Dienstag, 02 Mai 2017 09:26

„Imker brauchen Schutz“

s22 titel 8 17Stellungnahme - Wir – die Südtiroler Buckfastvereinigung – möchten hiermit auf den Zeitungsartikel „Bienen brauchen Schutz“ reagieren, der leider in weiten Teilen fachliche Schwächen aufweist und bei vielen Behauptungen wissenschaftlichen Erkenntnissen völlig zuwiderläuft. Es ist sehr bedauerlich, dass unser aller Einsatz zum Wohle der Biene, unser gemeinsames Hobby, das für die Allgemeinheit so nützlich und fruchtbringend ist, durch Vorurteile und falsche Behauptungen gegenüber der Buckfast-Biene und deren Imker geschädigt wird. Hinsichtlich der im Artikel angeschlagenen Töne stellt sich dem kritischen Beobachter die Frage, wer denn nun eigentlich Schutz benötige: die Carnica-Biene oder etwa anders denkende Imker?
Viele Imker im Vinschgau sowie in ganz Südtirol, die es vorziehen, eine andere Rasse als die Carnica oder einfach nur mit Standbegattung zu imkern, fühlen sich durch die Behauptungen in solchen Artikeln diskriminiert. Erwähnenswert ist dabei, dass von den ca. 34.548 Bienenvölker in Südtirol lediglich ca. 4662 Völker mit Reinzuchtköniginnen beschickt sind, wovon es sich bei ca. 1000 um Buckfast-Königinnen  handelt. Die Imker der restlichen  90% der Völker arbeiten bewusst mit Standbegattung. Die Standbegattung ermöglicht ihnen das Imkern mit einer vitalen, leistungsfähigen und bunten Biene, die durch ihre genetische Vielfalt – begründet durch Vermehrung sowie Begattung vor Ort – über die Jahre einen hohen Anpassungsgrad an die lokalen Umweltbedingungen erreicht. Das Ideal für den „kleinen“ Hobbyimker!
Für uns ist es nicht ganz nachvollziehbar wieso immer wieder vom Vinschgau solch schlechte Stimmung gegenüber unserer Biene gemacht wird. In anderen Landesteilen, wo die Buckfast-Biene den Großteil der Bienenvölker stellt, gibt es keinerlei Probleme hinsichtlich der Sanftmut, der Vitalität, der Schwarmträgheit oder der Honigleistung der Völker . Dies entspricht völlig den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die der Carnica und Buckfast im Kreuzungsfalle eine gegenseitige positive Beeinflussung bescheinigen. In Deutschland wurde schon vor 20 Jahren, unterstützt von den führenden Bienenforschungsinstituten, eine „blinde“  Studie mit 700 Landrassenköniginnen durchgeführt, die den Einfluss von Buckfast und Carnica auf die Landrasse hinsichtlich Sanftmut, Räuberei, Wabenfluch etc. über mehrere Generationen untersucht hat. Der durchwegs positive Einfluss der Buckfast konnte hierbei wissenschaftlich festgestellt werden (nachzulesen unter www.imkerverein-kassel.de/images/Studie_Einfluss_von_Buckfast).
Durch solche „Attacken“, wie sie im Artikel „Bienen brauchen Schutz“ vorgenommen wurden, werden die Buckfastimker in ein schiefes Licht gerückt. Bei der für Bienenbelange sensiblen Bevölkerung werden damit falsche Informationen  verbreitet und Ängste geschürt. Deswegen sei an dieser Stelle mit allem Nachdruck noch einmal festgehalten: Die Buckfast-Biene ist eine erbfeste, nach strengsten Regeln fast 100 Jahr durchgezüchtete Bienenrasse, die sich durch große Sanftmut, Vitalität, Krankheitsfestigkeit, Schwarmträgheit und Honigleistung auszeichnet. Sie verhält sich wissenschaftlichen Studien (und der imkerlichen Praxis in weiten Landesteilen) zufolge zur Carnica-Rasse selbst bei Mehrfachkreuzungen harmonisch, d.h. es enstehen keine Völker, die als „Stecher“ oder in anderer Hinsicht negativ hervortreten.  
Trotz aller Begeisterung und Überzeugung für „unsere“ Biene würden wir uns nie anmaßen, andere Bienenrassen zu bewerten oder gar zu kritisieren. Vielmehr respektieren wir die Freiheit eines jeden, seine eigene Biene und seinen eigenen imkerlichen Weg  zu wählen diesen und mit Überzeugung und Leidenschaft zu gehen! Wir laden alle dazu ein, einmal selbst mit der Buckfast-Biene zu arbeiten und sich von ihr ein eigenes unvoreingenommene und vorurteilsfreies Bild zu machen. Es lässt doch immer am besten darüber sprechen, was man selbst kennengelernt hat und nicht nur vom Hörensagen glaubt zu kennen.
Abschließend möchten wir noch zur geforderten Schutzzone Stellung nehmen: Wenn eine Rasse das Recht hätte, geschützt zu werden, dann s22 0071wäre es die ursprünglich in Südtirol beheimatete Rasse, die dunkle Biene Apis melifera melifera (Tiroler Biene). Sie wurde vor Jahrzehnten von der importierten Carnica fast vollständig verdrängt. Fast zeitgleich fasste auch die Buckfast Fuß in Südtirol, wenn auch um einiges zögerlicher. Dem mitdenkenden Beobachter wir spätestens jetzt in aller Deutlichkeit klar, dass es vom historischen Standpunkt her gar kein „Recht“ auf besonderen Schutz für die Carnica geben kann, welche sowie schon in Südtirol durch vier Belegstellen garantiert ist.
Ein weitaus geeigneterer Ansatz für die Zukunft der Biene in Südtirol wäre es, Überlegungen anzustellen und Konzepte zu entwickeln, den Zuchtbemühungen aller Bienenrassen in Südtirol gerecht zu werden.  So könnte man z.B. auf Landesebene eine Besamungsstation errichten oder einen Lohnbesamer verpflichten. Jeder Imker – egal welcher Rasse seine Bienenköniginnen angehören – hätte die Möglichkeit, sie  besamen zu lassen. Man könnte die Begattungseinheiten dorthin schicken und am nächsten Tag zurückholen. Diese Art der Zucht würde viele Vorteile bieten, denn man wäre temperatur- und wetterunabhängig und könnte die Zuchtsaison  wesentlich verlängern  (von zwei auf vier bis fünf Monate). Dies soll nur ein Beispiel für konkrete Möglichkeiten sein, die es neben den Belegstellen gibt und die Südtirol zu einem Vorzeigemodell der konfliktfreien Rassenvielfalt machen könnte. Eine Basis für fachliche Diskussionen ist jedenfalls gegeben.
Respekt im Umgang, die Sachlichkeit im Ausdruck und die Fachlichkeit im Inhalt erachten wir als grundlegend für jede Zusammenarbeit und jeden Meinungsaustausch. Dies bieten wir von unserer Seite allen an, erwarten es in Zukunft aber auch von allen Imkerkollegen, die sich mit „unserer“ Bienen auseinandersetzen – insbesondere dann, wenn sie mit ihren Meinungen in der Öffentlichkeit auftreten.
Der Ausschuss der Südtiroler Buckfastimker Moser Walter, Klotzner Patrick, Kienzel Peter, Hofer Robert, Rungaldier Werner


Der Südtiroler Imkerbund stellt klar, dass die Aussagen im Art. „Fünf vor zwölf“ in der Ausgabe 8-17 des „Vinschgerwind“ ausschließlich die Meinung der zitierten Personen darstellt.
Der Südtiroler Imkerbund wird sich mit genannten Thematiken befassen, sobald die entsprechenden Anträge den dafür vorgesehenen Gremien vorgelegt werden.
Der Bundesvorstand des Südtiroler Imkerbundes

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Publiziert in Ausgabe 9/2017

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