Dienstag, 03 November 2015 12:00

Der Göflaner „Rittl“

Aus dem Gerichtssaal

In der Tiroler Mundart bedeutet Rittl ein stark verknotetes Seil oder Garn, den zu entwirren viel Geduld und erhebliches Geschick erfordert. Doch was hat das mit Göflan zu tun? Nun, Sie werden es erraten haben, es geht dabei um den heillos verstrickten juristischen Spagat rund um den Abtransport des Marmors aus dem Wantlbruch. An diesem Knoten haben viele mitgewirkt, angefangen von der Eigenverwaltung bis zur Gemeinde Schlanders. Hier zur Erinnerung die einzelnen (Kreuzweg)-Stationen:
1) Im Konzessionsvertrag mit der „Göflaner Marmor GmbH“ hatte sich die Gemeinde Schlanders verpflichtet, den Abtransport des „weißen Goldes“ vom Bruch bis ins Tal zu organisieren. Gedacht war dabei an einen Lkw-Transport über die bestehende Forststraße. Doch dabei trat das erste Hindernis auf: ein Teilstück der Forststraße führte am „Tafratzhof“ vorbei, zu welchem ein kleines Stück der Straße gehörte. Die Gemeinde glaubte das Hindernis in der Weise umgehen zu können, dass sie den Tafratzer kurzerhand entschädigungslos enteignete. Dieser setzte sich zur Wehr und bekam vor dem Verwaltungsgericht Recht: eine Enteignung ohne Vergütung ist rechtlich ein Unding.
2) Der Gemeinderat von Schlanders wollte nun endlich „Nägel mit Köpfen“ machen und beschloss, die Forststraße in den „Wantlbruch“ zur „Marmorstraße“ zu deklarieren und daraus eine Gemeindestraße zu machen. Der Straßenabschnitt, welcher über den Grund des Tafratzhofbauern verlief, sollte enteignet werden. Der kämpferische Tafratzer zog neuerlich vor Gericht, und wieder war Justitia auf seiner Seite: eine Enteignung könne nur im öffentlichen Interesse erfolgen und nicht zu Gunsten eines privaten Bruchbetreibers. Also wieder ein Schlag ins Wasser!
3) Die Schlanderser und Göflaner Gemeindeväter setzten nun auf ein anderes „Pferd“: Sie erwirkten beim Land eine provisorische Fahrerlaubnis über die bestehende Forststraße. Diese gestattete ihnen das Fahren auch über den Grund des Tafratzhofes. Wieder focht der Bauer die Transportgenehmigung an, wieder bekam er Recht: auf Forststraßen darf das Land in Ausnahmefällen eine Fahrgenehmigung ausstellen, aber nur, wenn die Fahrten im öffentlichen Interesse sind und das Einverständnis der Grundeigentümer eingeholt wurde. Der Tafratzer hatte seine Zustimmung verweigert, also darf sein Grund nicht befahren werden. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist mittlerweile rechtskräftig. Trotzdem hat das Land am 29.05.2015 eine neue „provisorische“ Abtransportgenehmigung erteilt, welche nun vom Verwaltungsgericht ein weiteres Mal „kassiert“ und als Vollstreckungsvereitelung eines rechtskräftigen Urteils eingestuft wurde. Nicht gerade die Bestnote für eine öffentliche Verwaltung, welche von ihren Bürgern die Einhaltung der Gesetze fordert und somit als erste die Legalität vorleben müsste!
Dieser ganze juristische Hickhack ist Manna vom Himmel für manche Anwälte, für die Gemeinde und die Eigenverwaltung allerdings kein Zeugnis für sorgsamen Umgang mit Einnahmen und Steuergeldern! Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass dem Bruchbetreiber endlich der Kragen platzt und er eine Seilbahn vom Wantlbruch ins Tal baut. Aber dann wäre wirklich die Politik gefragt, welche beide Bruchbetreiber zwingen müsste, dieses Vorhaben gemeinsam zu verwirklichen!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

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Publiziert in Ausgabe 22/2015

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