In den Katakomben des Sportgeschäftes Sport Mode Ziernheld in Burgeis werden Skier präpariert. Hans Ziernheld pflegt eine Wissenschaft, die Ski- und Snowboardfahrer, Langläufer und Tourengeher zu schätzen wissen. Und Rennfahrer und ambitionierte Skifahrer sind begeistert.
von Erwin Bernhart
Funken sprühen, die Maschine surrt, es riecht metallisch und nach Kunststoff. Hans Ziernheld zieht einen Ski über eine rotierende Schleifmaschine. Die Bindung ist mit einem Bügel geschützt, denn eine bunte Rolle übt Druck auf den Ski aus. Mehrmals wird der Ski über das rotierende Schleifband gezogen. Es ist der Grobschliff. Die abgefahrenen Seiten des Belags werden damit eingeebnet. Planschleifen, sagt Hans. Es ist der erste Arbeitsdurchgang. Hans wird den Ski noch bis zu 14-mal in die Hand nehmen, bis er präpariert ist, bis er schneetauglich, bis er auf dem Schnee genießbar sein wird. Derzeit, es ist zu Beginn des Advents 2020, sind es überwiegend Tourenskier, die Hans Ziernheld herrichtet. Aber mit jedem Tag werden es mehr und mehr Skier sein, darunter auch Rennskier. „In der Werkstatt“ nennt Hans seinen Arbeitsraum. Eine Mischung aus Schmiede und Labor. Die jungen Wilden, ein Hagen Patscheider, ein Manuel Sandbichler, ein Pirmin Anstein, waren seine Kunden. Kunden, die gern die Präparierkunst von Hans in Anspruch genommen haben. Nicole Gius hat ihre Rennskier in Hansens Werkstatt herrichten lassen. Es gibt andere Namen, Hans verrät sie mir nicht. Im Keller des Fachgeschäftes Sport Mode Ziernheld direkt am Hauptplatz von Burgeis hat Hans Ziernheld einige Maschinenteile selbst hergestellt, oder den vorhandenen Maschinen hinzugefügt. Einen Drehzähler für die Schleifmaschine aus einem Fahrraddrehzähler, eine Absaugevorrichtung für das Auftragen von Skiwachs. Es sind äußerst praktische und nützliche Dinge und Details, die der Tüftler Hans zu seinen Maschinen kombiniert hat.
Mit 12, 13 Jahren, erzählt Hans, habe er die ersten Skier geschliffen, damals auf einer normalen Bandschleifmaschine. In einer kleinen kalten Schupf hinterm Sportgeschäft in Burgeis, welches sein Vater Adolf Mitte der 70er Jahre eröffnet hat. Mittlerweile hat er einen Erfahrungsschatz angehäuft, den seine Kunden zu schätzen wissen und der ihm Gewissheit darüber gibt, ob ein Ski auf dem Schnee taugen wird. Natürlich gebe es heute Roboteranlagen, die Skier präparieren. Der, der diese Anlagen bedient, muss nicht unbedingt etwas von einer Skipräparierung verstehen. Der Ski kommt vorne rein und hinten fix fertig raus. Aber - sagt Hans - es kämen Leute zu ihm, die ihre Skier nach einer solchen Roboterbehandlung nicht fahren könnten und die dann eine manuelle Präparierung von ihm wünschten. „Ich mache viel mit Handarbeit“, sagt Hans. Hans wechselt das Schleifband. Ein feinkörniges kommt in die Maschine. Die Skier werden wiederum mehrmals durchgezogen, Funkensprühen, Metallgeruch. Hans zeigt „seine“ Maschinen, die er sich im Laufe der Jahre zugelegt hat und die heute einen über 30-jährigen Erfahrungsschatz von unschätzbarem Wert darstellen: Mit einem Schleifstein aus Quarzsand wird in den Belag eine Struktur geschnitten. Kaum sichtbar, viel weniger als einen Millimeter tief. Die Struktur, die Form und die Tiefe, ist programmierbar. Vor allem im Rennbereich, wenn es um Hundertstel Sekunden geht, entscheiden solche Strukturen über die Qualität des Skis. Hans berücksichtigt dabei viele Parameter: die Temperatur beim Rennen, die Luftfeuchtigkeit, die Schneebeschaffenheit... Die Strukturen lassen den Ski gleiten, der Schnee haftet nicht, der Widerstand wird auf ein Minimum reduziert. Das kann eben den Unterschied in einem Rennen ausmachen.
Weil die Strukturen auch in die Kanten geschnitten werden, bedarf es einer eigenen Kantenbehandlung. Zuerst behandelt Hans die Kanten-Oberfläche, danach auch den Kantenwinkel. Ein Teil der Behandlung wird Kanten-Tuning genannt. Zuletzt sind die Kanten scharf wie Rasierklingen. „Das Skipräparieren ist eine Wissenschaft“, sagt Hans.
An der Wand hängen Poster. Edwin Coratti, der Snowboardfahrer aus Langtaufers bedankt sich auf einem eigenen Bild handschriftlich für die Präparierung. Auch Lisa Agerer hat auf einem eigenen Poster unterschrieben. Die Trainingszelle Oberengadin dankt. Für Roland Ruepp, der unter anderem 2002 bei den Paralympics in Salt Lake City mit zwei Gold- und einer Bronzemedaille heimgekehrt ist, hat Hans die Skier präpariert. Es kommen Leute aus Holland zu ihm, die sich ihre Skier „machen“ lassen, Leute aus dem Aostatal. Für mehrere Skihoffnungen aus der Sportoberschule in Mals richtet Hans die Skier her. Von der Seiseralm fahren Skilehrer in den oberen Vinschgau. Auch Serviceleute, erzählt mir Hans, von Rennfahrern kämen zu ihm, lassen Rennskier präparieren, sagen aber nicht von welchem Athlet, um die Schnelligkeit vergleichen zu können. „Dann werden die narrisch, wenn meine Skier schneller sind“, lacht Hans. Hans trägt Wachs auf die Skier auf. Er nimmt einen guten Grundwachs, den er dann abzieht. Die Endkontrolle: Hans hält den Ski gegen das Licht. Er sieht, ob der Ski in Ordnung ist. Machen die Maschinen alles perfekt?, fragt Hans. So einfach ist es nicht.