenen, einzigartigen Geschmack. Und dann ist Käse eben nicht mehr gleich Käse.
von Angelika Ploner
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