Dienstag, 19 März 2013 00:00

Vom Korn zum Brot

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Am 1. Oktober 1992 übernahm der Bäckermeister Günther Angerer die Haider Dorfbäckerei. Er ist nebenher auch Getreidebauer und bearbeitet mit seiner Schwester Dolores ca. einen Hektar an Ackerfläche auf 1450 m Meereshöhe.

von Andreas Waldner

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau

Sie sind dabei, das Feld mit pfluglosem Ackerbau zu bewirtschaften, was Verzicht auf Bodenwendung bedeutet. Das typische Gerät für pfluglose Bodenbearbeitung ist der Grupper. Durch die weitgehende Erhaltung der Bodenhorizonte und vor allem der Bodenfauna wird die Bodenfruchtbarkeit erhöht.
Sie bauen Dinkel und Roggen für spezielle Brotsorten an, wobei das ganze Korn zu hundert Prozent verwendet wird. Dieses Korn wäre zu schade, daraus nur ein Auszugmehl zu machen.
Mit drei Dinkelähren, die in einem Zwischenboden gefunden und in einer Zeitung vom Jahre 1880 gehüllt waren, hat Angerer begonnen, diese alte Getreidesorte zu vermehren. Das erste Jahr konnte er 300 Ähren ziehen. Im dritten Jahr erntete er bereits 7 kg Dinkelsamen und jetzt hat er schon einen ganzen Acker angesät. Er hofft, dass er nächstes Jahr daraus Brot backen kann.
Den Roggensamen hat Angerer vom Zerkaserhof in Langtaufers erhalten. Dieser ist schon akklimatisiert. Er wurde schon über 50 Jahre angebaut. Geschmacklich wirkt sich das alte Getreide eher negativ aus, weil es kleinere Körner und mehr Schale hat. Für die Gesundheit jedoch ist es besser. Es ist vitaler.
Angerer unterscheidet Lebensmittel von Nahrungsmitteln. Das Lebensmittel „lebt“ und soll so wenig wie möglich kaputt gemacht werden. Beim Korn muss das Ganze dabei sein, die Schale, ganz wichtig der Keim und der Mehlkörper. Sie enthalten die wichtigsten Minerale, Fette und Spurenelemente und Ballaststoffe. Richtiges Vollkornmehl hält nicht lange. Höchstens ein paar Wochen. Es verliert täglich an Wert. Wenn dieses Mehl nicht aufgearbeitet wird, wird es ranzig.
Beim normalen Brot ist nur der Mehlkörper drinnen, also nur Stärke. Und das ist nur wie Zucker. Da wird dem Mehl noch ein Zusatzmittel, ein Askorbin, beigemischt. Dann kann das Mehl über Jahre verwendet werden. Das bedeutet aber, dass es tot ist. Brot aus solchem Mehl stuft der Bäckermeister als Nahrungsmittel ein. Es sei geringwertig.
Reiche Leute haben sich früher ein besser ausgemahlenes Mehl leisten können. Das Mehl wurde öfters gemahlen, dadurch war weniger Schale dabei. Das Mehl wurde immer heller und  wird Vorschlagmehl genannt. Es  ist feines, helles, raffiniertes Roggenmehl.
Arme Leute haben eher das dunkle Mehl genommen, der Menge wegen. Es  war jedoch gesünder. Man glaubte früher, Vorschlag wäre etwas Besseres. Heute weiß man, dass  es umgekehrt ist.
Früher war es Brauch, dass das Korn zur Mühle gebracht wurde. Der Müller hat es gemahlen. Das Mehl war dann frisch zum Backen entweder nach Hause oder zum Bäcker gebracht worden. Denn Mehl muß frisch sein nicht das Brot. Der Keim war aber damals noch drinnen. Damit haben die Leute schon etwas Vitales, ohne es zu wissen, bekommen.
Für Gastwirte, Landwirte und Betreiber von „Urlaub auf dem Bauernhof“ möchte Angerer den alten Brauch weiter anbieten. Sie können das Getreide selber anbauen. Sie bringen ihm dann 20 kg Korn, das gemahlen und zu dunklem Brot mit Natursauerteig gebacken wird. Mit reinem Gewissen kann dann gesagt werden, das ist Hoader Brot, Brot von meinem Acker. Es kann auch Dinkel mit Roggen gemischt werden. Angerer stellt nur eine Bedingung: Wenn schon, dann nur Vollkorn. Er entfernt die Schale nicht. Es wäre einfach zu schade, von unserem wertvollen Korn etwas wegzuschmeißen.
Angerer empfiehlt Landsorten anzubauen. Sie haben sich an unser Klima schon angepasst. Zuchtsorten sind gezüchtete Sorten, die zwar mehr Ertrag versprechen aber mit dem Risiko behaftet sind, einmal nicht aufzugehen, weil sie unser Klima nicht gewohnt sind.
Landsorten sind nicht manipuliert, nicht verändert und sind natürlich wie früher. Zuchtsorten sind sicher genetisch manipuliert. Viele Konsumenten haben dann Probleme. Dann empfiehlt der Arzt, keinen Dinkel  oder Dinkelmischungen mehr zu essen. Angerer empfiehlt dann, den richtigen Dinkel, den Urdinkel zu konsumieren. Der wird dann vertragen.

Publiziert in Ausgabe 6/2013

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