Restaurator und Schatzsucher

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Thomas Zischg, Restaurator und Hobbyarchäologe aus Prad Thomas Zischg, Restaurator und Hobbyarchäologe aus Prad

Viele seiner Vorfahren waren Tischler. Sein Vater Johann hat 1964 einen Tischlerbetrieb in Prad gegründet und mit seinem Bruder geführt. Thomas Zischg, geboren 1971, erlernte das Tischlerhandwerk im Betrieb seines Vaters. 1999 machte er die Meisterprüfung. Heute ist er selbst Mitglied in der Prüfungskommission der Meisterprüfung. Auch sein älterer Bruder Peter, der den Betrieb des Vaters führt, ist Tischlermeister. Thomas hat sich über die Jahre zum Restaurator weitergebildet und 2004 dann schließlich einen eigenen Handwerksbetrieb eröffnet. Fasziniert von der Geschichte und von antiken Wohnungseinrichtungen, durfte er schon viele alte Häuser, Schlösser, Stuben und Möbel restaurieren. In seiner Freizeit begibt er sich auf Schatzsuche mit dem Metalldetektor. Als Hobbyarchäologe und Sondengänger durchstreift er Wiesen und Felder, auf der Suche nach verborgenen Schätzen der Vergangenheit.

von Heinrich Zoderer

An einem Freitag treffe ich mich um 9 Uhr in seiner Werkstätte am St. Antonweg 71 in Prad. Wir gehen durch die Werkstätte und es ist wie ein Gang durch ein Museum. Dort stehen alte Truhen, alte Kästen, Schilder, Stühle, eine Kutsche, Polstersessel, Teile von gotischen Stuben. Auf dem Boden liegen Bretter von alten Holzböden. Einige Möbelstücke sind bereits fertig restauriert, andere warten noch darauf wieder im alten Glanz zu erstrahlen. Früher wurden viele dieser alten Möbel einfach irgendwo abgestellt, weggeworfen, verbrannt oder verkauft. Thomas erzählt mir viele Geschichten und wir tauchen ein in eine Vergangenheit und suchen nach Spuren, wie die Menschen früher gelebt, gearbeitet und ihre Lebensträume und Lebensdaten in den verschiedenen Möbelstücken hinterlassen haben. Wir reden über alte Arbeitstechniken, wie Einlegearbeiten (Intarsien), Schnitzereien, Holzmalereien, die Imitationstechniken des Maserieren (Holzimitation), und des Marmorieren (Steinimitation), das Vergolden und die Schellacktechnik. Schellack ist eine harzige Substanz, die aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus gewonnen wird. Dieser Lack wird seit Jahrhunderten als Siegellack und für die Pflege von antiken Möbeln verwendet. Wir betrachten antike Sekretäre, d.h. alte Stilmöbel mit nostalgischem Charme, alte Schlösser und geschmiedete Beschläge. Es sind technische und ästhetische Glanzstücke. An den Deckeln der Truhen sind s50 kutscheBrandflecken. Das stammt vom Bügeleisen, das hier abgestellt wurde. In einer solchen Truhe wurde alles aufbewahrt, was ein Mensch hatte und bei einem Umzug einfach mitgenommen hat, meint Thomas. Einige Kästen und Truhen haben den Geruch von Lebensmitteln gespeichert, die von Generation zu Generation dort aufbewahrt wurden. So werden alte Möbelstücke lebendig und erzählen Geschichten für jene, die ihre Spuren lesen können. Restaurieren heißt so zu arbeiten, wie sie früher gearbeitet haben. Thomas musste alte Arbeitstechniken lernen. Beim Restaurieren muss er die Stile bestimmen und sich in die alten Handwerksmeister hineinversetzen, damit er Zerbrochenes oder Verlorengegangenes wieder reparieren kann. Es ist ein ständiges Eintauchen in die Geschichte, ein Aufspüren verborgener Spuren. Und manchmal gibt es große Überraschungen und Entdeckungen. Den Leuten können die Augen geöffnet werden für Schätze, die sie jahrelang am Dachboden oder im Keller herumliegen haben. Thomas schaut sich im ZDF gerne die Trödel-Show „Bares für Rares“ mit Horst Lichter an. Auch zu ihm kommen Kunden mit alten Möbeln und herumliegenden Kuriositäten, um ihren Wert schätzen zu lassen. In den letzten Jahrzehnten wurde den Leuten immer mehr bewusst, das Alte zu schätzen, aufzubewahren und reparieren zu lassen, anstatt einfach wegzuwerfen und ein billiges und seelenloses Industrieprodukt zu kaufen. Zum Glück ist das so, sonst würde vieles unserer Kulturgeschichte und der Lebensgeschichten unserer Vorfahren verloren gehen, meint der Prader Restaurator.

Vom Aufdecken verborgener
Schätze und das Erleben von Glücksmomenten

Es ist das Interesse an der Geschichte und das Aufspüren von Geschichten, das den Möbeltischler Thomas Zischg zum Möbelrestaurator gemacht hat. Geschichte ist das Suchen nach Fakten, meint Thomas. Beim Restaurieren findet er viele Spuren der Geschichte, Spuren wie die Menschen früher gelebt haben, welches Material sie verwendet und welche Arbeitstechniken sie beherrscht haben. Religiöse Symbole auf den Möbeln sind Ausdruck tiefer Religiosität, von Gottvertrauen, oft war es auch die Angst vor der Hölle und den Strafen Gottes. Zuerst war es vor allem die Familiengeschichte, die ihn interessierte. Die Vorfahren stammen aus Stilfs. In mühsamer Kleinarbeit ist es ihm gelungen den Familienstammbaum bis zum Jahre 1435 zurückzuverfolgen. 1640 wäre die Familie fast ausgestorben. Seine Ururururgroßmutter hatte zwei Totgeburten und ein drittes Kind starb nach wenigen Tagen, so wie es damals bei vielen Familien der Fall war. Nach langer Zeit kam ein Bub zur Welt und die männliche Linie ging weiter. Es sind kleine Geschichten, s50 tordie längst vergessen sind. Aber wer sie zufällig entdeckt, begreift das Glück und den Wert der eigenen Existenz und dass alles nicht so selbstverständlich ist, wie wir es oft hinnehmen. Innerhalb der Familie gab es eine große Diskussion über das richtige Familienwappen, weil es zwei Wappen der Familie Zischg gibt. Thomas begab sich auf Spurensuche im Ferdinandeum in Innsbruck und im Landesmuseum in Bozen. Es war eine Suche nach der Familiengeschichte, nach den Fakten. Und er fand schlussendlich die Lösung in der Wappensammlung im Kloster Marienberg. Das Interesse an alten Möbeln hat er von seinem Patenonkel Hermann. Später besuchte er Kurse im In- und Ausland und arbeitete bei Restauratoren. 

 Bei Thomas Mang aus Obersdorf hat er das Restaurieren, Vergolden und die fachgerechte Bemalung antiker Möbel gelernt. Im Ahrntal besuchte er Kurse und seit vielen Jahren zieht es ihn immer wieder nach Fulda, in die Propstei Johannesberg, um bei zweiwöchigen Kursen sehr intensiv die verschiedenen Techniken als „Restaurator im Handwerk“ zu erlernen. Es geht bei diesen Kursen auch um Stilkunde, Kunstgeschichte, Materialkunde und um die verschiedene Arbeitstechniken: Ablaugen, Beizen, Vergolden, Maserieren, Marmorieren, Bemalen, Reparieren. Seine Kunden sind unterschiedliche Menschen aus ganz verschieden Orten. Es sind viele einfache Menschen, es sind aber auch Millionäre, die zu ihm kommen. Seine Arbeitgeber sind im Vinschgau, in ganz Südtirol, aber auch im Ausland. Es sind viele Einzelstücke, alte Stuben, aber auch ganze Häuser, die Thomas analysiert und dann fachgerecht repariert und restauriert. Haustüren, Küchentüren, alte Stiegen, Tische, Stühle, Möbelstücke, alte gotische Stuben, Bauernstuben, verschiedene Räume in Kapellen, Schlössern, in Nobelhotels und alten Adelshäusern hat er bereits restauriert. Auch die Holzteile eines Rolls-Royce hat er schon repariert. Jede Arbeit ist anders und oft gibt es Überraschungen. So erzählt er von einem Kasten mit einem Geheimfach, den er restaurieren sollte. Dabei fand er hinter dem Geheimfach ein weiteres Geheimfach, von dem die Besitzer gar nichts wussten. Unter den Anstrichen (Fassungen) entdeckt er oft eine ältere Malerei oder eine verdeckte Schrift. Das Auffinden und Freilegen solcher Schätze führt zu besonderen Glücksmomenten, die man nicht alle Tage erlebt.

Von der Familiengeschichte
zur Dorfgeschichte bis zu einer römischen Münze

Das Interesse an der Geschichte hat ihn auch zum Hobbyarchäologen und Sondengänger gemacht. Beim Bergsteigen im Ortlergebiet stieß er auf die Spuren des Ersten Weltkrieges an der Ortlerfront. Es war eine ehemalige Baracke und ein Pickel aus dem Weltkrieg, der sein Interesse weckte. Thomas begann zu lesen und wurde sich klar darüber, wie stark der Gebirgskrieg mit der Dorfgeschichte von Prad zusammenhängt. In Prad waren das Hauptquartier der Ortlerfront und das Lazarett. Soldaten aus der gesamten ehemaligen Donaumonarchie verbrachten die erste Zeit auf den Übungsplätzen in Prad, bevor sie im Hochgebirge zum Kriegseinsatz abkommandiert wurden. Die Kanonen wurden in Prad eingestellt und eingeschossen. Thomas Zischg kaufte sich einen Metalldetektor und suchte beim Amt für Bodendenkmäler um die Genehmigung an, als Sondengänger verschollene Gegenstände aufzusuchen. Auf der Prader Sand, in den Prader und Agumser Feldern und Äckern und an den Berghängen machte er sich auf die Suche nach verborgenen Schätzen, stets mit dem Einverständnis von den Besitzern. Er fand Uniformknöpfe, Patronenhülsen von österreichischen, italienischen und deutschen Gewehren und Schrapnelkugeln (Bleikugeln von Granaten). Die Funde müssen alle beim Amt für Bodendenkmäler abgegeben werden. Thomas Zischg ist Mitglied im Ortler Sammelverein, der alle Objekte der Ortlerfront sammelt und in einem Museum ausstellen möchte. Durch eigene Recherche und durch Bilddokumente des Sammelvereins fand Thomas zu den ehemaligen Übungsplätzen und so wurde das Aufsuchen alter Schätze wesentlich erleichtert. Beim Aufspüren der Dorfgeschichte ist Thomas auch auf verschiedene Gegenstände wie Schuhnägel oder Bronzeschlacke gestoßen. Besonders stolz ist er, dass er auch eine Münze aus der Römerzeit und eine Eisenfibel (eine Schmuckspange) aus vorrömischer Zeit, oberhalb der St. Johann Kirche gefunden hat. Die Landesarchäologen haben diese Münze mit dem Porträt von Kaiser Severius Alexander (Römischer Kaiser von 222 bis 235 n. Chr.) identifiziert. Thomas erzählt, dass es in Deutschland viele Hobbyarchäologen und Sondengänger gibt, die eng mit den Archäologen zusammenarbeiten und auch jährlich eine Meisterschaft der Deutschen Schatzsucher abhalten. Er hat auch bei der letzten Sondenmeisterschaft in Bayern im Jahre 2019 mitgemacht und dabei den 2. Platz erzielt. In Südtirol arbeitet Thomas Zischg vor allem mit dem Landesarchäologen Hubert Steiner sehr eng und fruchtbringend zusammen. Lange Zeit war er der einzige Sondengänger im Raum Obervinschgau. Seit einiger Zeit sind auch seine Lebenspartnerin Karin Frank, sowie Edmund Stillebacher und Alexander Trauner aus Prad Sondengänger mit einer Landesgenehmigung. Wenn es die Zeit zulässt gehen sie gemeinsam auf Spurensuche. Der größte Wunsch von Thomas wäre es die verschiedenen archäologischen Fundstücke in Prad öffentlich auszustellen, damit die Dorfbevölkerung mehr über ihre eigenen Wurzeln und die Geschichte ihrer Heimat erfahren kann. Bei der alten und neuen Gemeindeverwaltung hat Thomas Zischg bereits vorgesprochen. Nach drei Stunden beenden wir das intensive Gespräch. Beim Gehen erwähnt er noch, dass er mittlerweile des Öfteren gefragt wird, ob er verlorene Wertsachen wie z. B. Eheringe, mit dem Metalldetektor suchen könne. Die Geschichte darüber will er mir ein anderes Mal erzählen. 

 

Restauratore e cacciatore di tesori
Molti dei suoi antenati erano falegnami. Suo padre Johann ha fondato una falegnameria a Prad nel 1964 e l‘ha gestita con suo fratello. Thomas Zischg, nato nel 1971, ha imparato il mestiere di falegname nell‘azienda del padre. Nel 1999 ha superato l‘esame di maestro artigiano. Oggi lui stesso è membro della commissione d‘esame per l‘esame di maestro artigiano. Suo fratello maggiore Peter, che gestisce l‘attività del padre, è anche un maestro falegname. Nel corso degli anni, Thomas si è formato come restauratore e infine ha aperto la sua attività artigianale nel 2004. Affascinato dalla storia e dall‘arredamento antico, ha avuto il piacere di restaurare molte vecchie case, castelli, salotti e mobili. Nel suo tempo libero va a caccia di tesori con un metal detector. Come archeologo dilettante e cacciatore di sonde, si aggira per prati e campi alla ricerca di tesori nascosti del passato.

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