Schlanders/BASIS - Welche Chancen und welche Gefahren liegen in der neuen Gentechnik CRISPR/Cas? Darum ging es in den beiden Impulsreferaten von Eva Gelinsky und Thomas Letschka am 30. Oktober beim Campo #7 von Basis Vinschgau.
von Heinrich Zoderer
Der Molekularbiologe Thomas Letschka vom Versuchszentrum Laimburg und Leiter des Instituts für Agrikulturchemie und Lebensmittelqualität sieht in der neuen Gentechnik vor allem Chancen für eine nachhaltige Landwirtschaft, die durch diese neue Züchtungsmethode an die Umweltbedingungen und den Klimawandel angepasste Apfelsorten entwickeln kann, welche auch widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind. Eva Gelinsky von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit und Mitglied in der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) sieht die neue Gentechnik sehr kritisch. Letschka meinte, dass der Mensch immer schon versucht hat durch Züchtungen neue Sorten zu erzeugen. In der Vergangenheit war das langwierig und aufwändig durch Kreuzungsprogramme, radioaktive Bestrahlung, durch Behandlung mit Chemikalien oder durch die klassische Gentechnik, wobei fremde Gene in das Erbgut eingebaut wurden. 2012 entwickelten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, zwei Molekularbiologinnen, ein neues Verfahren, um DNA-Bausteine im Erbgut ganz gezielt zu ersetzen. Die neue Gentechnik CRISPR/Cas wird auch als Gen-Schere bzw. Genom-Editierung bezeichnet. Durch diese Methode können einzelne Gene, d.h. DNA-Bausteine, umgeschrieben oder „editiert“ werden. Das bedeutet Zeit- und Kostenersparnis, aber auch mehr Sicherheit und Kontrolle durch mehr Präzision. Es ist nach Letschka kein Allheilmittel und muss sinnvoll eingesetzt werden. Außerdem braucht es eine angepasste Gesetzgebung und klare Rahmenbedingungen. Eva Gelinsky betonte, dass der Europäische Gerichtshof in einem Grundsatzurteil 2018 bestätigt hat, dass auch die neuen gentechnischen Verfahren nach dem EU-Gentechnikrecht reguliert werden müssen, d.h. dass sie auch ein Zulassungsverfahren mit einer Risikobewertung durchlaufen müssen. Das EU Parlament will die neuartigen Gentechnik Pflanzen von strengen Zulassungsregeln befreien. Gelinsky kritisierte, dass es Anwenderforschung, aber kaum Risikoforschung gibt. Sie meint, dass das Vorsorgeprinzip und die Transparenz bei der Forschung zu berücksichtigen sind. Gentechnik fördert große Konzerne, die sich Patente sichern und so Bauern in ein Abhängigkeitsverhältnis treiben. Durch diese neue Methode können Biobauern ihre gentechnikfreien Produkte nicht mehr schützen. Wichtig wäre eine Agrarwende mit mehr Vielfalt und einem Saatgut, das als Gemeingut angesehen wird. Es braucht eine klima- und ressoucenschonende Landwirtschaft mit kleinbäuerlichen Strukturen.