Kultur: Dorfbuch Trafoi

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Mit dem Bau der Stilfserjochstraße im Jahre 1825, lange Zeit die höchste Passstraße der Alpen, kam es zu großen Veränderungen. Trafoi wurde zum Hoteldorf, Bergsteigerdorf und Skidorf. Mit dem Bau der Stilfserjochstraße im Jahre 1825, lange Zeit die höchste Passstraße der Alpen, kam es zu großen Veränderungen. Trafoi wurde zum Hoteldorf, Bergsteigerdorf und Skidorf.

Trafoi/Buchvorstellung - Trafoi ist ein besonderes Hochgebirgsdorf am „End der Welt“, umgeben von einer schaurig majestätischen Berg- und Gletscherwelt. Das kleine Bergdorf mit rund 90 Einwohnern auf 1.565 m hat Geschichte geschrieben, mit einer Ausstrahlung und Auswirkung, weit über unser Land hinaus: Bergstraßengeschichte, Tourismusgeschichte, Alpingeschichte, Skigeschichte und Kriegsgeschichte.

Mit der Eröffnung der Stilfserjochstraße 1825 wurde Straßenbaugeschichte geschrieben. Durch dieses Wunderwerk der Technik, auch als 8. Weltwunder bezeichnet, wurde nicht nur eine 50 km lange Straßenverbindung von Sponding bis Bormio in die Lombardei gebaut, sondern auch der Grundstein für eine beispiellose Tourismusentwicklung eröffnet. In nur 5 Jahren, von 1820 bis 1825 wurde in den kurzen Sommermonaten eine Passstraße mit 48 Kehren zum Stilfserjoch auf 2.757 und 39 Kehren bis nach Bormio gebaut. Rund 2.000 Arbeiter haben an dem Bauprojekt gearbeitet, für Trafoi mit damals rund 100 Einwohnern eine große Herausforderung. Lange Zeit war diese Passstraße die höchste der Alpen, in den Ostalpen ist sie immer noch die höchste Passstraße. Heute ist die Passstraße nicht nur Ausflugsziel für Auto- und Motorradfahrer, sondern auch der Giro d´Italia führte bereits öfters über das Joch. Und bei gutem Wetter fahren am autofreien Radtag am Stilfserjoch über 8.000 Radfahrer von Prad, Bormio oder von Müstair hinauf aufs Joch. Nach der Erstbesteigung des Ortlers, des höchsten Berges in der ehemaligen Donaumonarchie, im Jahre 1804 und besonders nach dem Bau der Stilfserjochstraße und der Eröffnung des Grandhotels Trafoi im Jahre 1896, wurde aus dem Bergdorf ein Hoteldorf und Bergsteigerdorf. Am Anfang gab es nur zwei Höfe in Trafoi, im Mittelalter verpachtete und verkaufte die Gemeinde Stilfs die Almen und Wälder an die Dorfgemeinschaften von Eyrs, Glurns, Tartsch, Mals und Schluderns. Mit der Zeit entstanden mehr als ein Dutzend Hotels, Gaststätten, Pensionen und Schutzhütten. Allein das Trafoi-Hotel, erbaut unter der Leitung des Wiener Fremdenverkehrspioniers und Politikers Theodor Christomannos, hatte 170 Zimmer und 250 Betten. Es gehörte zu den bekanntesten Hotels Europas mit elektrischem Licht, Post- und Telegrafenamt. Neben dem Bau von Hotels und der Payerhütte auf 3029 m am Fuße des Ortlers durch die deutsche Alpenvereinssektion Prag im Jahre 1875, erlangte s27sp34 buch trafoiTrafoi auch durch einen Gattenmord im Jahre 1876 internationale Bekanntheit. Von 1804 bis 1939 gab es insgesamt 52 Bergführer, viele davon von den Trafoier Bergführerfamilien Platzer, Ortler, Mazagg und Thöni. Aber nicht nur Bergsteiger und Bergwanderer kamen nach Trafoi. Adelige, Intellektuelle, Dichter und Maler fanden hier Rückzugsorte und waren begeistert von den vergletscherten Landschaften und den bedrohenden Kräften der Natur. Sigmund Freud, Stefan Zweig und Emil Nolde sind nur einige der bekanntesten Namen. Auch drei österreichische Kaiser verweilten in Trafoi, bzw. fuhren über die Stilfserjochstraße. Kaiser Franz I kam 1832 nur bis zur „Franzenshöhe“, Kaiser Ferdinand II fuhr 1838 von Mals über das Stilfserjoch nach Bormio und der letzte österreichische Kaiser Karl I machte 1917 einen Frontbesuch am Stilfserjoch. Mit der Ortlerfront im Ersten Weltkrieg hat Trafoi auch Kriegsgeschichte geschrieben. Es war ein Gebirgskrieg auf über 3.000 Metern im Schnee und Eis. Mehrmals musste Trafoi evakuiert werden. Die Soldaten waren dem Wind und Wetter ausgesetzt, riesige Schneemassen und Lawinen bedrohten ihr Leben. Auf den Berggipfeln wurden Baracken gebaut, im Schnee und Eis wurden 2 km lange Eistunnels gebaut. Neben den Bergsteigern kamen auch Skifahrer nach Trafoi, das zusammen mit Sulden und vor allem dem Stilfserjoch zu einem wichtigen Skizentrum wurde. In Trafoi wurden einige der ersten Skilifte, Schlepplifte und Sessellifte gebaut. Es entstanden die ersten Skischulen im Lande. Von 1933 bis 2016 gab es 25 Skilehrer in Trafoi. In der Blütezeit von 1970 bis 1985 gab es auf dem Stilfserjoch 13 Skischulen und 200 Skilehrer. Im Jahre 2017 gab es erstmals keinen Sommerskilauf. Die Klimaerwärmung zeigt besonders im Hochgebirge ihre Wirkung. Gustav Thöni, der erfolgreichste Skirennläufer in den 70er Jahren, mehrfacher Weltmeister und Weltcupsieger, Olympiasieger 1972 in Sapporo, war sicher die Krönung einer langen und sehr erfolgreichen Skigeschichte von Trafoi.

Ein umfangreiches, reich bebildertes Dorfbuch: 11 Autoren, 17 Kapitel, 384 Seiten

Das Dorfbuch „Trafoi – Ein Dorf zwischen Ortler, Furkel und Stilfserjoch“, herausgegeben von Herbert Raffeiner, Hans Thöni und Christian Mazagg, ist eine umfangreiche, reich bebilderte und gut lesbare Publikation über ein Dorf mit einer bewegten Geschichte. Die 11 Autoren, Einheimische und Auswärtige, haben nicht nur die Geschichte der Stilfserjochstraße (Wolfgang Jochberger), über Hotels, Gasthäuser, Pensionen und Bergführer (Irmtraud Kuntner), die Skigeschichte (Hans Thöni) und die Ortlerfront im Ersten Weltkrieg (Christian Mazagg) geschrieben, sondern über viele weitere Bereiche. So findet man interessante Berichte über das Trafoital aus naturkundlicher Sicht (Wolfgang Platter), über die Höfe, Wälder und den Bergbau (David Fliri), die Franzenshöhe (Karin Wallnöfer), prominente Besucher (Bernd Karner) über die Schulgeschichte (Hans Thöni und Herbert Raffeiner), Kirchengeschichte (Herbert Raffeiner und David Fliri), Sagen, Märchen und Kinderspiele (Hans Thöni), Kunst in der Pfarrkirche und in der Kirche bei den Drei Brunnen, Landschaftsbilder und Ansichtskarten von Trafoi (Leo Andergassen), eine kleine Unwetterkunde (Christian Mazagg, Herbert Raffeiner) und kulturelle Betrachtungen über den Gletscherrückgang (Christine Jurt). Seit Jahrhunderten ist Trafoi als Wallfahrtsort zu den Heiligen Drei Brunnen bekannt. Erst 1614 wurde Sulden und Trafoi mit Stilfs zu einer eigenen Pfarrei. Vorher gehörte das gesamte Gebiet zuerst zu Schluderns und ab 1303 dann zur Pfarrei Agums-Prad. Die Anfänge des Wallfahrtsortes zu den heiligen drei Brunnen im Talschluss sind unbekannt, aber bereits 1526 ist ein Kreuzgang verbürgt und seit 1729 ein Eremit, der dort lebte. Das Einsiedlerwesen hat im 17. Jh. einen großen Aufschwung erlebt und hatte im 18. Jh. seine Blütezeit. Der Eremit bei den Drei Brunnen war nicht nur Seelsorger, sondern einige Zeit auch Lehrer. Nach der Einführung der Schulpflicht im Jahre 1774 durch die Kaiserin Maria Theresia, bekam Trafoi erst 1870 ein neues Schulhaus, das von einer Lawine zerstört wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es meistens eine einklassige Schule mit einer Lehrperson und 10 bis 30 Schülern. Im Jahre 1992 gab es nur mehr drei Schüler und die Schule wurde geschlossen. Die neue Pfarrkirche von Trafoi wurde 1901 – 1903 vom Prader Baumeister Anton Stecher gebaut. Im Beitrag über die Unwetterkunde wird darauf hingewiesen, dass Trafoi recht oft von heftigen Gewittern, Lawinen und Muren und einigen Bränden betroffen war. Sagen und Märchen spielen in der Gletscher- und Bergwelt eine große Rolle. Im Dorfbuch wird die Sage vom Riese Ortler und dem Stilfser Zwerg, von Hirten, Berggeistern und Einsiedlern, von saligen Frauen, die in den Vollmondnächten vor den Höhlen sitzen und singen, erzählt. Es ist ein lebendiges und lesenswertes Dorfbuch mit vielen Geschichten über das Leben und Arbeiten in einem Hochtal, seine Entwicklung von der ersten Besiedlung vor rund 800 Jahren, dem einsamen Wallfahrtsort bis zum Bau der Stilfserjochstraße und dem Aufstieg zum Hotel- Bergsteiger und Tourismusort.

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