Glurns/Laatsch - Vor kurzem wurde ein Stück des Rambaches mustergültig revitalisiert. An der Qualität dieser Arbeiten gibt es nichts auszusetzen. Sehr zu wünschen übrig lässt einzig die Quantität, sagt der Fischerverein Meran.
Denn es bräuchte genau solche Projekte in ganz anderen Größenordnungen, um die selbst beschlossenen Maßnahmen im Etschdialog sowie das politische Ziel, „Südtirol bis 2030 zum Land der Artenvielfalt zu machen“.
Im zweiten Anlauf hat es nun endlich geklappt. Unter der Regie der Abteilung Wasserschutzbauten präsentiert sich seit kurzem ein ca. 150 m langes Stück des Rambaches überraschend naturnah. Endlich aus dem (zu) engen Korsett der hart verbauten Ufer befreit, mit ausreichend Platz für eine natürliche Dynamik und vielfältigen Strukturen, darunter auch erfreulich viel Flussholz. Als ökologische Ausgleichsmaßnahme für den Bau des Rambachwerkes vorgeschrieben, glich die ursprüngliche Umsetzung leider eher einem provisorischen Bypass, denn einer Revitalisierung. Für die nunmehrige Umgestaltung gebührt den Verantwortlichen großer Dank.
Wermutstropfen bleibt einzig die Dimension der Maßnahme. Denn auf die Situation der Gewässer in der Obervinschger Talsohle umgelegt, ist diese Revitalisierung maximal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Dabei wären umfangreiche Aufweitungs- und Revitalisierungsmaßnahmen nicht nur am Rambach, sondern auch an den rund 15 km Etsch von Glurns bis Laas dringend notwendig. Vom deutlich erhöhten Hochwasserschutz profitieren würde nicht nur der Vinschgau selbst sowie die Unterlieger entlang der Etsch. Auch die Landschaft sowie die Biodiversität könnten im wahrsten Sinne des Wortes aufblühen. Zu diesen Ergebnissen kam im Jahr 2009 der Etschdialog, ein Flussgebietsplan und Einbeziehung aller relevanten Interessensvertreter. Verabschiedet wurde damals auch ein ambitionierter Maßnahmen-Katalog mit weit über hundert konkreten Maßnahmen, von denen viele auch unmittelbar die Aufwertung und Wiederherstellung der natürlichen Gewässerläufe betreffen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben einen Umsetzungshorizont von 15 bis 20 Jahren, sollten also zwischen 2024 und 2029 umgesetzt sein. Passiert ist seitdem leider sehr wenig. Dabei fehlt es nicht so sehr an Flächen, da gerade im Planungsgebiet eine Reihe von Naturräumen aber auch Produktiv-Flächen im öffentlichen Besitz sind (Land, Gemeinden, Fraktionen, …). Zudem gilt auch die AGRIOS-Betriebe im Vinschgau die Selbstverpflichtung, 5 % der Produktionsflächen einer ökologischen Zielsetzung zuzuführen. Würden diese Flächen gebündelt, stünden duzende zusätzliche Hektar bereit. Auch eine konsequente Politik bei der Genehmigung von Bauvorhaben, Kraftwerkskonzessionen, Schottergruben, usw. könnte für die Bereitstellung von ausreichend Flächen sorgen. Und nicht zuletzt ließen sich substanzielle Gelder über EU-Förderschienen akquirieren. So stehen ganz aktuell im LEADER-Programm unter anderem Gelder für „nichtproduktive Investitionen in ländlichen Gebieten“ zur Abholung bereit, bei denen es explizit um den Erhalt der biologischen Vielfalt geht.
Anstatt immer nur vom Schutz der Landschaft und der Biodiversität zu reden und die Nachhaltigkeit zu predigen fordert der Fischereiverein von Politik und Verwaltung deutlich mehr Engagement und Tempo bei der konkreten Umsetzung von gemeinsam erarbeiteten und verabschiedeten Maßnahmen. Es ist bereits alles vorhanden, es fehlt einzig der Wille.