„Mit Gott unt guate Lait….“

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Agnes Moser, Jg. 1950 und Herbert Pinggera Jg. 1933  teilen auf dem Bergbauerhof „Fragges“ bei Stilfs seit 56 Jahren Freud und Leid  Agnes Moser, Jg. 1950 und Herbert Pinggera Jg. 1933 teilen auf dem Bergbauerhof „Fragges“ bei Stilfs seit 56 Jahren Freud und Leid

Im November 1968 heiratete Agnes Moser den Witwer Herbert Pinggera vom Bergbauernhof „Fragges“ bei Stilfs. Sie wurde die Ziehmutter seiner drei kleinen Söhne und dann selbst Mutter von vier Kindern. Das Paar ist sich bis heute sehr liebevoll verbunden.

von Magdalena Dietl Sapelza

Herberts erste Frau Barbara Unterholzer verstarb bei der Geburt ihres dritten Sohnes an einer Embolie. Schneemassen hatten eine rechtzeitige ärztliche Hilfe verhindert. Der damals 30-jährige Herbert war untröstlich und überfordert. Die Versorgung des Neugeborenen übernahm seine Schwägerin in Meran. Um die zwei älteren Buben kümmerte sich die betagte Großmutter auf dem Hof und eine Kusine in Stilfs. Die Nachbarn unterstützten Herbert bei der Feldarbeit. Sechs Jahre danach kam die junge Agnes Moser vom nahen „Platzhof“ als Gehilfin auf den Hof. „Selm hon i noch longr Zeit wiedr in Radio ingscholtn“, erzählt er. Die beiden verliebten sich, und Herbert hielt um ihre Hand an. Sie zögerte. Denn sie sorgte sich, ob seine drei Buben sie akzeptieren würden. Vorerst besuchte sie die Hauswirtschaftsschule in Wiesen. Schließlich entschied sie die Herausforderung anzunehmen. Sie heiratete Herbert 1968. Das Paar holte die Buben heim. Diese nahmen Agnes als Mutter an. Sie kümmerte sich fürsorglich um die Kleinen und war ihrem Mann eine große Stütze. Sie schenkte ihm vier weitere Kinder, drei Buben und ein Mädchen. „Im Wochnbett in Schlonders hon i olm Ferien kopp“, betont sie. Später kamen noch zwei Pflegekinder ins Haus. „Di Agnes hot olm gonz guat kocht“, lobt Herbert seine Frau. Im Hof lebten auch Herberts ältester Bruder und später der Untersenn von der Stilfser Alm, dem die Familie auf „Fragges“ eine Altersbleibe gewährte.
Den elterlichen Hof hatte Herbert als Jüngster von drei Buben übernommen, nachdem er von seinem Militärdienst in Verona, Col di Lana und in Meran zurückgekommen war und die Familie mit Barbara gegründet hatte. Nach und nach zahlte er den Berechtigten der Erbgemeinschaft noch aus Zeiten seines Vaters ihren Anteil aus. „Di leschte Rate hon i 1975 auszohlt“, erinnert er sich. Zum Hof gehören eine Mühle und ein Sägewerk mit Tischlerei. Dort hatte er seine Lehre absolviert. „I war gearn Elektriker gwortn“, verrät er. Herbert hielt 12 Stück Vieh. Zuerst unterstützte ihn Barbara, dann Agnes und die Kinder. Oft hielten vom Chavalatsch kommende Schmuggler Rast auf „Fragges“ und zogen dann über den sogenannten „Walschn Weg“ nach Gomagoi weiter. „Oft sains bis zu 20 Schmuggler in Tog gwesen“, sagt Herbert. „Af Fragges hobm si olm eppas kriagt“. Er und Agnes mussten einige Hausdurchsuchungen erdulden. Einmal rissen die Ermittler sogar die Fußbodenleisten der Stube aus den Verankerungen. „Di Finanzer hobm nia nichts gfundn“, schmunzelt er. Als großes Glück empfindet er, dass ihm von den Verantwortlichen des Nationalparkes Stilfserjoch ein Zuerwerb ermöglicht wurde. Er wurde Betreuer des nahen Wildgeheges und stellte das Heu für die Rehe und Hirsche. „Ohne dia Orbat hattn miar nit überleben kennt“, sagt er. „Denn für viele Tischlerorbatn, sain miar di Lait heint nou s` Gelt schuldig.“ Um das Wild im Gehege kümmerte er sich mit großer Aufmerksamkeit. Es schmerzt ihn noch heute, dass jemand einen Adler vergiftet und einen Hirschen gewildert hatte. Die Almwirtschaft war stets eine Herzensangelegenheit für Herbert. 30 Jahre lang kümmerte er sich als Alpmeister um die Stilfser Alm. Bereits 1952 sorgte er für die Errichtung eines Stromwerkes. Sein eigenes Werk auf „Fragges“ nahm 1971 den Betrieb auf. „I hon a Freid kopp, dass i in Oufn hon kennt mit Strom ounschiern“, lacht er. Herbert war Mitglied im Stilfser Gemeinderat. Seine Weltoffenheit und sein Weitblick waren geschätzt. Schmerzlich in Erinnerung ist dem Ehepaar der Brand der Mühle und der Werkstatt im Jahre 1995. Sie bauten beides wieder auf.
Zu ihren schönen Erinnerungen zählen ein Kuraufenthalt in Ischia und 1997 die Reise nach Israel. „Deis isch heint nou in Kopf“, sagt er. Zum Wochenritual des Ehepaares gehörte stets der Besuch des Sonntagsgottesdienstes, bei dem Agnes im Chor singt. „A Sunnta ohne Kirchn isch koa Sunnta“, sagt Herbert. Leider kann er die Kirche nun nicht mehr besuchen. Er ist gesundheitlich angeschlagen. Oft vertieft er sich in seinen Tirolensien, die er sich als Geschichtsinteressierter zugelegt hatte. Besonders freut er sich auf Besuche. „Wenn oans kimmt, geahts in Herbert guat“, verrät Agnes. Sie umsorgt ihn liebevoll. Oft leistet sie ihm am Spinnrad sitzend Gesellschaft oder begleitet ihn bei kurzen Spazierfahrten im elektrischen Rollstuhl. Gemeinsam ist das Paar durch dick und dünn gegangen. „Mit Gott unt guate Leit isch olz gongen“, meint Herbert. Agnes hat es nie bereut, zu Herbert auf den Hof gezogen zu sein. „Miar hobms olm gut mitnond kopp“, meint sie. „Und i tat olz nouamol so mochn.“

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