„Wir müssen ändern“

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Landesrat Luis Walcher und SVP-Bezirksobmann Albrecht Plangger:  Die Werbestrategie der IDM wird geändert - künftig soll mit Motiven aus dem Vinschgau und aus dem Bozner Unterland geworben werden Landesrat Luis Walcher und SVP-Bezirksobmann Albrecht Plangger: Die Werbestrategie der IDM wird geändert - künftig soll mit Motiven aus dem Vinschgau und aus dem Bozner Unterland geworben werden

Schlanders/Vinschgau - Leidenschaft für Politik, so kann man die Sitzung des SVP-Bezirksausschusses am 12. Februar in Schlanders zusammenfassen. Es wurde debattiert, aufgerufen, gezweifelt, kritisiert, gelobt und lautstark gefordert. Ein Protokoll über Wünsche, Sorgen und Ängste aus SVP-Kreisen.

von Erwin Bernhart

SVP-Ausschusssitzungen sind im Vinschgau Standortbestimmungen, Informationenweitergabe, Klagemauer und angeregtes Schimpfen. Diese Gemengelage gab es auch bei der SVP-Ausschusssitzung am 12. Februar im Gamperheim von Schlanders.

Albrecht Plangger
Die „Bettenstoppgschicht“, die Gemeindewahlen, für die sich alle um die Suche nach Kandidaten bemühen sprach SVP-Bezirksobmann Albrecht Plangger kurz in seiner Begrüßung und in seinem Bericht an. Mit dem Landeshauptmann und mit dem Energielandesrat Brunner habe es jüngst ein Kontakttreffen gegeben. Unter anderem sei das „Tor zum Nationalpark“ in Gomagoi angesprochen worden, „weil man da nicht weiterkomme“, sagte Plangger. Vereinbart sei, dass am Joch oben die Nationalpark-Gesellschaft Toiletten, Radabstellplätze usw. herrichten und bauen solle und die Festung Trafoi solle das Land aus- und fertigbauen.
Mit LR Brunner wurde ein Energietisch, an dem Experten in der Stromwirtschaft teilnehmen sollten, angeregt und besprochen. Und angesichts des Klimawandels stellte Plangger die Frage, ob es denn nicht opportun sei, die Schrauben beim Gewässerschutz zu lockern. Denn es wären noch einige Kraftwerke durchaus möglich, vor allem Trinkwasserkraftwerke, wie sie in Nordtirol derzeit massiv ausgebaut würden. Sollte beim Gewässerschutzplan, der in den Ministerien in Rom hinterlegt sei, nichts zu machen sein, dann müsse man halt die Fehler zugeben, die durch das „Anziehen der Schrauben 2016“ geschehen seien. Das Gesetz zur Agriphotovoltaik solle Ende des Monats kommen, sagte Plangger und regte an, zu überlegen, ob Photovoltaik über Teilen von den Stauseen in Graun, Martell und in Schnals und auch am Ausgleichsbecken bei Glurns möglich sein könnten. Für die drei Biogasanlagen im Vinschgau forderte Plangger ein Änderung des Dekretes, damit die Anlagen wiederum Anrecht au 80 % Fördergelder haben. Der LH habe versprochen, sich nach den Gemeinderatswahlen mit dem Wahlgesetz zum Landtag zu beschäftigen. Planggers Idee dafür ist ein fixer Listenplatz für den Vinschgau auf der SVP-Liste. Der LH habe gesagt, dass, wenn schon, dies mit Vorwahlen mit entsprechenden Vorzugsstimmen bewerkstelligt werden müsse.

Irmgard Gamper
Die SVP-Bezirksobmann-Stellvertreterin Irmgard Gamper fasste dann diverse Fragestellungen für den anwesenden Tourismus- und Agrarlandesrat Luis Walcher zusammen. Wie solle denn die Herkunftsbezeichnung für tierische und Milchprodukte in der Gastronomie vonstatten gehen. Wie es mit dem „grünen Euro“ bei der Ortstaxe ausschaue, der für Landschaftspflege bzw. für viehhaltende Betriebe angedacht sei. Und der große Brocken „Bettenstopp“. „Der Vinschgau leidet zu keiner Zeit und an keinem Ort an Übertourismus“, schickte Gamper voraus. Ob denn da Nachbesserungen gemacht würden?
Zuerst in eigener Sache, begann der Landesrat Luis Walcher seine Ausführung energisch. Die Frage, ob ein Tourismusbetrieb den Aufenthalt eines Gastes verweigern könne, sei gesetzlich klar geregelt. „Jeder Gast ist aufzunehmen“, sagte Walcher mit Bezug auf die nationale und internationale Polemik, die das Hotel Elephant in Brixen durch den Rauswurf von Alexander Gauland entfacht hatte.
Dann zu den Fragestellungen und zur Sache. Er habe, so Walcher, das Tourismusentwicklungskonzept geerbt und „Wir werden da etwas ändern müssen.“ Baff sei er gewesen, als bei der Bettenzählung durch die Gemeinden 25.000 mehr Betten herausgekommen seien. Walcher nennt als Beispiel einen Betrieb, bei dem 50 Betten mehr verbucht und vermietet als auf der Betriebslizenz drauf waren.
Ein anderes Problem rolle auf Südtirol zu. Derzeit stehen südtirolweit rund 30 Hotelbetriebe zum Verkauf. In der Provinz Trient seien es 100 Betriebe. Die nicht sicher gestellte Nachfolge in den Betrieben werde wohl zunehmen und so zu einem großen Problem.
Die Regelung im Tourismusentwicklungskonzept sieht vor, dass aufgeteilt auf die Gemeinden für 10 Jahre 7.000 neue Gästebetten zur Verfügung stünden, dem Land zur Vergabe vorbehalten sind 1.000 Betten. „In meinen ersten Amtstagen hätte ich jede Woche 1.000 Betten vergeben können“, sagt Walcher. Walcher musste zugeben, dass „wir nicht imstande sind, die gezählten und die ungezählten Betten zu verwalten.“ „Wir haben in vielen Orten zu viel Tourismus. Mehr als voll geht nicht.“
Die Dolomiten werden, so die Diktion von Walcher, ab sofort nicht mehr als Werbung zum Einsatz kommen. Andere Gegenden sollen den Vorzug für die Bewerbung nach außen erhalten. „Der Vinschgau und das Unterland“, sagt Walcher, „wir müssen solchen Gegenden eine Chance geben.“ Im Vinschgau sei noch Platz genug.
Er habe bisher den Vinschgau als Einheit wahrgenommen. Aber im Tourismus gebe es offensichtlich zwei Einheiten, sagt Walcher, ohne den Alleingang der Ferienregionen Obervinschgau und Reschenpass beim Namen zu nennen. Aber alle müssten die Marke Vinschgau in ihrem Namen drin haben, forderte Walcher unmissverständlich. Der kleinste gemeinsame Nenner müsse bleiben. „Ich fordere eure Identität“, wird es Walcher etwas später formulieren.
Wenig Begeisterung löse in der Landesregierung das Bestreben des Kollegen Franz Locher und der Grünen aus, die genaue Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel auf den Menükarten von Restaurants einführen zu wollen. Das sei ein Mehraufwand an Bürokratie. Das bisherige Gesetz entspreche dem EU-Recht. „Wir wollen eigentlich, dass Südtiroler Produkte auf die Teller kommen. Die Verteilung muss über die HOGAST gehen, da sind wir im Gespräch. Das macht Sinn. Keinen Sinn macht es, die Menükarten alle zwei Tage austauschen zu müssen“, sagte Walcher.
Es müsse bei der Ortstaxe eine Beruhigung eintreten. Eine 10-prozentige Erhöhung sei der letzte Schritt gewesen. Schließlich habe Südtirol in diesem Bereich primäre Gesetzgebung. Thema erledigt. Ein gutes Angebot habe man bei der Guestcard, bei der Gästekarte für Mobilität.
Der „grüne Euro“ stehe tatsächlich im Raum. Aber bevor man sich an diese Materie wage, müsse man genaue Kriterien für die Berglandwirtschaft erstellen. „Die Frage wird sein, wie wir die Bauern auf den Höfen halten können“, sagte Walcher und nennt das Beispiel aus dem benachbarten Graubünden. Von den ehemals 3.000 Bauern seien heute 2.000 übriggeblieben. Jeder Bauer bekomme jährlich 100.000 Franken in die Hand, für die Grünlandpflege. Graubünden habe erkannt, dass ohne die Landwirtschaft der Tourismus zusammenbreche.
Walcher beschrieb Auswüchse des Overtourism so: In Corvara koste die Capricciosa 19,50 Euro. Die Einheimischen können sich solche Preise nicht leisten und fahren für eine Pizza kilometerweit. „Da muss man acht geben“, warnt Walcher. Denn in einem Dorf seien es gerade die Gasthäuser, die einen sozialen Brennpunkt für das Dorfleben ausmachen.
Über die vier Jahre, innerhalb derer ausgewiesene Tourismuszonen verbaut werden sollen, ist man dabei mit dem LH zu reden, damit „der LH herwärts schaut“, um diese Fristen verlängern zu können.

Applaus für LR Luis Walcher
Walcher bekommt für seine Ausführungen großen Applaus in der Runde der SVP-Ortsobleute, der Mandatare und der eingeladenen Touristiker.
Dann gab es teils heftige Diskussionen. Karl Pfitscher, der Schlanderser SVP-Wirtschaftsobmann, sagt, dass der „Bettenstopp nicht in Ordnung war“. Der Vinschgau etwa vertrage noch viel Tourismus. Und zur Marke Vinschgau sagte Pfitscher in Richtung Obervinschgau: „Ich hoffe, dass wir alle Vinschger sind.“ Man habe mit Vinschgau Marketing ein gutes Produkt gehabt. Aber die IDM hat, von oben verordnet, „bei uns viel zerschlagen. In der DME-West haben die „Supergscheiden von IDM“ den Ton angegeben und „wir hatten nichts zu melden“. Und nun seien die zwei Ferienregionen im Obervinschgau abgesprungen. „Wo seimer denn?“ rief Pfitscher in die Runde. Bei der Ortstaxe habe man den Anteil der Gemeinde so verhandelt, dass dieses Geld wieder dem Tourismus zufließen solle. „Die Politik und die Leute müssen verstehen, dass die Tourismusvereine auch für die Allgemeinheit da sind“, sagte Pfitscher.
Egon Raffeiner von der SVP-Ortsgruppe Karthaus und Bauamtsleiter in der Gemeinde Algund gab detaillierten Einblick in die verwaltungstechnischen Abläufe, die so nicht gehen können. Dass etwa der Landesbeirat Durchführungspläne nicht lesen könne, dass es bei den „Schlafgelegenheiten“ große Differenzen zwischen genehmigten, belegten und beworbenen Betten gebe. „Mit dem Bettenstopp hat man ein Fass aufgemacht, das man nicht mehr zubekommt. Der Beschluss funktioniert hinten und vorne nicht. Der Beschluss wäre in die Tonne zu treten“, sagte Raffeiner. Eine Überarbeitung des Gesetzes forderte auch der Marteller BM Georg Altstätter.
Walcher mahnte Ehrlichkeit bei der Bewerbung ein. Auch der LH wolle den Vinschgau in allen Bewerbungen drinnen haben. „Ich möchte nicht sagen, dass ich ansonsten weniger Geld geben werde“, versteckte Walcher seine Drohung. Und bei den Tourismuszonen müsse es eine Verlängerung geben. Und auch die Einstufungen der Gemeinden von „entwickelt“, „wenig entwickelt“ usw. müsse man sich nochmals anschauen.
Plangger brachte die Wolfsproblematik aufs Tapet und erinnerte an die 40 Risse, die Wölfe im vorigen Jahr zwischen Laas und Langtaufers begangen hätten. ER hoffe, dass sich der Landesrat Walcher da hineinknien werde. Es sei, so Plangger, der falsche Weg, dass nur Wilderei helfe. Der Kastelbeller BM Gustav Tappeiner beleuchtete die Bedrohung durch den Wolf und die damit einhergehenden Zusammenhänge von Berglandwirtschaft, Alm- und Weidewirtschaft bis hin zur Sicherheit der Bevölkerung und der Touristen.
Es sei inzwischen auch in den Ministerien angekommen, dass der Wolf italienweit ein Riesenproblem darstelle, entgegnete Walcher und dass man italienweit an eine Obergrenze der Anzahl der Individuen denke.
Schließlich brachte Plangger auch das Prozedere beim Parkplan zur Kenntnis. Am 11. Februar seien er und BM Altstätter in Rom gewesen und hätten beim von der Abgeordneten Renate Gebhard vorbereiteten Minister und seinem Generalsekretär vorgesprochen, um die Unterschiede der Parkanteile Südtirols, des Trentino und der Lombardei klarzumachen. Da müsse man dranbleiben und „alle 14 Tage eine Bozner Abordnung beim Minister vorsprechen, sagte Plangger. Man wolle zuerst ein Dekret für den Südtiroler Anteil für Höfe und Almen erwirken, um Rechtssicherheit zu bekommen.
Sepp Noggler berichtete über die anstehenden Diskussionen im Regional- und im Landtag. Über das Gemeindewahlgesetz, über die Quoten und über die Autobahn im Regionalrat und über die anstehenden Gesetze über Wohnbau und über das Gesetz zum Ehrenamt.

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