Im BM-Modus

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Den neuen BM von Naturns Zeno Christanell haben die Naturnser mit Vorschusslorbeeren gewählt. Christanell, seit 20 Jahren im Gemeinderat, davon 15 Jahre als Gemeindereferent, muss nun liefern. Den neuen BM von Naturns Zeno Christanell haben die Naturnser mit Vorschusslorbeeren gewählt. Christanell, seit 20 Jahren im Gemeinderat, davon 15 Jahre als Gemeindereferent, muss nun liefern.

Naturns - Zeno Christanell und seine Mannschaft im Ausschuss und im Gemeinderat krempeln die Ärmel hoch und beginnen, im Wahlkampf Versprochenes umzusetzen. Allerdings ist die Gemeindekassa klamm - auslagern, umdenken und neue Geldquellen erschließen ist die Devise.

 

Zeno Christanell ist im Bürgermeister-Modus. Ein Termin jagt den anderen. Gerade eben hat er gemeinsam mit Generalsekretärin Katja Götsch das Haushaltsdefizit 2019 von gut einer halben Million Euro zurechtgezurrt. Christanell empfängt mit freundlicher Gelassenheit. Hinter seinem neuen Arbeitsplatz hat er ein großformatiges Bild von Walter Auer angebracht. „Ich weiß nicht woher, ich weiß nicht wohin, ich weiß nicht warum ich so fröhlich bin“, hat Auer unter das Bild geschrieben. Ob das das neue Motto des neuen Bürgermeisters von Naturns ist?
Christanell weiß, was er will und wohin er will. Mit großen Vorschusslorbeeren hat ihn der Großteil der Naturnser zum Bürgermeister gewählt. Cousin Jonas Christanell, der mit im Rennen war, war chancenlos. Zeno Christanell ist kein Neuling in der Politik. Seit 20 Jahren ist Christanell im Gemeinderat von Naturns, die ersten 15 Jahre davon als Gemeindereferent, die letzten 5 Jahre - als Mandatsbeschränkter - als einfaches Gemeinderatsmitglied. Die Kandidatur für den Landtag vor zwei Jahren ist in die Hosen gegangen. Resigniert hat Christanell nicht. Er kennt die res pubblica, also die öffentlichen Angelegenheiten, die Gemeindepolitik. Das ist sein Ding.
Seine programmatische Erklärung für die Legislaturperiode 2020-2025, die der Gemeinderat anstandslos genehmigt hat, enthält geschliffene und gekonnte Formulierungen. Mehr Grün für Naturns - wörtlich gemeint, mehr Radfahrer, Schutz für Fußgänger, Achtung bei Neubauten, vom Tourismus sollten alle profitieren. Es ist die Kür, die Pflicht kommt noch.

Christanell hat sich im Ausschuss mit VizeBM Michael Ganthaler, mit Astrid Pichler, mit Florian Gruber und mit Helmut Müller und Barbara Pratzner umgeben, der Wählerwille wollte es so. Christanell hatte so nicht ganz freie Hand.
Dass die Mannschaft um Christanell die Ärmel hochkrempeln will, haben schon die ersten Gemeinderatssitzungen gezeigt. So etwa am 23. November - online und ohne Publikum.
Diskutiert wurde eine Vereinbarung mit der Tourismusgenossenschaft Naturns. Es geht um das Thermalwasser, sagt Christanell. Im Zuge des Tunnelbaus bei Staben kam eine neue Quelle zum Vorschein. Staben hat mit Kochenmoos bereits eine Thermalquelle. Eine ähnliche Zusammensetzung vermutete man nun bei der neuen Quelle. Nach eingehenden Studien, vom ehemaligen BM Andreas Heidegger in die Wege geleitet, hat sich herausgestellt, dass diese neue Quelle „Kochenmoos 2“ Gold wert sein könnte. Vor vier Jahren kam die Bestätigung aus dem Gesundheitsministerium in Rom: Thermalquelle, verwendbar für therapeutische Zwecke.

„Von dieser Thermalquelle soll die gesamte Gemeinde Naturns profitieren“, sagt Zeno Christanell. Eine Synergiesuche mit den Thermen in Meran sei durchaus angedacht. Aber zuvor müsse das Thermalwasser ins Dorf gelangen. In der Vereinbarung steht, dass die Tourismusgenossenchaft die Wasserleitung von der Quelle bis ins Erlebnisbad Naturns finanzieren soll. Rund eine Million Euro soll das Unterfangen kosten. 10 Tourismusbetriebe haben Interesse für die Nutzung des Thermalwassers angekündigt. Für die Nutzung soll der Trinkwassertarif ab 2003 angewandt werden. Und das Geld fließt direkt in das Gemeinde-Konto für Trinkwasser. Weil diese Vorgangsweise für Südtirol neu ist, hat LH Arno Kompatscher ein eigenes Dekret für Naturns erlassen. Die Einnahmen für Thermalwasser können mit dem Trinkwasser verrechnet werden. Damit der Trinkwassertarif nicht erhöht werden müsse, sagt Christanell. Denn wenn Thermalwasser für Schwimmbäder oder anderen Anwendungen genutzt werde, ersetze dies das Trinkwasser. Damit würde weniger Trinkwasser verbraucht und der Tarif müsste erhöht werden. Muss er aber nicht, wenn das Thermalwasser mit dem Trinkwasser verrechnet wird.
Ein Teil des Thermalwassers soll in das öffentliche und damit für alle zugängliche Schwimmbad gelangen. Ein eigenes Becken dafür ist geplant. „Morgen wird das Schwimmbad dann Thermalbad heißen“, freut sich Christanell. Das neue Becken und eine Art „Facelifting“ wird auch die Tourismusgenossenschaft finanzieren und sich um entsprechendes Marketing und ein Führungskonzept kümmern.
Christanell ist Realist genug, um mögliche Thermalträume im Zaum halten zu können. Eine Thermalgemeinde Naturns kann er sich vorstellen. Gäste und auch Einheimische sollen weniger in ein bestimmtes Hotel kommen, sondern in eine Thermalgemeinde Naturns. „Das ist dann ein Mehrwert für die Allgemeinheit“, sagt Christanell.

Anzugehende Themen gibt es in Naturns viele. Christanell weiß, dass er liefern muss. Etwa bei der Bahnhofsstraße. In der „Vision 2030+“, erarbeitet von Bürgern, heißt es unmissverständlich, dass die Bahnhofsstraße verkehrsberuhigt werden soll, wenn möglich eine Einbahnstraße. Christanell zeigt die Pläne dafür: Autos sollen in der Bahnhofsstraße nur noch vom Dorfkern in Richtung Bahnhof fahren dürfen. Ein Teil der Fahrbahn wird so für Fahrradfahrer frei. Es steht bereits fest, wo die entsprechenden Verkehrsschilder angebracht werden. Die Einbahn in der Bahnhofsstraße ist auf Schiene. Die finanziellen Mittel dafür sind im Haushalt vorgesehen. „Das wird 2021 umgesetzt, probeweise für ein Jahr“, sagt Christanell. Zusätzlich werden die Dammstraße auch die Gustav-Flora-Straße eine 40er Zone, eine 30er Zone ist in Staben vorgesehen. In der Feldgasse in Schulnähe ist eine Schrankenanlage geplant. Alles 2021, also bald und konkret.

Auch Großbauten werden konkret. So sind die finanziellen Mittel von 800.000 Euro für den Neubau des Recyclinghofes für das Jahr 2021 fix eingeplant. „Der Referent kann umsetzen“, lacht Christanell und spielt damit auf den unter anderem für den Müll zuständigen Helmut Müller an.

Das betreute Wohnen, welches als Zubau an das Seniorenheim bereits seit längerem in der Planungsschiene ist, soll ebenfalls 2021 angegangen werden. Die Zusage für die Finanzierung sei da, sagt Christanell.
Beim Naturparkhaus, für den Bau ist die Gemeinde Naturns zuständig, fehlt noch die Einrichtung und für die ist das Land zuständig. Dass diese Mittel im Landeshauhalt vorgesehen werden, darüber hat sich Christanell bereits mit LH Arno Kompatscher ausgetauscht.
Beim Fernheizwerk stehe man bei Null, gibt Christanell unumwunden zu. Im Fernheizwerk unter der Mittelschule ist seit längerem der alte Hackgutofen stillgelegt. Die Heizung wird mit Erdgas betrieben. Ein unbefriedigender Zustand, so Christanell. Für einen Neubau habe man kein Geld. Man werde sich wohl einen strategischen Partner suchen müssen. Allerdings seien die Mitarbeiter des Bauhofes dabei, Schritt für Schritt die Heizanlagen, die Übergabestationen und die Technik selbst zu übernehmen und zu warten. Damit das Gebäudemanagement in die Hände der Gemeinde komme und damit mehr Transparenz Einzug halten könne.

Und dann gibt es da noch einen großen Brocken: die Konzession am Schnalser Stausee mit dem E-Werk im Naturnser Hangfuß verfällt 2023. Naturns streckt die Fühler aus - ja muss die Fühler ausstrecken in Richtung Einnahmen, in Richtung neue Einnahmen. Es sei der 1. Punkt bei der ersten Aussprache mit LH Arno Kompatscher gewesen, sagt Zeno Christanell. Denn die Gemeinde Naturns hat außer der Gebäudesteuer GIS, wie sie andere Gemeinden auch haben, keine eigenen Einnahmen. Die Gemeindekassa ist klamm und das hat einen guten Grund. Christanell beschreibt es so: „Die Gemeinde Naturns ist gut aufgestellt und als stark entwickelt eingestuft. Wir haben viele und gut funktionierende Dienste, von denen die Bürgerinnen und Bürger profitieren. Aber - wir geben etwas mehr aus als wir einnehmen.“ Eine Möglichkeit wäre, die Dienste und Angebote zu beschränken, einzusparen. Eine andere Möglichkeit bietet sich damit, bisher nicht zugängliche Einnahmen zu generieren. Und da kommt die Stromkonzession am Schnalser Stausee ins Spiel. Als Anrainergemeinde hat Naturns in der Vergangenheit durch die Finger geschaut. Auch weil die Konzessionsverlängerung damals vor zehn Jahren für die Etschwerke ohne größere Umweltauflagen und Abgaben an die Standortgemeinden über die Bühne gegangen ist. Anders etwa als in Ulten oder Lana, die von den Umweltauflagen und Uferzinsgelder enorm profitiert haben.
Derzeit gibt es kein Vergabegesetz für Stromkonzessionen im Lande. LH Arno Kompatscher hat angekündigt, dass ein solches Gesetz im Frühjahr 2021 in den Landtag kommen werde und er hat Christanell versprochen, dass darin entsprechende Abgaben für die Standortgemeinden vorgesehen sein werden.
Christanell will abwarten und dann das Gesetz und den darin enthaltenen Mehrwert für die Gemeinde Naturns bewerten. „Es muss viel mehr herausschauen, als bisher“, sagt Christanell. Den Schulterschluss mit dem Schnalser BM Karl Josef Rainer hat Christanell bereits angebahnt.

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